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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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der Musik. Nur gelegentlich unterbrachen Ausflüge in die nähere
oder weitere Umgegend den vorgeschriebenen Lauf des Tages; noch
seltener waren Festlichkeiten, ja der Zeitabschnitt von 1790 bis
1802 weist von großen Festlichkeiten (für die der Prinz in früheren
Jahren eine entschiedene Vorliebe hatte) vielleicht nur das eine
Fest, "die Einweihung des Monumentes" auf, auf das wir später
ausführlicher zurückkommen werden.

Wenden wir uns zunächst dem Vormittage zu, der Arbeits-
zeit
des Prinzen. Da er, unähnlich seinem großen Bruder (mit
dem er die Antipathieen gegen die Jagd gemein hatte), von der
Landwirthschaft die allergeringste Meinung hegte und offen
aussprach, daß das Säen und Erndten zwar sehr wichtig, aber
die Sache jedes Bauern sei, so raubte ihm die Verwaltung seiner
Besitzung, die er seinen Pächtern und Inspektoren überließ, nichts
von seiner Zeit, die er nun ungestört dem Studium widmen
konnte. Unter diesen Studien stand das Studium der Kriegs-
wissenschaften und der schönen Literatur, soweit sie Frankreich be-
traf, obenan. Gleicherweise wie sein Bruder, der König, verfolgte
er mit nicht ermüdender Vorliebe die Werke der französischen Phi-
losophen, schwärmte für Voltaire und schrieb selber Verse, von
denen mit satyrischem Anflug bemerkt worden ist, daß sie lebhaft
an die Verse seines Bruders erinnert hätten. Uebrigens wurden
seine dichterischen Versuche von seinen französischen Vorlesern ent-
fehlert
, erst von Francheville, dann von Toussaint. Neben diesen
poetischen Versuchen (z. B. eine lyrische Bearbeitung der Alzire
des Voltaire; auch rühren vielleicht die Distichen im Freundschafts-
tempel und Aehnliches von ihm her) war es eine ausgedehnte Cor-
respondenz, die seine Arbeitszeit in Anspruch nahm und neben dieser
Correspondenz vor allem wiederum die Aufzeichnung seiner Memoiren.
Von diesen Aufzeichnungen ist wenig zur Kenntniß der Welt ge-
langt; seine Kritik des siebenjährigen Krieges, oder mit anderen

aber er hatte sie nur, wie man in einem Proceß die Akten der Gegen-
partei
beachtet und um sich hat."
8*

der Muſik. Nur gelegentlich unterbrachen Ausflüge in die nähere
oder weitere Umgegend den vorgeſchriebenen Lauf des Tages; noch
ſeltener waren Feſtlichkeiten, ja der Zeitabſchnitt von 1790 bis
1802 weiſt von großen Feſtlichkeiten (für die der Prinz in früheren
Jahren eine entſchiedene Vorliebe hatte) vielleicht nur das eine
Feſt, „die Einweihung des Monumentes“ auf, auf das wir ſpäter
ausführlicher zurückkommen werden.

Wenden wir uns zunächſt dem Vormittage zu, der Arbeits-
zeit
des Prinzen. Da er, unähnlich ſeinem großen Bruder (mit
dem er die Antipathieen gegen die Jagd gemein hatte), von der
Landwirthſchaft die allergeringſte Meinung hegte und offen
ausſprach, daß das Säen und Erndten zwar ſehr wichtig, aber
die Sache jedes Bauern ſei, ſo raubte ihm die Verwaltung ſeiner
Beſitzung, die er ſeinen Pächtern und Inſpektoren überließ, nichts
von ſeiner Zeit, die er nun ungeſtört dem Studium widmen
konnte. Unter dieſen Studien ſtand das Studium der Kriegs-
wiſſenſchaften und der ſchönen Literatur, ſoweit ſie Frankreich be-
traf, obenan. Gleicherweiſe wie ſein Bruder, der König, verfolgte
er mit nicht ermüdender Vorliebe die Werke der franzöſiſchen Phi-
loſophen, ſchwärmte für Voltaire und ſchrieb ſelber Verſe, von
denen mit ſatyriſchem Anflug bemerkt worden iſt, daß ſie lebhaft
an die Verſe ſeines Bruders erinnert hätten. Uebrigens wurden
ſeine dichteriſchen Verſuche von ſeinen franzöſiſchen Vorleſern ent-
fehlert
, erſt von Francheville, dann von Touſſaint. Neben dieſen
poëtiſchen Verſuchen (z. B. eine lyriſche Bearbeitung der Alzire
des Voltaire; auch rühren vielleicht die Diſtichen im Freundſchafts-
tempel und Aehnliches von ihm her) war es eine ausgedehnte Cor-
reſpondenz, die ſeine Arbeitszeit in Anſpruch nahm und neben dieſer
Correſpondenz vor allem wiederum die Aufzeichnung ſeiner Memoiren.
Von dieſen Aufzeichnungen iſt wenig zur Kenntniß der Welt ge-
langt; ſeine Kritik des ſiebenjährigen Krieges, oder mit anderen

aber er hatte ſie nur, wie man in einem Proceß die Akten der Gegen-
partei
beachtet und um ſich hat.“
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[115/0133] der Muſik. Nur gelegentlich unterbrachen Ausflüge in die nähere oder weitere Umgegend den vorgeſchriebenen Lauf des Tages; noch ſeltener waren Feſtlichkeiten, ja der Zeitabſchnitt von 1790 bis 1802 weiſt von großen Feſtlichkeiten (für die der Prinz in früheren Jahren eine entſchiedene Vorliebe hatte) vielleicht nur das eine Feſt, „die Einweihung des Monumentes“ auf, auf das wir ſpäter ausführlicher zurückkommen werden. Wenden wir uns zunächſt dem Vormittage zu, der Arbeits- zeit des Prinzen. Da er, unähnlich ſeinem großen Bruder (mit dem er die Antipathieen gegen die Jagd gemein hatte), von der Landwirthſchaft die allergeringſte Meinung hegte und offen ausſprach, daß das Säen und Erndten zwar ſehr wichtig, aber die Sache jedes Bauern ſei, ſo raubte ihm die Verwaltung ſeiner Beſitzung, die er ſeinen Pächtern und Inſpektoren überließ, nichts von ſeiner Zeit, die er nun ungeſtört dem Studium widmen konnte. Unter dieſen Studien ſtand das Studium der Kriegs- wiſſenſchaften und der ſchönen Literatur, ſoweit ſie Frankreich be- traf, obenan. Gleicherweiſe wie ſein Bruder, der König, verfolgte er mit nicht ermüdender Vorliebe die Werke der franzöſiſchen Phi- loſophen, ſchwärmte für Voltaire und ſchrieb ſelber Verſe, von denen mit ſatyriſchem Anflug bemerkt worden iſt, daß ſie lebhaft an die Verſe ſeines Bruders erinnert hätten. Uebrigens wurden ſeine dichteriſchen Verſuche von ſeinen franzöſiſchen Vorleſern ent- fehlert, erſt von Francheville, dann von Touſſaint. Neben dieſen poëtiſchen Verſuchen (z. B. eine lyriſche Bearbeitung der Alzire des Voltaire; auch rühren vielleicht die Diſtichen im Freundſchafts- tempel und Aehnliches von ihm her) war es eine ausgedehnte Cor- reſpondenz, die ſeine Arbeitszeit in Anſpruch nahm und neben dieſer Correſpondenz vor allem wiederum die Aufzeichnung ſeiner Memoiren. Von dieſen Aufzeichnungen iſt wenig zur Kenntniß der Welt ge- langt; ſeine Kritik des ſiebenjährigen Krieges, oder mit anderen *) *) aber er hatte ſie nur, wie man in einem Proceß die Akten der Gegen- partei beachtet und um ſich hat.“ 8*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/133>, abgerufen am 27.11.2024.