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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Worten des Königs, wenn sie nicht wirklich vernichtet ist, ruht
unerbrochen und zunächst unzugänglich in unsern Archiven; andre
seiner Arbeiten haben es verschmäht, unter dem Namen ihres er-
lauchten Verfassers in die Welt zu treten und sollen sich, theilweis
wenigstens, in den militairischen Schriften wiederfinden, die zwischen
1802 und 1804 vom Grafen La Roche-Aymon, dem letzten
Adjutanten des Prinzen, veröffentlicht wurden. Mit besonderer Vor-
liebe, das mag schon hier eine Stelle finden, verfolgte er die
Kriegs- und Siegeszüge Moreau's, den er fast höher stellte als
Napoleon, wobei man freilich nicht vergessen darf, daß der Prinz 1802
bereits starb, also früher als die großen Ruhmesschlachten, die so
viele Staaten zertrümmerten, geschlagen wurden. Er erlebte nur
Marengo noch. Die Gegner des Prinzen haben nichtsdestoweniger
aus dieser Vorliebe für Moreau den Schluß ziehen wollen, daß
der Prinz nur ein correcter Pedant und trotz aller seiner Correct-
heit, oder vielleicht um derselben willen, nicht im Stande gewesen
wäre ein wirkliches Genie zu begreifen.

Die ersten Nachmittagsstunden gehörten dem Diner. Man aß
zur Winterzeit im Schloß, während des Sommers, so oft es das
Wetter erlaubte, im Freundschafts-Tempel oder auf der Remus-
Insel. Der Prinz war außerordentlich mäßig, und eine gebackene
Speise, wie sie sein Bruder liebte: Maccaroni, Parmesankäse und
Knoblauchsaft, hätte ihn getödtet. Wie er die Frauen nicht liebte,
so auch nicht den Wein, aber er war billig denkend genug, seinen
Privat-Geschmack nicht zum allgemeinen Gesetz zu erheben und seine
Küche, wie sein Keller, ließen niemanden darben. Die Unterhaltung,
wenngleich sich innerhalb gewisser Formen haltend, wie sie die Ge-
genwart eines Prinzen und noch dazu eines solchen erheischte,
war innerlich vollkommen frei. Von Krieg und Kriegführung wurde
selten gesprochen; es schien, wie etwas zum Metier Gehöriges, um
eben deshalb verpönt. Er war sehr eitel, und stilvolle Huldi-
gungen, auch solche, die ihm als siegreichen Feldherrn galten, nahm
er gern entgegen, aber er selbst war viel zu vornehm, um die
Unterhaltung auf seine Thaten und Siege hinzulenken. Daß er

Worten des Königs, wenn ſie nicht wirklich vernichtet iſt, ruht
unerbrochen und zunächſt unzugänglich in unſern Archiven; andre
ſeiner Arbeiten haben es verſchmäht, unter dem Namen ihres er-
lauchten Verfaſſers in die Welt zu treten und ſollen ſich, theilweis
wenigſtens, in den militairiſchen Schriften wiederfinden, die zwiſchen
1802 und 1804 vom Grafen La Roche-Aymon, dem letzten
Adjutanten des Prinzen, veröffentlicht wurden. Mit beſonderer Vor-
liebe, das mag ſchon hier eine Stelle finden, verfolgte er die
Kriegs- und Siegeszüge Moreau’s, den er faſt höher ſtellte als
Napoleon, wobei man freilich nicht vergeſſen darf, daß der Prinz 1802
bereits ſtarb, alſo früher als die großen Ruhmesſchlachten, die ſo
viele Staaten zertrümmerten, geſchlagen wurden. Er erlebte nur
Marengo noch. Die Gegner des Prinzen haben nichtsdeſtoweniger
aus dieſer Vorliebe für Moreau den Schluß ziehen wollen, daß
der Prinz nur ein correcter Pedant und trotz aller ſeiner Correct-
heit, oder vielleicht um derſelben willen, nicht im Stande geweſen
wäre ein wirkliches Genie zu begreifen.

Die erſten Nachmittagsſtunden gehörten dem Diner. Man aß
zur Winterzeit im Schloß, während des Sommers, ſo oft es das
Wetter erlaubte, im Freundſchafts-Tempel oder auf der Remus-
Inſel. Der Prinz war außerordentlich mäßig, und eine gebackene
Speiſe, wie ſie ſein Bruder liebte: Maccaroni, Parmeſankäſe und
Knoblauchſaft, hätte ihn getödtet. Wie er die Frauen nicht liebte,
ſo auch nicht den Wein, aber er war billig denkend genug, ſeinen
Privat-Geſchmack nicht zum allgemeinen Geſetz zu erheben und ſeine
Küche, wie ſein Keller, ließen niemanden darben. Die Unterhaltung,
wenngleich ſich innerhalb gewiſſer Formen haltend, wie ſie die Ge-
genwart eines Prinzen und noch dazu eines ſolchen erheiſchte,
war innerlich vollkommen frei. Von Krieg und Kriegführung wurde
ſelten geſprochen; es ſchien, wie etwas zum Metier Gehöriges, um
eben deshalb verpönt. Er war ſehr eitel, und ſtilvolle Huldi-
gungen, auch ſolche, die ihm als ſiegreichen Feldherrn galten, nahm
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[116/0134] Worten des Königs, wenn ſie nicht wirklich vernichtet iſt, ruht unerbrochen und zunächſt unzugänglich in unſern Archiven; andre ſeiner Arbeiten haben es verſchmäht, unter dem Namen ihres er- lauchten Verfaſſers in die Welt zu treten und ſollen ſich, theilweis wenigſtens, in den militairiſchen Schriften wiederfinden, die zwiſchen 1802 und 1804 vom Grafen La Roche-Aymon, dem letzten Adjutanten des Prinzen, veröffentlicht wurden. Mit beſonderer Vor- liebe, das mag ſchon hier eine Stelle finden, verfolgte er die Kriegs- und Siegeszüge Moreau’s, den er faſt höher ſtellte als Napoleon, wobei man freilich nicht vergeſſen darf, daß der Prinz 1802 bereits ſtarb, alſo früher als die großen Ruhmesſchlachten, die ſo viele Staaten zertrümmerten, geſchlagen wurden. Er erlebte nur Marengo noch. Die Gegner des Prinzen haben nichtsdeſtoweniger aus dieſer Vorliebe für Moreau den Schluß ziehen wollen, daß der Prinz nur ein correcter Pedant und trotz aller ſeiner Correct- heit, oder vielleicht um derſelben willen, nicht im Stande geweſen wäre ein wirkliches Genie zu begreifen. Die erſten Nachmittagsſtunden gehörten dem Diner. Man aß zur Winterzeit im Schloß, während des Sommers, ſo oft es das Wetter erlaubte, im Freundſchafts-Tempel oder auf der Remus- Inſel. Der Prinz war außerordentlich mäßig, und eine gebackene Speiſe, wie ſie ſein Bruder liebte: Maccaroni, Parmeſankäſe und Knoblauchſaft, hätte ihn getödtet. Wie er die Frauen nicht liebte, ſo auch nicht den Wein, aber er war billig denkend genug, ſeinen Privat-Geſchmack nicht zum allgemeinen Geſetz zu erheben und ſeine Küche, wie ſein Keller, ließen niemanden darben. Die Unterhaltung, wenngleich ſich innerhalb gewiſſer Formen haltend, wie ſie die Ge- genwart eines Prinzen und noch dazu eines ſolchen erheiſchte, war innerlich vollkommen frei. Von Krieg und Kriegführung wurde ſelten geſprochen; es ſchien, wie etwas zum Metier Gehöriges, um eben deshalb verpönt. Er war ſehr eitel, und ſtilvolle Huldi- gungen, auch ſolche, die ihm als ſiegreichen Feldherrn galten, nahm er gern entgegen, aber er ſelbſt war viel zu vornehm, um die Unterhaltung auf ſeine Thaten und Siege hinzulenken. Daß er

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/134>, abgerufen am 27.11.2024.