den Hof des Prinzen Heinrich führte, war, neben seiner nahen Verwandtschaft mit den beiden Baron Wreichs, die Gleichgeartet- heit politischer Anschauungen; der Prinz und er waren eins in ihrer Mißstimmung über das, was in Berlin geschah, besonders in ihrer Abneigung gegen den Minister Hertzberg, eine Abneigung, die beim Prinzen politische, beim Baron Kniphausen aber, der ein Stiefbruder des Grafen Hertzberg war, persönliche Gründe und Interessen-Motive hatte. Andere geistige Berührungspunkte zwischen dem Prinzen und dem Freiherrn mochten fehlen. Kniphausen war ein passionirter Landwirth, eine Thätigkeit, ein Beruf, dem, wie schon erwähnt, Prinz Heinrich den allerniedrigsten Rang einräumte. Diese verschiedenen Ansichten über den Werth der Landwirthschaft führten zu einer kleinen Anekdote, die H. v. Bülow in seinem mehrerwähnten Buche erzählt. "Kniphausen, so schreibt er, der viel von seinen ostfriesischen Rindern sprach und sich vielleicht gelegent- lich von Rheinsberg aus zu ihnen hinsehnen mochte, erhielt, zur Strafe für diese beständigen Agrikultur-Gespräche, eine Weste vom Prinzen geschenkt, die mit lauter Rindern bedruckt war. Kniphausen dankte und trug nun die Weste tagtäglich wie im Triumph, bis der Prinz eine ungnädige Bemerkung machte, ungnädig, weil er fühlte, daß sich der Stachel der Satyre gegen ihn selbst gekehrt hatte."
(Baron Knesebeck), mit seinem vollen Namen Carl Franz Paridam Kraft von dem Knesebeck, war der letzte männliche Sproß aus der Linie Tilsen (bei Salzwedel). Nach seinem Tode, der erst in diesem Jahrhundert erfolgte, fiel das schöne Gut an die Carwe'sche Linie und der spätere Feldmarschall v. d. Knesebeck (dessen ich in dem Aufsatz "Carwe" ausführlicher gedacht habe) wurde Besitzer des alten Familienguts. Baron Knesebeck blieb Kammerherr am Rheinsberger Hofe bis zum Ableben des Prinzen und wird im Testament desselben mit folgenden Worten erwähnt: "Dem Baron v. Mylendonk-Knesebeck, der mir als Page und später als Offizier in meinem Regimente gedient, auch später noch, nachdem er den Abschied genommen, mit unwandelbarer Treue zu
den Hof des Prinzen Heinrich führte, war, neben ſeiner nahen Verwandtſchaft mit den beiden Baron Wreichs, die Gleichgeartet- heit politiſcher Anſchauungen; der Prinz und er waren eins in ihrer Mißſtimmung über das, was in Berlin geſchah, beſonders in ihrer Abneigung gegen den Miniſter Hertzberg, eine Abneigung, die beim Prinzen politiſche, beim Baron Kniphauſen aber, der ein Stiefbruder des Grafen Hertzberg war, perſönliche Gründe und Intereſſen-Motive hatte. Andere geiſtige Berührungspunkte zwiſchen dem Prinzen und dem Freiherrn mochten fehlen. Kniphauſen war ein paſſionirter Landwirth, eine Thätigkeit, ein Beruf, dem, wie ſchon erwähnt, Prinz Heinrich den allerniedrigſten Rang einräumte. Dieſe verſchiedenen Anſichten über den Werth der Landwirthſchaft führten zu einer kleinen Anekdote, die H. v. Bülow in ſeinem mehrerwähnten Buche erzählt. „Kniphauſen, ſo ſchreibt er, der viel von ſeinen oſtfrieſiſchen Rindern ſprach und ſich vielleicht gelegent- lich von Rheinsberg aus zu ihnen hinſehnen mochte, erhielt, zur Strafe für dieſe beſtändigen Agrikultur-Geſpräche, eine Weſte vom Prinzen geſchenkt, die mit lauter Rindern bedruckt war. Kniphauſen dankte und trug nun die Weſte tagtäglich wie im Triumph, bis der Prinz eine ungnädige Bemerkung machte, ungnädig, weil er fühlte, daß ſich der Stachel der Satyre gegen ihn ſelbſt gekehrt hatte.“
(Baron Kneſebeck), mit ſeinem vollen Namen Carl Franz Paridam Kraft von dem Kneſebeck, war der letzte männliche Sproß aus der Linie Tilſen (bei Salzwedel). Nach ſeinem Tode, der erſt in dieſem Jahrhundert erfolgte, fiel das ſchöne Gut an die Carwe’ſche Linie und der ſpätere Feldmarſchall v. d. Kneſebeck (deſſen ich in dem Aufſatz „Carwe“ ausführlicher gedacht habe) wurde Beſitzer des alten Familienguts. Baron Kneſebeck blieb Kammerherr am Rheinsberger Hofe bis zum Ableben des Prinzen und wird im Teſtament deſſelben mit folgenden Worten erwähnt: „Dem Baron v. Mylendonk-Kneſebeck, der mir als Page und ſpäter als Offizier in meinem Regimente gedient, auch ſpäter noch, nachdem er den Abſchied genommen, mit unwandelbarer Treue zu
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den Hof des Prinzen Heinrich führte, war, neben ſeiner nahen
Verwandtſchaft mit den beiden Baron Wreichs, die Gleichgeartet-
heit politiſcher Anſchauungen; der Prinz und er waren eins in
ihrer Mißſtimmung über das, was in Berlin geſchah, beſonders
in ihrer Abneigung gegen den Miniſter Hertzberg, eine Abneigung,
die beim Prinzen politiſche, beim Baron Kniphauſen aber, der ein
Stiefbruder des Grafen Hertzberg war, perſönliche Gründe und
Intereſſen-Motive hatte. Andere geiſtige Berührungspunkte zwiſchen
dem Prinzen und dem Freiherrn mochten fehlen. Kniphauſen war
ein paſſionirter Landwirth, eine Thätigkeit, ein Beruf, dem, wie
ſchon erwähnt, Prinz Heinrich den allerniedrigſten Rang einräumte.
Dieſe verſchiedenen Anſichten über den Werth der Landwirthſchaft
führten zu einer kleinen Anekdote, die H. v. Bülow in ſeinem
mehrerwähnten Buche erzählt. „Kniphauſen, ſo ſchreibt er, der viel
von ſeinen oſtfrieſiſchen Rindern ſprach und ſich vielleicht gelegent-
lich von Rheinsberg aus zu ihnen hinſehnen mochte, erhielt, zur
Strafe für dieſe beſtändigen Agrikultur-Geſpräche, eine Weſte vom
Prinzen geſchenkt, die mit lauter Rindern bedruckt war. Kniphauſen
dankte und trug nun die Weſte tagtäglich wie im Triumph,
bis der Prinz eine ungnädige Bemerkung machte, ungnädig, weil
er fühlte, daß ſich der Stachel der Satyre gegen ihn ſelbſt gekehrt
hatte.“
(Baron Kneſebeck), mit ſeinem vollen Namen Carl Franz
Paridam Kraft von dem Kneſebeck, war der letzte männliche Sproß
aus der Linie Tilſen (bei Salzwedel). Nach ſeinem Tode, der
erſt in dieſem Jahrhundert erfolgte, fiel das ſchöne Gut an die
Carwe’ſche Linie und der ſpätere Feldmarſchall v. d. Kneſebeck
(deſſen ich in dem Aufſatz „Carwe“ ausführlicher gedacht habe)
wurde Beſitzer des alten Familienguts. Baron Kneſebeck blieb
Kammerherr am Rheinsberger Hofe bis zum Ableben des Prinzen
und wird im Teſtament deſſelben mit folgenden Worten erwähnt:
„Dem Baron v. Mylendonk-Kneſebeck, der mir als Page und
ſpäter als Offizier in meinem Regimente gedient, auch ſpäter noch,
nachdem er den Abſchied genommen, mit unwandelbarer Treue zu
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/140>, abgerufen am 27.11.2024.
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