tion. Der Held, dessen Andenken der Obelisk und die Feier galt, war Prinz August Wilhelm, der Vater des Fürsten, der eben damals den Thron der Hohenzollern einnahm und seines alten Oheims, des Rheinsberger Prinzen entrathen zu können glaubte, der wohl Schlachten gewonnen hatte, aber kein Herz hatte -- für Frauen und Wein.
Große Festlichkeiten sind dieser Enthüllungsfeier nicht mehr gefolgt; die Schwere des Alters fing an zu drücken, und Einsam- keit, Stille wurden erstes, wenn auch nicht ausschließliches Gebot.
Bis hieher bin ich bemüht gewesen, das Leben, wie es sich am Rheinsberger Hofe während der letzten zehn oder funfzehn Jahre gestaltete, in seinen allgemeinen Zügen zu schildern; ich gehe nun zu einer Besprechung der einzelnen Persönlichkeiten über, die, während dieser Epoche, die einen früher, die andern später, die nächste Umgebung des Prinzen bildeten, und hoffe dabei Ge- legenheit zu finden, ein bisher nur in Umrissen gegebenes Bild durch eine Reihe von Details zu beleben.
Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Persönlichkeiten selbst. Es waren: Baron Kniphausen, Baron Knesebeck, zwei Barone Wreich (auch Wreech geschrieben), Capitain v. Tauentzien, Major v. Kaphengst, Baurath Steinert, Kammerrath Lebeauld, Graf La Roche-Aymon und Graf Roeder. Von letzterem bin ich außer Stande gewesen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.
(Baron Dodo von Kniphausen) war eine Art Ehren- Kammerherr und gehörte dem Kreise mehr als Volontair, wie im Besitz einer wirklichen Hofcharge an. Mehr noch als die Unabhän- gigkeit seiner Stellung, gab ihm sein scharfer Verstand und seine politische Bildung ein Ansehen am Rheinsberger Hofe, eine Bil- dung, die bedeutend genug war, um die Aufmerksamkeit Mira- beau's zu erregen, der der "politischen Hoffnungen" erwähnt, "die das Land an den ostfriesischen Freiherrn knüpfte." Was ihn an
tion. Der Held, deſſen Andenken der Obelisk und die Feier galt, war Prinz Auguſt Wilhelm, der Vater des Fürſten, der eben damals den Thron der Hohenzollern einnahm und ſeines alten Oheims, des Rheinsberger Prinzen entrathen zu können glaubte, der wohl Schlachten gewonnen hatte, aber kein Herz hatte — für Frauen und Wein.
Große Feſtlichkeiten ſind dieſer Enthüllungsfeier nicht mehr gefolgt; die Schwere des Alters fing an zu drücken, und Einſam- keit, Stille wurden erſtes, wenn auch nicht ausſchließliches Gebot.
Bis hieher bin ich bemüht geweſen, das Leben, wie es ſich am Rheinsberger Hofe während der letzten zehn oder funfzehn Jahre geſtaltete, in ſeinen allgemeinen Zügen zu ſchildern; ich gehe nun zu einer Beſprechung der einzelnen Perſönlichkeiten über, die, während dieſer Epoche, die einen früher, die andern ſpäter, die nächſte Umgebung des Prinzen bildeten, und hoffe dabei Ge- legenheit zu finden, ein bisher nur in Umriſſen gegebenes Bild durch eine Reihe von Details zu beleben.
Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Perſönlichkeiten ſelbſt. Es waren: Baron Kniphauſen, Baron Kneſebeck, zwei Barone Wreich (auch Wreech geſchrieben), Capitain v. Tauentzien, Major v. Kaphengſt, Baurath Steinert, Kammerrath Lebeauld, Graf La Roche-Aymon und Graf Roeder. Von letzterem bin ich außer Stande geweſen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.
(Baron Dodo von Kniphauſen) war eine Art Ehren- Kammerherr und gehörte dem Kreiſe mehr als Volontair, wie im Beſitz einer wirklichen Hofcharge an. Mehr noch als die Unabhän- gigkeit ſeiner Stellung, gab ihm ſein ſcharfer Verſtand und ſeine politiſche Bildung ein Anſehen am Rheinsberger Hofe, eine Bil- dung, die bedeutend genug war, um die Aufmerkſamkeit Mira- beau’s zu erregen, der der „politiſchen Hoffnungen“ erwähnt, „die das Land an den oſtfrieſiſchen Freiherrn knüpfte.“ Was ihn an
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0139"n="121"/>
tion. Der Held, deſſen Andenken der Obelisk und die Feier galt,<lb/>
war Prinz <hirendition="#g">Auguſt Wilhelm</hi>, der Vater des Fürſten, der eben<lb/>
damals den Thron der Hohenzollern einnahm und ſeines alten<lb/>
Oheims, des Rheinsberger Prinzen entrathen zu können glaubte,<lb/>
der wohl Schlachten gewonnen hatte, aber kein Herz hatte — für<lb/>
Frauen und Wein.</p><lb/><p><hirendition="#g">Große</hi> Feſtlichkeiten ſind dieſer Enthüllungsfeier nicht mehr<lb/>
gefolgt; die Schwere des Alters fing an zu drücken, und Einſam-<lb/>
keit, Stille wurden erſtes, wenn auch nicht ausſchließliches Gebot.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Bis hieher bin ich bemüht geweſen, das Leben, wie es ſich<lb/>
am Rheinsberger Hofe während der letzten zehn oder funfzehn<lb/>
Jahre geſtaltete, in ſeinen <hirendition="#g">allgemeinen</hi> Zügen zu ſchildern; ich<lb/>
gehe nun zu einer Beſprechung der einzelnen Perſönlichkeiten über,<lb/>
die, während dieſer Epoche, die einen früher, die andern ſpäter,<lb/>
die nächſte Umgebung des Prinzen bildeten, und hoffe dabei Ge-<lb/>
legenheit zu finden, ein bisher nur in Umriſſen gegebenes Bild<lb/>
durch eine Reihe von Details zu beleben.</p><lb/><p>Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Perſönlichkeiten<lb/>ſelbſt. Es waren: Baron Kniphauſen, Baron Kneſebeck, zwei<lb/>
Barone Wreich (auch Wreech geſchrieben), Capitain v. Tauentzien,<lb/>
Major v. Kaphengſt, Baurath Steinert, Kammerrath Lebeauld,<lb/>
Graf La Roche-Aymon und Graf Roeder. Von letzterem bin ich<lb/>
außer Stande geweſen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.</p><lb/><p>(<hirendition="#g">Baron Dodo von Kniphauſen</hi>) war eine Art Ehren-<lb/>
Kammerherr und gehörte dem Kreiſe mehr als Volontair, wie im<lb/>
Beſitz einer wirklichen Hofcharge an. Mehr noch als die Unabhän-<lb/>
gigkeit ſeiner Stellung, gab ihm ſein ſcharfer Verſtand und ſeine<lb/>
politiſche Bildung ein Anſehen am Rheinsberger Hofe, eine Bil-<lb/>
dung, die bedeutend genug war, um die Aufmerkſamkeit Mira-<lb/>
beau’s zu erregen, der der „politiſchen Hoffnungen“ erwähnt, „die<lb/>
das Land an den oſtfrieſiſchen Freiherrn knüpfte.“ Was ihn an<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[121/0139]
tion. Der Held, deſſen Andenken der Obelisk und die Feier galt,
war Prinz Auguſt Wilhelm, der Vater des Fürſten, der eben
damals den Thron der Hohenzollern einnahm und ſeines alten
Oheims, des Rheinsberger Prinzen entrathen zu können glaubte,
der wohl Schlachten gewonnen hatte, aber kein Herz hatte — für
Frauen und Wein.
Große Feſtlichkeiten ſind dieſer Enthüllungsfeier nicht mehr
gefolgt; die Schwere des Alters fing an zu drücken, und Einſam-
keit, Stille wurden erſtes, wenn auch nicht ausſchließliches Gebot.
Bis hieher bin ich bemüht geweſen, das Leben, wie es ſich
am Rheinsberger Hofe während der letzten zehn oder funfzehn
Jahre geſtaltete, in ſeinen allgemeinen Zügen zu ſchildern; ich
gehe nun zu einer Beſprechung der einzelnen Perſönlichkeiten über,
die, während dieſer Epoche, die einen früher, die andern ſpäter,
die nächſte Umgebung des Prinzen bildeten, und hoffe dabei Ge-
legenheit zu finden, ein bisher nur in Umriſſen gegebenes Bild
durch eine Reihe von Details zu beleben.
Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Perſönlichkeiten
ſelbſt. Es waren: Baron Kniphauſen, Baron Kneſebeck, zwei
Barone Wreich (auch Wreech geſchrieben), Capitain v. Tauentzien,
Major v. Kaphengſt, Baurath Steinert, Kammerrath Lebeauld,
Graf La Roche-Aymon und Graf Roeder. Von letzterem bin ich
außer Stande geweſen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.
(Baron Dodo von Kniphauſen) war eine Art Ehren-
Kammerherr und gehörte dem Kreiſe mehr als Volontair, wie im
Beſitz einer wirklichen Hofcharge an. Mehr noch als die Unabhän-
gigkeit ſeiner Stellung, gab ihm ſein ſcharfer Verſtand und ſeine
politiſche Bildung ein Anſehen am Rheinsberger Hofe, eine Bil-
dung, die bedeutend genug war, um die Aufmerkſamkeit Mira-
beau’s zu erregen, der der „politiſchen Hoffnungen“ erwähnt, „die
das Land an den oſtfrieſiſchen Freiherrn knüpfte.“ Was ihn an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/139>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.