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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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ausgearbeitete Rede hielt, auch an diesem Tage in französi-
scher Sprache
. Es scheint, daß er der deutschen Rede geradezu
nicht mächtig war. Wunderbares Resultat einer Erziehung, die in
an und für sich richtigem Streben nur das Deutsche gewollt
und alles Französische verpönt hatte. Die Rede selbst, die aufbe-
wahrt worden ist und z. B. im vie privee du Prince Henri
eine Stelle gefunden hat, scheint auf den ersten Blick wenig mehr
zu bieten, als wohlstylisirte, ziemlich zopfige Phrasen und Betrach-
tungen, wie sie damals üblich waren, aber bei mehr kritischer Be-
trachtung erkennt man sofort die politische Seite dieses scheinbar
blos oratorischen Uebungsstückes. Ich gebe hier nur eine Stelle
daraus:

"Allen Bewohnern der Städte und des Landes, welche in
diesem Kriege die Waffen trugen, gebührt ein gleiches Recht an
die Trophäen und Palmen des Sieges. Unter der Leitung ihrer
Anführer weihten sie ihre Arme und ihr Blut ihrem Vaterlande.
Sie haben es mit Muth und Kraft aufrecht erhalten und verthei-
digt. Unsere Absicht ist, der preußischen Armee ein Zeugniß unserer
Dankbarkeit darzulegen. Den Eingebungen unseres Herzens zufolge
wollen wir Beweise der Hochachtung denjenigen geben, welche wir
persönlich kannten. -- Warum aber vermißt man Friedrich unter
der Zahl dieser berühmten Namen? -- Die von diesem Könige
selbst aufgesetzte Geschichte seines Lebens, die Lobschrif-
ten auf ihn nach seinem Tode, ließen mir nichts zu
sagen übrig
; aber große, in der Dunkelheit geleistete Dienste
werden nicht der Vergessenheit entzogen: denn die Zeit löscht alle
Eindrücke aus, und der folgenden Generation fehlen die Zeugen
der Thaten der vorhergehenden, das Andenken der Begebenheiten
schwindet, die Namen gehen verloren, und die Geschichte bleibt nur
ein unvollkommener Entwurf, oft zusammengefügt durch Schmeiche-
lei
und Trägheit."

Dies genüge. Man muß diese Rede mit demselben geschärften
Auge lesen, wie die Medaillon-Inschriften des Monumentes selbst.
Auch diese Feier, wie schon hervorgehoben, war eine Demonstra-

ausgearbeitete Rede hielt, auch an dieſem Tage in franzöſi-
ſcher Sprache
. Es ſcheint, daß er der deutſchen Rede geradezu
nicht mächtig war. Wunderbares Reſultat einer Erziehung, die in
an und für ſich richtigem Streben nur das Deutſche gewollt
und alles Franzöſiſche verpönt hatte. Die Rede ſelbſt, die aufbe-
wahrt worden iſt und z. B. im vie privée du Prince Henri
eine Stelle gefunden hat, ſcheint auf den erſten Blick wenig mehr
zu bieten, als wohlſtyliſirte, ziemlich zopfige Phraſen und Betrach-
tungen, wie ſie damals üblich waren, aber bei mehr kritiſcher Be-
trachtung erkennt man ſofort die politiſche Seite dieſes ſcheinbar
blos oratoriſchen Uebungsſtückes. Ich gebe hier nur eine Stelle
daraus:

„Allen Bewohnern der Städte und des Landes, welche in
dieſem Kriege die Waffen trugen, gebührt ein gleiches Recht an
die Trophäen und Palmen des Sieges. Unter der Leitung ihrer
Anführer weihten ſie ihre Arme und ihr Blut ihrem Vaterlande.
Sie haben es mit Muth und Kraft aufrecht erhalten und verthei-
digt. Unſere Abſicht iſt, der preußiſchen Armee ein Zeugniß unſerer
Dankbarkeit darzulegen. Den Eingebungen unſeres Herzens zufolge
wollen wir Beweiſe der Hochachtung denjenigen geben, welche wir
perſönlich kannten. — Warum aber vermißt man Friedrich unter
der Zahl dieſer berühmten Namen? — Die von dieſem Könige
ſelbſt aufgeſetzte Geſchichte ſeines Lebens, die Lobſchrif-
ten auf ihn nach ſeinem Tode, ließen mir nichts zu
ſagen übrig
; aber große, in der Dunkelheit geleiſtete Dienſte
werden nicht der Vergeſſenheit entzogen: denn die Zeit löſcht alle
Eindrücke aus, und der folgenden Generation fehlen die Zeugen
der Thaten der vorhergehenden, das Andenken der Begebenheiten
ſchwindet, die Namen gehen verloren, und die Geſchichte bleibt nur
ein unvollkommener Entwurf, oft zuſammengefügt durch Schmeiche-
lei
und Trägheit.“

Dies genüge. Man muß dieſe Rede mit demſelben geſchärften
Auge leſen, wie die Medaillon-Inſchriften des Monumentes ſelbſt.
Auch dieſe Feier, wie ſchon hervorgehoben, war eine Demonſtra-

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[120/0138] ausgearbeitete Rede hielt, auch an dieſem Tage in franzöſi- ſcher Sprache. Es ſcheint, daß er der deutſchen Rede geradezu nicht mächtig war. Wunderbares Reſultat einer Erziehung, die in an und für ſich richtigem Streben nur das Deutſche gewollt und alles Franzöſiſche verpönt hatte. Die Rede ſelbſt, die aufbe- wahrt worden iſt und z. B. im vie privée du Prince Henri eine Stelle gefunden hat, ſcheint auf den erſten Blick wenig mehr zu bieten, als wohlſtyliſirte, ziemlich zopfige Phraſen und Betrach- tungen, wie ſie damals üblich waren, aber bei mehr kritiſcher Be- trachtung erkennt man ſofort die politiſche Seite dieſes ſcheinbar blos oratoriſchen Uebungsſtückes. Ich gebe hier nur eine Stelle daraus: „Allen Bewohnern der Städte und des Landes, welche in dieſem Kriege die Waffen trugen, gebührt ein gleiches Recht an die Trophäen und Palmen des Sieges. Unter der Leitung ihrer Anführer weihten ſie ihre Arme und ihr Blut ihrem Vaterlande. Sie haben es mit Muth und Kraft aufrecht erhalten und verthei- digt. Unſere Abſicht iſt, der preußiſchen Armee ein Zeugniß unſerer Dankbarkeit darzulegen. Den Eingebungen unſeres Herzens zufolge wollen wir Beweiſe der Hochachtung denjenigen geben, welche wir perſönlich kannten. — Warum aber vermißt man Friedrich unter der Zahl dieſer berühmten Namen? — Die von dieſem Könige ſelbſt aufgeſetzte Geſchichte ſeines Lebens, die Lobſchrif- ten auf ihn nach ſeinem Tode, ließen mir nichts zu ſagen übrig; aber große, in der Dunkelheit geleiſtete Dienſte werden nicht der Vergeſſenheit entzogen: denn die Zeit löſcht alle Eindrücke aus, und der folgenden Generation fehlen die Zeugen der Thaten der vorhergehenden, das Andenken der Begebenheiten ſchwindet, die Namen gehen verloren, und die Geſchichte bleibt nur ein unvollkommener Entwurf, oft zuſammengefügt durch Schmeiche- lei und Trägheit.“ Dies genüge. Man muß dieſe Rede mit demſelben geſchärften Auge leſen, wie die Medaillon-Inſchriften des Monumentes ſelbſt. Auch dieſe Feier, wie ſchon hervorgehoben, war eine Demonſtra-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/138>, abgerufen am 27.11.2024.