rühmte Regiment Itzenplitz, das er zum Angriff führte und das ihm festen Schrittes folgte. Plötzlich stutzten die Grenadiere an einem Wassergraben, weil er zu tief schien. Prinz Heinrich warf sich sogleich hinein. Die Kleinheit seiner Person vermehrte die Größe der Aufopferung und steigerte die Wirkung. Alles folgte ihm nach und schlug den Feind. Offiziere und Gemeine des Regi- ments, die jenen Ruhmestag miterlebt hatten, saßen nun dreißig Jahre später an der Festestafel ihres Führers und die begeisterten Lebehochs, die erschallten, klangen laut genug, um auch das Ohr des königlichen Neffen zu treffen. Das Festmahl war, neben einer pietätsvollen Huldigung gegen die Heimgegangenen, vor allem auch eine Demonstration gegen Lebende; aber, wie immer auch, diese Demonstration war berechtigt.
Auch eine Demonstration, aber zu gleicher Zeit ein sonnigeres, von den Strahlen der Poesie und der Geschichte umleuchtetes Fest, war die Einweihung (am 4. Juli 1791) des oftgenannten Obe- lisken, der sich, gegenüber dem Rheinsberger Schloß, an der an- dern Seite des See's, auf leis ansteigendem Terrain erhebt. Die Inschriften dieses Monuments gebe ich an anderer Stelle (siehe die Anmerkungen); hier nur einiges über die Festlichkeit selbst. Es war eine militairische Feier, aber zu gleicher Zeit ein Volksfest. Aus allen Städten und Dörfern der Grafschaft war man herbei- gekommen und Tausende umstanden entweder den weiten Halbkreis des See's, oder waren Augenzeugen, von zahllosen Böten aus, die auf der stillen Wasserfläche ihren Stand genommen hatten. Das schönste Sommerwetter begünstigte das Fest. Um das Denk- mal selbst herum gruppirten sich hunderte von Offizieren, alte und junge, theils solche, die die große Zeit noch mit erlebt hatten, theils nahe Anverwandte derer, deren die Medaillon-Inschriften des eben enthüllten Obelisken in goldenen Buchstaben gedachten. Weiter den Hügel hinauf, im Halbkreis den Kreis der Offiziere umschlie- ßend, standen die Unteroffiziere und Gemeinen der alten Regimen- ter. Der Enthüllungsfeier selbst folgte in den Sälen des Schlosses ein glänzendes Bankett, bei dem der Prinz eine längere, wohl-
rühmte Regiment Itzenplitz, das er zum Angriff führte und das ihm feſten Schrittes folgte. Plötzlich ſtutzten die Grenadiere an einem Waſſergraben, weil er zu tief ſchien. Prinz Heinrich warf ſich ſogleich hinein. Die Kleinheit ſeiner Perſon vermehrte die Größe der Aufopferung und ſteigerte die Wirkung. Alles folgte ihm nach und ſchlug den Feind. Offiziere und Gemeine des Regi- ments, die jenen Ruhmestag miterlebt hatten, ſaßen nun dreißig Jahre ſpäter an der Feſtestafel ihres Führers und die begeiſterten Lebehochs, die erſchallten, klangen laut genug, um auch das Ohr des königlichen Neffen zu treffen. Das Feſtmahl war, neben einer pietätsvollen Huldigung gegen die Heimgegangenen, vor allem auch eine Demonſtration gegen Lebende; aber, wie immer auch, dieſe Demonſtration war berechtigt.
Auch eine Demonſtration, aber zu gleicher Zeit ein ſonnigeres, von den Strahlen der Poëſie und der Geſchichte umleuchtetes Feſt, war die Einweihung (am 4. Juli 1791) des oftgenannten Obe- lisken, der ſich, gegenüber dem Rheinsberger Schloß, an der an- dern Seite des See’s, auf leis anſteigendem Terrain erhebt. Die Inſchriften dieſes Monuments gebe ich an anderer Stelle (ſiehe die Anmerkungen); hier nur einiges über die Feſtlichkeit ſelbſt. Es war eine militairiſche Feier, aber zu gleicher Zeit ein Volksfeſt. Aus allen Städten und Dörfern der Grafſchaft war man herbei- gekommen und Tauſende umſtanden entweder den weiten Halbkreis des See’s, oder waren Augenzeugen, von zahlloſen Böten aus, die auf der ſtillen Waſſerfläche ihren Stand genommen hatten. Das ſchönſte Sommerwetter begünſtigte das Feſt. Um das Denk- mal ſelbſt herum gruppirten ſich hunderte von Offizieren, alte und junge, theils ſolche, die die große Zeit noch mit erlebt hatten, theils nahe Anverwandte derer, deren die Medaillon-Inſchriften des eben enthüllten Obelisken in goldenen Buchſtaben gedachten. Weiter den Hügel hinauf, im Halbkreis den Kreis der Offiziere umſchlie- ßend, ſtanden die Unteroffiziere und Gemeinen der alten Regimen- ter. Der Enthüllungsfeier ſelbſt folgte in den Sälen des Schloſſes ein glänzendes Bankett, bei dem der Prinz eine längere, wohl-
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rühmte Regiment Itzenplitz, das er zum Angriff führte und das
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einem Waſſergraben, weil er zu tief ſchien. Prinz Heinrich warf
ſich ſogleich hinein. Die Kleinheit ſeiner Perſon vermehrte die
Größe der Aufopferung und ſteigerte die Wirkung. Alles folgte
ihm nach und ſchlug den Feind. Offiziere und Gemeine des Regi-
ments, die jenen Ruhmestag miterlebt hatten, ſaßen nun dreißig
Jahre ſpäter an der Feſtestafel ihres Führers und die begeiſterten
Lebehochs, die erſchallten, klangen laut genug, um auch das Ohr
des königlichen Neffen zu treffen. Das Feſtmahl war, neben einer
pietätsvollen Huldigung gegen die Heimgegangenen, vor allem auch
eine Demonſtration gegen Lebende; aber, wie immer auch, dieſe
Demonſtration war berechtigt.
Auch eine Demonſtration, aber zu gleicher Zeit ein ſonnigeres,
von den Strahlen der Poëſie und der Geſchichte umleuchtetes Feſt,
war die Einweihung (am 4. Juli 1791) des oftgenannten Obe-
lisken, der ſich, gegenüber dem Rheinsberger Schloß, an der an-
dern Seite des See’s, auf leis anſteigendem Terrain erhebt. Die
Inſchriften dieſes Monuments gebe ich an anderer Stelle (ſiehe
die Anmerkungen); hier nur einiges über die Feſtlichkeit ſelbſt. Es
war eine militairiſche Feier, aber zu gleicher Zeit ein Volksfeſt.
Aus allen Städten und Dörfern der Grafſchaft war man herbei-
gekommen und Tauſende umſtanden entweder den weiten Halbkreis
des See’s, oder waren Augenzeugen, von zahlloſen Böten aus,
die auf der ſtillen Waſſerfläche ihren Stand genommen hatten.
Das ſchönſte Sommerwetter begünſtigte das Feſt. Um das Denk-
mal ſelbſt herum gruppirten ſich hunderte von Offizieren, alte und
junge, theils ſolche, die die große Zeit noch mit erlebt hatten,
theils nahe Anverwandte derer, deren die Medaillon-Inſchriften des
eben enthüllten Obelisken in goldenen Buchſtaben gedachten. Weiter
den Hügel hinauf, im Halbkreis den Kreis der Offiziere umſchlie-
ßend, ſtanden die Unteroffiziere und Gemeinen der alten Regimen-
ter. Der Enthüllungsfeier ſelbſt folgte in den Sälen des Schloſſes
ein glänzendes Bankett, bei dem der Prinz eine längere, wohl-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/137>, abgerufen am 27.11.2024.
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