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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Väter in Ehren gehalten hatten. Hans Zieten zu Wildberg (nur
eine Viertelmeile von Gantzer), war geschworner Rath des letzten
Grafen zu Ruppin und begleitete ihn nach Worms auf den gro-
ßen Reichstag (1517); um dieselbe Zeit aber saßen auch schon die
Jürgaß auf Gantzer und werden 1525 urkundlich genannt. Von
da ab gehen beide Nachbar-Familien in Leid und Freude mit und
neben einander, um schließlich auch, wie ein altes Paar, gemein-
schaftlich in den Tod zu gehen. Um anzudeuten, wie vielfach beide
Familien verschwägert waren, stehe hier nur Folgendes. Die Mut-
ter
des berühmten alten Zieten war Ilsabe Catharina von Jürgaß
aus dem Hause Gantzer (geb. 1666) und die erste Frau des
alten Zieten war wiederum eine Jürgaß (Leopoldine Judith, ge-
boren 1703). Aus dieser Ehe, zwischen Hans von Zieten und Ju-
dith von Jürgaß, wurde eine Tochter geboren, Fräulein Johanna
von Zieten, die sich mit Rudolf von Jürgaß vermählte, der selbst
wieder ein Sohn Joachims von Jürgaß aus seiner Ehe mit Luise
von Zieten war.

Man wird an diesem einen Beispiel erkennen, daß die Ver-
wandtschaft zwischen den beiden Familien eine oft 5- und 6-fache
und in ihren verschiedenen Graden nicht mehr zu verfolgen war.
Es waren nur noch zwei Familien dem Namen nach, während
längst dasselbe Blut in den Adern hüben wie drüben floß.

Gantzer, der alte Herrensitz der Wahlen-Jürgaß, ist um eben
dieser Familie willen ein Dorf von einem gewissen special-histori-
schen Belang, aber nicht minder fast gewährt es, rein äußerlich,
durch Erscheinung und Bauart ein topographisches Interesse.
Es ist nämlich ein noch übrig gebliebenes Musterstück aus jener
Zeit her, wo ein Dorf nicht aus einem Rittergute, sondern in
den meisten Fällen aus zwei und vier und selbst sechs Edelhöfen
bestand, die dann freilich ihrer Ausdehnung, wie ihrer Erscheinung
nach, mehr einem Bauernhofe als einem Rittergute glichen. Auch
Gantzer gehörte in alter Zeit 4 Familien: von Jürgaß, von Rohr,
von Kröcher und von Wuthenow, aber aus dieser Viertheilung
wurde später eine Zweitheilung, indem der ganze Grundbesitz durch

Väter in Ehren gehalten hatten. Hans Zieten zu Wildberg (nur
eine Viertelmeile von Gantzer), war geſchworner Rath des letzten
Grafen zu Ruppin und begleitete ihn nach Worms auf den gro-
ßen Reichstag (1517); um dieſelbe Zeit aber ſaßen auch ſchon die
Jürgaß auf Gantzer und werden 1525 urkundlich genannt. Von
da ab gehen beide Nachbar-Familien in Leid und Freude mit und
neben einander, um ſchließlich auch, wie ein altes Paar, gemein-
ſchaftlich in den Tod zu gehen. Um anzudeuten, wie vielfach beide
Familien verſchwägert waren, ſtehe hier nur Folgendes. Die Mut-
ter
des berühmten alten Zieten war Ilſabe Catharina von Jürgaß
aus dem Hauſe Gantzer (geb. 1666) und die erſte Frau des
alten Zieten war wiederum eine Jürgaß (Leopoldine Judith, ge-
boren 1703). Aus dieſer Ehe, zwiſchen Hans von Zieten und Ju-
dith von Jürgaß, wurde eine Tochter geboren, Fräulein Johanna
von Zieten, die ſich mit Rudolf von Jürgaß vermählte, der ſelbſt
wieder ein Sohn Joachims von Jürgaß aus ſeiner Ehe mit Luiſe
von Zieten war.

Man wird an dieſem einen Beiſpiel erkennen, daß die Ver-
wandtſchaft zwiſchen den beiden Familien eine oft 5- und 6-fache
und in ihren verſchiedenen Graden nicht mehr zu verfolgen war.
Es waren nur noch zwei Familien dem Namen nach, während
längſt daſſelbe Blut in den Adern hüben wie drüben floß.

Gantzer, der alte Herrenſitz der Wahlen-Jürgaß, iſt um eben
dieſer Familie willen ein Dorf von einem gewiſſen ſpecial-hiſtori-
ſchen Belang, aber nicht minder faſt gewährt es, rein äußerlich,
durch Erſcheinung und Bauart ein topographiſches Intereſſe.
Es iſt nämlich ein noch übrig gebliebenes Muſterſtück aus jener
Zeit her, wo ein Dorf nicht aus einem Rittergute, ſondern in
den meiſten Fällen aus zwei und vier und ſelbſt ſechs Edelhöfen
beſtand, die dann freilich ihrer Ausdehnung, wie ihrer Erſcheinung
nach, mehr einem Bauernhofe als einem Rittergute glichen. Auch
Gantzer gehörte in alter Zeit 4 Familien: von Jürgaß, von Rohr,
von Kröcher und von Wuthenow, aber aus dieſer Viertheilung
wurde ſpäter eine Zweitheilung, indem der ganze Grundbeſitz durch

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[152/0170] Väter in Ehren gehalten hatten. Hans Zieten zu Wildberg (nur eine Viertelmeile von Gantzer), war geſchworner Rath des letzten Grafen zu Ruppin und begleitete ihn nach Worms auf den gro- ßen Reichstag (1517); um dieſelbe Zeit aber ſaßen auch ſchon die Jürgaß auf Gantzer und werden 1525 urkundlich genannt. Von da ab gehen beide Nachbar-Familien in Leid und Freude mit und neben einander, um ſchließlich auch, wie ein altes Paar, gemein- ſchaftlich in den Tod zu gehen. Um anzudeuten, wie vielfach beide Familien verſchwägert waren, ſtehe hier nur Folgendes. Die Mut- ter des berühmten alten Zieten war Ilſabe Catharina von Jürgaß aus dem Hauſe Gantzer (geb. 1666) und die erſte Frau des alten Zieten war wiederum eine Jürgaß (Leopoldine Judith, ge- boren 1703). Aus dieſer Ehe, zwiſchen Hans von Zieten und Ju- dith von Jürgaß, wurde eine Tochter geboren, Fräulein Johanna von Zieten, die ſich mit Rudolf von Jürgaß vermählte, der ſelbſt wieder ein Sohn Joachims von Jürgaß aus ſeiner Ehe mit Luiſe von Zieten war. Man wird an dieſem einen Beiſpiel erkennen, daß die Ver- wandtſchaft zwiſchen den beiden Familien eine oft 5- und 6-fache und in ihren verſchiedenen Graden nicht mehr zu verfolgen war. Es waren nur noch zwei Familien dem Namen nach, während längſt daſſelbe Blut in den Adern hüben wie drüben floß. Gantzer, der alte Herrenſitz der Wahlen-Jürgaß, iſt um eben dieſer Familie willen ein Dorf von einem gewiſſen ſpecial-hiſtori- ſchen Belang, aber nicht minder faſt gewährt es, rein äußerlich, durch Erſcheinung und Bauart ein topographiſches Intereſſe. Es iſt nämlich ein noch übrig gebliebenes Muſterſtück aus jener Zeit her, wo ein Dorf nicht aus einem Rittergute, ſondern in den meiſten Fällen aus zwei und vier und ſelbſt ſechs Edelhöfen beſtand, die dann freilich ihrer Ausdehnung, wie ihrer Erſcheinung nach, mehr einem Bauernhofe als einem Rittergute glichen. Auch Gantzer gehörte in alter Zeit 4 Familien: von Jürgaß, von Rohr, von Kröcher und von Wuthenow, aber aus dieſer Viertheilung wurde ſpäter eine Zweitheilung, indem der ganze Grundbeſitz durch

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/170>, abgerufen am 30.11.2024.