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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Auf halbem Wege nach Tegel sind wir endlich bis an die
letzten Ausläufer der Stadt gelangt, und eine Tannenheide nimmt
uns jetzt auf, die uns, ziemlich ununterbrochen, bis an den Ort
unserer Bestimmung führt. Noch ein weiter freier Platz, der uns
nach links hin einen Blick auf den See und das Dörfchen Tegel
gestattet, dann eine Wassermühle, hübsch, wie alle Wassermühlen,
unter Bäumen gelegen, und eine Ahorn- und Ulmenallee liegt
südlich vor uns, an deren entgegengesetztem Ende wir bereits die
hellen Wände von Schloß Tegel schimmern sehen.



Schloß Tegel, ursprünglich ein Jagdschloß des großen Kur-
fürsten, kam, wenige Jahre nach dem Hubertsburger Frieden, in
Besitz der Familie Humboldt. Alexander Georg von Humboldt,
einem adeligen pommerschen Geschlechte angehörig, das im Fürsten-
thum Cammin und im Neustettiner Kreise seine Besitzungen hatte,
brachte es im Jahr 1765 durch Kauf an sich. *) 1767 wurde
Wilhelm, 1769 Alexander von Humboldt geboren, aber
nicht in Tegel, sondern in Berlin, wo der Vater aller Wahr-
scheinlichkeit nach in Garnison stand. Nach dem Tode der
Eltern wurde Schloß und Rittergut Tegel gemeinschaftliches Eigen-
thum der beiden Brüder und blieb es, bis es im Jahr 1802
in den alleinigen Besitz Wilhelms von Humboldt (damals Ge-

*) Es scheint zweifelhaft, ob Tegel 1765 durch Kauf, oder 1766
als Frauengut an den Major v. Humboldt kam. Ich finde nämlich
anderen Orts, aus ersichtlich guter Quelle, folgendes: "1766 vermählte
sich der Obrist-Wachtmeister (Major) v. Humboldt mit Marie Elisabeth
geb. Colomb, verwittwete Frau v. Hollwede. Aus dieser Ehe wurden
Wilhelm und Alexander v. Humboldt geboren. Die Mutter der beiden
Brüder war, als Erbtochter des Directors Johann Heinrich Colomb,
Besitzerin von Ringenwalde in der Neumark, Tegel und Falkenberg
(anderthalb Meilen von Berlin). In der Falkenberger Kirche ließ Frau
v. Humboldt 1795 ein Erbbegräbniß bauen, in dem sowohl sie selbst wie
ihre beiden Ehemänner (Hauptmann v. Hollwede + 1765 und Obrist-
Wachtmeister v. Humboldt + 1779) beigesetzt wurden. Frau v. Humboldt
starb 1796."

Auf halbem Wege nach Tegel ſind wir endlich bis an die
letzten Ausläufer der Stadt gelangt, und eine Tannenheide nimmt
uns jetzt auf, die uns, ziemlich ununterbrochen, bis an den Ort
unſerer Beſtimmung führt. Noch ein weiter freier Platz, der uns
nach links hin einen Blick auf den See und das Dörfchen Tegel
geſtattet, dann eine Waſſermühle, hübſch, wie alle Waſſermühlen,
unter Bäumen gelegen, und eine Ahorn- und Ulmenallee liegt
ſüdlich vor uns, an deren entgegengeſetztem Ende wir bereits die
hellen Wände von Schloß Tegel ſchimmern ſehen.



Schloß Tegel, urſprünglich ein Jagdſchloß des großen Kur-
fürſten, kam, wenige Jahre nach dem Hubertsburger Frieden, in
Beſitz der Familie Humboldt. Alexander Georg von Humboldt,
einem adeligen pommerſchen Geſchlechte angehörig, das im Fürſten-
thum Cammin und im Neuſtettiner Kreiſe ſeine Beſitzungen hatte,
brachte es im Jahr 1765 durch Kauf an ſich. *) 1767 wurde
Wilhelm, 1769 Alexander von Humboldt geboren, aber
nicht in Tegel, ſondern in Berlin, wo der Vater aller Wahr-
ſcheinlichkeit nach in Garniſon ſtand. Nach dem Tode der
Eltern wurde Schloß und Rittergut Tegel gemeinſchaftliches Eigen-
thum der beiden Brüder und blieb es, bis es im Jahr 1802
in den alleinigen Beſitz Wilhelms von Humboldt (damals Ge-

*) Es ſcheint zweifelhaft, ob Tegel 1765 durch Kauf, oder 1766
als Frauengut an den Major v. Humboldt kam. Ich finde nämlich
anderen Orts, aus erſichtlich guter Quelle, folgendes: „1766 vermählte
ſich der Obriſt-Wachtmeiſter (Major) v. Humboldt mit Marie Eliſabeth
geb. Colomb, verwittwete Frau v. Hollwede. Aus dieſer Ehe wurden
Wilhelm und Alexander v. Humboldt geboren. Die Mutter der beiden
Brüder war, als Erbtochter des Directors Johann Heinrich Colomb,
Beſitzerin von Ringenwalde in der Neumark, Tegel und Falkenberg
(anderthalb Meilen von Berlin). In der Falkenberger Kirche ließ Frau
v. Humboldt 1795 ein Erbbegräbniß bauen, in dem ſowohl ſie ſelbſt wie
ihre beiden Ehemänner (Hauptmann v. Hollwede † 1765 und Obriſt-
Wachtmeiſter v. Humboldt † 1779) beigeſetzt wurden. Frau v. Humboldt
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[192/0210] Auf halbem Wege nach Tegel ſind wir endlich bis an die letzten Ausläufer der Stadt gelangt, und eine Tannenheide nimmt uns jetzt auf, die uns, ziemlich ununterbrochen, bis an den Ort unſerer Beſtimmung führt. Noch ein weiter freier Platz, der uns nach links hin einen Blick auf den See und das Dörfchen Tegel geſtattet, dann eine Waſſermühle, hübſch, wie alle Waſſermühlen, unter Bäumen gelegen, und eine Ahorn- und Ulmenallee liegt ſüdlich vor uns, an deren entgegengeſetztem Ende wir bereits die hellen Wände von Schloß Tegel ſchimmern ſehen. Schloß Tegel, urſprünglich ein Jagdſchloß des großen Kur- fürſten, kam, wenige Jahre nach dem Hubertsburger Frieden, in Beſitz der Familie Humboldt. Alexander Georg von Humboldt, einem adeligen pommerſchen Geſchlechte angehörig, das im Fürſten- thum Cammin und im Neuſtettiner Kreiſe ſeine Beſitzungen hatte, brachte es im Jahr 1765 durch Kauf an ſich. *) 1767 wurde Wilhelm, 1769 Alexander von Humboldt geboren, aber nicht in Tegel, ſondern in Berlin, wo der Vater aller Wahr- ſcheinlichkeit nach in Garniſon ſtand. Nach dem Tode der Eltern wurde Schloß und Rittergut Tegel gemeinſchaftliches Eigen- thum der beiden Brüder und blieb es, bis es im Jahr 1802 in den alleinigen Beſitz Wilhelms von Humboldt (damals Ge- *) Es ſcheint zweifelhaft, ob Tegel 1765 durch Kauf, oder 1766 als Frauengut an den Major v. Humboldt kam. Ich finde nämlich anderen Orts, aus erſichtlich guter Quelle, folgendes: „1766 vermählte ſich der Obriſt-Wachtmeiſter (Major) v. Humboldt mit Marie Eliſabeth geb. Colomb, verwittwete Frau v. Hollwede. Aus dieſer Ehe wurden Wilhelm und Alexander v. Humboldt geboren. Die Mutter der beiden Brüder war, als Erbtochter des Directors Johann Heinrich Colomb, Beſitzerin von Ringenwalde in der Neumark, Tegel und Falkenberg (anderthalb Meilen von Berlin). In der Falkenberger Kirche ließ Frau v. Humboldt 1795 ein Erbbegräbniß bauen, in dem ſowohl ſie ſelbſt wie ihre beiden Ehemänner (Hauptmann v. Hollwede † 1765 und Obriſt- Wachtmeiſter v. Humboldt † 1779) beigeſetzt wurden. Frau v. Humboldt ſtarb 1796.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/210>, abgerufen am 27.11.2024.