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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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So waren Säle und Treppenhaus; fast noch prächtiger war
die Capelle: die Wände waren mit Marmor bekleidet und die Decke
mit Kirchenbildern geziert, während der Altartisch auf vier vergol-
deten Adlern ruhte. Bischof Ursinus hielt hier 1704 die Einwei-
hungsrede. Nun ist Alles hin, Alles verweht und zerstoben; nur
Orgel, Kanzel und königliche Loge existiren noch; sie sind nach
Französisch-Buchholz hin verpflanzt worden und zieren dort die
Kirche bis diesen Tag.

So war Schloß Oranienburg in den Tagen, die der orani-
schen Prinzessin unmittelbar folgten. Wir fragen weiter, wie war
das Leben in diesen Räumen
? Darüber liegen leider wenige
Aufzeichnungen vor und wir müssen auf Umwegen und durch
Schlüsse zu einem Resultat zu gelangen suchen. Daß der Kurfürst
häufig hier verweilte, geht weniger aus der Reichthumsfülle hervor,
mit der er das Schloß ausstattete (eine prächtige Ausstattung ver-
räth noch keine persönliche Theilnahme, keine Herzensbeziehungen),
als aus dem Eifer, mit dem er die Herrschaft Oranienburg zu er-
weitern und die einzelnen Dörfer, wie vorgeschobene Posten, in
Einklang mit dem Schlosse selbst zu bringen suchte
. Diese
sorgliche Fassung, die er dem schönen Steine gab, bewies am
besten, wie sehr er an dem Steine selber hing. So wurden Grabs-
dorf und Lehnitz, Cossebant und Perwenitz, vier in der Nähe ge-
legene Güter, angekauft und in Vorwerke oder Koloniedörfer um-
gewandelt. Grabsdorf erhielt ein Jagdschloß, das innerhalb seiner
schmucklosen Mauern bis diesen Augenblick noch die eiförmigen
Zimmer zeigt, die, nach damaliger Mode, ihm gegeben wurden.
Dabei wurde der Name Grabsdorf, der an unbequeme Dinge
erinnern mochte, bei Seite gethan und in "Friedrichsthal" umge-
wandelt, unter welcher Bezeichnung Dorf und Jagdschloß bis die-
sen Tag noch vorhanden sind. Auch Cossebant verlor seinen alten
Namen und trat die Erbschaft des vakant gewordenen Namen
"Bötzow" an. Das heutige Bötzow hat also nichts gemein mit
Burg und Stadt Bötzow, die bis 1650 an Stelle des jetzigen

So waren Säle und Treppenhaus; faſt noch prächtiger war
die Capelle: die Wände waren mit Marmor bekleidet und die Decke
mit Kirchenbildern geziert, während der Altartiſch auf vier vergol-
deten Adlern ruhte. Biſchof Urſinus hielt hier 1704 die Einwei-
hungsrede. Nun iſt Alles hin, Alles verweht und zerſtoben; nur
Orgel, Kanzel und königliche Loge exiſtiren noch; ſie ſind nach
Franzöſiſch-Buchholz hin verpflanzt worden und zieren dort die
Kirche bis dieſen Tag.

So war Schloß Oranienburg in den Tagen, die der orani-
ſchen Prinzeſſin unmittelbar folgten. Wir fragen weiter, wie war
das Leben in dieſen Räumen
? Darüber liegen leider wenige
Aufzeichnungen vor und wir müſſen auf Umwegen und durch
Schlüſſe zu einem Reſultat zu gelangen ſuchen. Daß der Kurfürſt
häufig hier verweilte, geht weniger aus der Reichthumsfülle hervor,
mit der er das Schloß ausſtattete (eine prächtige Ausſtattung ver-
räth noch keine perſönliche Theilnahme, keine Herzensbeziehungen),
als aus dem Eifer, mit dem er die Herrſchaft Oranienburg zu er-
weitern und die einzelnen Dörfer, wie vorgeſchobene Poſten, in
Einklang mit dem Schloſſe ſelbſt zu bringen ſuchte
. Dieſe
ſorgliche Faſſung, die er dem ſchönen Steine gab, bewies am
beſten, wie ſehr er an dem Steine ſelber hing. So wurden Grabs-
dorf und Lehnitz, Coſſebant und Perwenitz, vier in der Nähe ge-
legene Güter, angekauft und in Vorwerke oder Koloniedörfer um-
gewandelt. Grabsdorf erhielt ein Jagdſchloß, das innerhalb ſeiner
ſchmuckloſen Mauern bis dieſen Augenblick noch die eiförmigen
Zimmer zeigt, die, nach damaliger Mode, ihm gegeben wurden.
Dabei wurde der Name Grabsdorf, der an unbequeme Dinge
erinnern mochte, bei Seite gethan und in „Friedrichsthal“ umge-
wandelt, unter welcher Bezeichnung Dorf und Jagdſchloß bis die-
ſen Tag noch vorhanden ſind. Auch Coſſebant verlor ſeinen alten
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[220/0238] So waren Säle und Treppenhaus; faſt noch prächtiger war die Capelle: die Wände waren mit Marmor bekleidet und die Decke mit Kirchenbildern geziert, während der Altartiſch auf vier vergol- deten Adlern ruhte. Biſchof Urſinus hielt hier 1704 die Einwei- hungsrede. Nun iſt Alles hin, Alles verweht und zerſtoben; nur Orgel, Kanzel und königliche Loge exiſtiren noch; ſie ſind nach Franzöſiſch-Buchholz hin verpflanzt worden und zieren dort die Kirche bis dieſen Tag. So war Schloß Oranienburg in den Tagen, die der orani- ſchen Prinzeſſin unmittelbar folgten. Wir fragen weiter, wie war das Leben in dieſen Räumen? Darüber liegen leider wenige Aufzeichnungen vor und wir müſſen auf Umwegen und durch Schlüſſe zu einem Reſultat zu gelangen ſuchen. Daß der Kurfürſt häufig hier verweilte, geht weniger aus der Reichthumsfülle hervor, mit der er das Schloß ausſtattete (eine prächtige Ausſtattung ver- räth noch keine perſönliche Theilnahme, keine Herzensbeziehungen), als aus dem Eifer, mit dem er die Herrſchaft Oranienburg zu er- weitern und die einzelnen Dörfer, wie vorgeſchobene Poſten, in Einklang mit dem Schloſſe ſelbſt zu bringen ſuchte. Dieſe ſorgliche Faſſung, die er dem ſchönen Steine gab, bewies am beſten, wie ſehr er an dem Steine ſelber hing. So wurden Grabs- dorf und Lehnitz, Coſſebant und Perwenitz, vier in der Nähe ge- legene Güter, angekauft und in Vorwerke oder Koloniedörfer um- gewandelt. Grabsdorf erhielt ein Jagdſchloß, das innerhalb ſeiner ſchmuckloſen Mauern bis dieſen Augenblick noch die eiförmigen Zimmer zeigt, die, nach damaliger Mode, ihm gegeben wurden. Dabei wurde der Name Grabsdorf, der an unbequeme Dinge erinnern mochte, bei Seite gethan und in „Friedrichsthal“ umge- wandelt, unter welcher Bezeichnung Dorf und Jagdſchloß bis die- ſen Tag noch vorhanden ſind. Auch Coſſebant verlor ſeinen alten Namen und trat die Erbſchaft des vakant gewordenen Namen „Bötzow“ an. Das heutige Bötzow hat alſo nichts gemein mit Burg und Stadt Bötzow, die bis 1650 an Stelle des jetzigen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/238>, abgerufen am 24.11.2024.