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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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jede Spur verloren gegangen ist; nur Einiges werde ich hervor-
zuheben haben, um wenigstens eine Andeutung von dem Reich-
thum zu geben, der innerhalb dieser Mauern heimisch war. In
dem Treppenhaus, das fast die halbe Breite des corps de logis
einnahm, sprang eine Fontaine und trieb den Wasserstrahl bis in
das dritte Stock hinauf; die Treppe selbst aber war unten mit
vier Jaspis- und weiter oben mit vier Marmorsäulen geschmückt.
An der gewölbten Decke waren die vier Laster des Hofes: Gleis-
nerei, Verleumdung, Neid und Habsucht dargestellt, wie sie von
eben so vielen Engeln aus dem Himmel gestürzt werden. Decken-
gemälde, zum Theil ähnlichen symbolischen Inhalts, befanden sich
in fast allen größern Sälen. Im Vorzimmer des Königs befand
sich (an den Plafond gemalt) eine Copie des großen, vielerwähn-
ten Terwesten'schen Bildes, während im sogenannten "Orangesaal"
ein anderes großes Deckengemälde die Verherrlichung des Orani-
schen Hauses symbolisch darstellte. In der Mitte desselben erblickte
man eine weibliche Figur mit dem Oranischen Wappen und einem
Orange-Bouquet im Haar, während sie zugleich eine Schnur mit
Medaillons in Händen hielt, wodurch die Geschlechtsfolge des Hau-
ses Oranien veranschaulicht werden sollte. Neid und Verrätherei
mühen sich, die Schnur zu zerreißen, aber ein Blitzstrahl aus den
Wolken fährt zwischen sie.

In demselben Saale befanden sich die Bildnisse der Fürsten
von Oranien von 1382 ab, daneben aber das Porträt König
Friedrichs I. selbst, mit dem bekannten Distichon als Unterschrift,
durch das einst der Königsberger Dichter Bödecker die Geburt
Friedrichs verherrlicht und seine künftige Königschaft vorhergesagt
hatte:

Nascitur in Regis Friedericus Monte, quid istud?
Praedicunt Musae: Rex Friedericus erit.

(Königsberg heißt die Geburtsstadt des Prinzen Friedrich; was folgt
draus?
Musen kündet es laut: König wird Friedrich uns sein.)


jede Spur verloren gegangen iſt; nur Einiges werde ich hervor-
zuheben haben, um wenigſtens eine Andeutung von dem Reich-
thum zu geben, der innerhalb dieſer Mauern heimiſch war. In
dem Treppenhaus, das faſt die halbe Breite des corps de logis
einnahm, ſprang eine Fontaine und trieb den Waſſerſtrahl bis in
das dritte Stock hinauf; die Treppe ſelbſt aber war unten mit
vier Jaspis- und weiter oben mit vier Marmorſäulen geſchmückt.
An der gewölbten Decke waren die vier Laſter des Hofes: Gleis-
nerei, Verleumdung, Neid und Habſucht dargeſtellt, wie ſie von
eben ſo vielen Engeln aus dem Himmel geſtürzt werden. Decken-
gemälde, zum Theil ähnlichen ſymboliſchen Inhalts, befanden ſich
in faſt allen größern Sälen. Im Vorzimmer des Königs befand
ſich (an den Plafond gemalt) eine Copie des großen, vielerwähn-
ten Terweſten’ſchen Bildes, während im ſogenannten „Orangeſaal“
ein anderes großes Deckengemälde die Verherrlichung des Orani-
ſchen Hauſes ſymboliſch darſtellte. In der Mitte deſſelben erblickte
man eine weibliche Figur mit dem Oraniſchen Wappen und einem
Orange-Bouquet im Haar, während ſie zugleich eine Schnur mit
Medaillons in Händen hielt, wodurch die Geſchlechtsfolge des Hau-
ſes Oranien veranſchaulicht werden ſollte. Neid und Verrätherei
mühen ſich, die Schnur zu zerreißen, aber ein Blitzſtrahl aus den
Wolken fährt zwiſchen ſie.

In demſelben Saale befanden ſich die Bildniſſe der Fürſten
von Oranien von 1382 ab, daneben aber das Porträt König
Friedrichs I. ſelbſt, mit dem bekannten Diſtichon als Unterſchrift,
durch das einſt der Königsberger Dichter Bödecker die Geburt
Friedrichs verherrlicht und ſeine künftige Königſchaft vorhergeſagt
hatte:

Nascitur in Regis Friedericus Monte, quid istud?
Praedicunt Musae: Rex Friedericus erit.

(Königsberg heißt die Geburtsſtadt des Prinzen Friedrich; was folgt
draus?
Muſen kündet es laut: König wird Friedrich uns ſein.)


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[219/0237] jede Spur verloren gegangen iſt; nur Einiges werde ich hervor- zuheben haben, um wenigſtens eine Andeutung von dem Reich- thum zu geben, der innerhalb dieſer Mauern heimiſch war. In dem Treppenhaus, das faſt die halbe Breite des corps de logis einnahm, ſprang eine Fontaine und trieb den Waſſerſtrahl bis in das dritte Stock hinauf; die Treppe ſelbſt aber war unten mit vier Jaspis- und weiter oben mit vier Marmorſäulen geſchmückt. An der gewölbten Decke waren die vier Laſter des Hofes: Gleis- nerei, Verleumdung, Neid und Habſucht dargeſtellt, wie ſie von eben ſo vielen Engeln aus dem Himmel geſtürzt werden. Decken- gemälde, zum Theil ähnlichen ſymboliſchen Inhalts, befanden ſich in faſt allen größern Sälen. Im Vorzimmer des Königs befand ſich (an den Plafond gemalt) eine Copie des großen, vielerwähn- ten Terweſten’ſchen Bildes, während im ſogenannten „Orangeſaal“ ein anderes großes Deckengemälde die Verherrlichung des Orani- ſchen Hauſes ſymboliſch darſtellte. In der Mitte deſſelben erblickte man eine weibliche Figur mit dem Oraniſchen Wappen und einem Orange-Bouquet im Haar, während ſie zugleich eine Schnur mit Medaillons in Händen hielt, wodurch die Geſchlechtsfolge des Hau- ſes Oranien veranſchaulicht werden ſollte. Neid und Verrätherei mühen ſich, die Schnur zu zerreißen, aber ein Blitzſtrahl aus den Wolken fährt zwiſchen ſie. In demſelben Saale befanden ſich die Bildniſſe der Fürſten von Oranien von 1382 ab, daneben aber das Porträt König Friedrichs I. ſelbſt, mit dem bekannten Diſtichon als Unterſchrift, durch das einſt der Königsberger Dichter Bödecker die Geburt Friedrichs verherrlicht und ſeine künftige Königſchaft vorhergeſagt hatte: Nascitur in Regis Friedericus Monte, quid istud? Praedicunt Musae: Rex Friedericus erit. (Königsberg heißt die Geburtsſtadt des Prinzen Friedrich; was folgt draus? Muſen kündet es laut: König wird Friedrich uns ſein.)

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/237>, abgerufen am 25.11.2024.