dem fürstlichen Bauherrn zur Verfügung standen. Schloß Koepenick, wo der Kurfürst die letzten Jahre vor seiner Thronbesteigung zu- gebracht hatte, wurde zuerst beendet; dann folgte, mit einer Muni- ficenz, die noch weit über das hinausging, was in Koepenick ge- leistet worden war, der Ausbau des Oranienburger Schlosses. Ob der Kurfürst damals die Absicht hatte, das Schloß an der Ober- Havel zu seinem bevorzugten Aufenthalt zu machen, oder ob er seiner Stiefmutter, der holstein'schen Dorothea, in nicht mißzuver- stehender Weise zeigen wollte, wie heilig, wie werth ihm die Schöpfung und Hinterlassenschaft seiner rechten Mutter sei; gleich- viel, Schloß Oranienburg wuchs alsbald aus seiner engen Um- grenzung heraus und ein Prachtbau stieg empor, wie die Marken damals, mit alleiniger Ausnahme des Schlosses zu Cölln an der Spree, keinen zweiten aufzuweisen hatten. Von 1688 bis 1704 dauerte der Bau, und das Schloß nahm im Wesentlichen die Ge- stalt und Dimensionen an, worin wir es noch jetzt erblicken. An ein reich ornamentirtes Mittelstück (corps de logis) lehnten sich zwei Vorder- und zwei Hinterflügel, zwischen denen ein nach einer Seite hin geöffneter Hofraum lag. Ganz wie jetzt. Am Ende jedes der vier Flügel erhob sich ein Pavillon und das corps de logis trug zwischen dem Dach und den Fenstern des dritten Stockes die Frontal-Inschrift: A Ludovica princip. Auriac. matre optima exstruct. et nom. gentis insignit. aedes Friedericus Tertius Elector in memoriam Parentis piissimae ampliavit, ornavit, auxit MDCXC. (Dies von der besten Mutter, der Prinzessin von Oranien, Louise, gebaute und durch den Namen ihres Ge- schlechts ausgezeichnete Schloß hat der Kurfürst Friedrich III. zum Gedächtniß der frömmsten Mutter erweitert und geschmückt im Jahre 1690.) Diese Inschrift existirt noch.
Es kann nicht Zweck dieser Zeilen sein, mit Hülfe noch vor- handener Aufzeichnungen den Leser durch eine lange Reihe von Prachtzimmern und Gallerien, von Sälen und Porzellan-Cabinetten zu führen, von denen, mit Ausnahme weniger Zimmer, die ich gegen den Schluß des Aufsatzes hin zu beschreiben gedenke, auch
dem fürſtlichen Bauherrn zur Verfügung ſtanden. Schloß Koepenick, wo der Kurfürſt die letzten Jahre vor ſeiner Thronbeſteigung zu- gebracht hatte, wurde zuerſt beendet; dann folgte, mit einer Muni- ficenz, die noch weit über das hinausging, was in Koepenick ge- leiſtet worden war, der Ausbau des Oranienburger Schloſſes. Ob der Kurfürſt damals die Abſicht hatte, das Schloß an der Ober- Havel zu ſeinem bevorzugten Aufenthalt zu machen, oder ob er ſeiner Stiefmutter, der holſtein’ſchen Dorothea, in nicht mißzuver- ſtehender Weiſe zeigen wollte, wie heilig, wie werth ihm die Schöpfung und Hinterlaſſenſchaft ſeiner rechten Mutter ſei; gleich- viel, Schloß Oranienburg wuchs alsbald aus ſeiner engen Um- grenzung heraus und ein Prachtbau ſtieg empor, wie die Marken damals, mit alleiniger Ausnahme des Schloſſes zu Cölln an der Spree, keinen zweiten aufzuweiſen hatten. Von 1688 bis 1704 dauerte der Bau, und das Schloß nahm im Weſentlichen die Ge- ſtalt und Dimenſionen an, worin wir es noch jetzt erblicken. An ein reich ornamentirtes Mittelſtück (corps de logis) lehnten ſich zwei Vorder- und zwei Hinterflügel, zwiſchen denen ein nach einer Seite hin geöffneter Hofraum lag. Ganz wie jetzt. Am Ende jedes der vier Flügel erhob ſich ein Pavillon und das corps de logis trug zwiſchen dem Dach und den Fenſtern des dritten Stockes die Frontal-Inſchrift: A Ludovica princip. Auriac. matre optima exstruct. et nom. gentis insignit. aedes Friedericus Tertius Elector in memoriam Parentis piissimae ampliavit, ornavit, auxit MDCXC. (Dies von der beſten Mutter, der Prinzeſſin von Oranien, Louiſe, gebaute und durch den Namen ihres Ge- ſchlechts ausgezeichnete Schloß hat der Kurfürſt Friedrich III. zum Gedächtniß der frömmſten Mutter erweitert und geſchmückt im Jahre 1690.) Dieſe Inſchrift exiſtirt noch.
Es kann nicht Zweck dieſer Zeilen ſein, mit Hülfe noch vor- handener Aufzeichnungen den Leſer durch eine lange Reihe von Prachtzimmern und Gallerien, von Sälen und Porzellan-Cabinetten zu führen, von denen, mit Ausnahme weniger Zimmer, die ich gegen den Schluß des Aufſatzes hin zu beſchreiben gedenke, auch
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dem fürſtlichen Bauherrn zur Verfügung ſtanden. Schloß Koepenick,
wo der Kurfürſt die letzten Jahre vor ſeiner Thronbeſteigung zu-
gebracht hatte, wurde zuerſt beendet; dann folgte, mit einer Muni-
ficenz, die noch weit über das hinausging, was in Koepenick ge-
leiſtet worden war, der Ausbau des Oranienburger Schloſſes. Ob
der Kurfürſt damals die Abſicht hatte, das Schloß an der Ober-
Havel zu ſeinem bevorzugten Aufenthalt zu machen, oder ob er
ſeiner Stiefmutter, der holſtein’ſchen Dorothea, in nicht mißzuver-
ſtehender Weiſe zeigen wollte, wie heilig, wie werth ihm die
Schöpfung und Hinterlaſſenſchaft ſeiner rechten Mutter ſei; gleich-
viel, Schloß Oranienburg wuchs alsbald aus ſeiner engen Um-
grenzung heraus und ein Prachtbau ſtieg empor, wie die Marken
damals, mit alleiniger Ausnahme des Schloſſes zu Cölln an der
Spree, keinen zweiten aufzuweiſen hatten. Von 1688 bis 1704
dauerte der Bau, und das Schloß nahm im Weſentlichen die Ge-
ſtalt und Dimenſionen an, worin wir es noch jetzt erblicken. An
ein reich ornamentirtes Mittelſtück (corps de logis) lehnten ſich
zwei Vorder- und zwei Hinterflügel, zwiſchen denen ein nach einer
Seite hin geöffneter Hofraum lag. Ganz wie jetzt. Am Ende jedes
der vier Flügel erhob ſich ein Pavillon und das corps de logis
trug zwiſchen dem Dach und den Fenſtern des dritten Stockes die
Frontal-Inſchrift: A Ludovica princip. Auriac. matre optima
exstruct. et nom. gentis insignit. aedes Friedericus Tertius
Elector in memoriam Parentis piissimae ampliavit, ornavit,
auxit MDCXC. (Dies von der beſten Mutter, der Prinzeſſin
von Oranien, Louiſe, gebaute und durch den Namen ihres Ge-
ſchlechts ausgezeichnete Schloß hat der Kurfürſt Friedrich III. zum
Gedächtniß der frömmſten Mutter erweitert und geſchmückt im Jahre
1690.) Dieſe Inſchrift exiſtirt noch.
Es kann nicht Zweck dieſer Zeilen ſein, mit Hülfe noch vor-
handener Aufzeichnungen den Leſer durch eine lange Reihe von
Prachtzimmern und Gallerien, von Sälen und Porzellan-Cabinetten
zu führen, von denen, mit Ausnahme weniger Zimmer, die ich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/236>, abgerufen am 25.11.2024.
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