führt werden, ist ganz im Charakter des Husarenthums, aber durch- aus nicht im Charakter Zieten's, der von Jugend auf etwas Ernstes, Nüchternes und durchaus Schlichtes hatte. Er hatte ein verwegenes Husaren-Herz, aber die Husaren-Manieren, wie sie im Buche stehen, waren ihm fremd. Ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, daß mit allem diesem kein besonderer Tadel gegen den Schadow'schen Zieten ausgesprochen sein soll. Die Tassaert'sche Arbeit steht künstlerisch auf einer höheren Stufe; die Schadow'sche hat aber ihrerseits gedanklich große Verdienste, so große, daß die Mängel beinahe aufgewogen werden, die ihr als Portrait- Statue unbedenklich anhaften. Die vielbetonte realistische Auf- fassung dieser Statue ist mehr scheinbar als wirklich.
Das Postament der Modell-Büste erweist sich, bei näherer Betrachtung, als ein Schrein von weiß-lackirtem Holz; ein Schlüs- selchen öffnet die kaum bemerkbare Thür desselben. In diesem ein- fachen Schrein befindet sich der Säbel des alten Zieten, nicht jener Türkische, den ihm Friedrich II. nach dem zweiten Schlesi- schen Kriege zum Geschenk machte, sondern ein gewöhnlicher Preu- ßischer Husaren-Säbel, wie ihn der alte Herr während des 7jährigen Krieges trug. Er zog ihn während der ganzen Campagne nur ein Mal, und dies eine Mal zu seiner persönlichen Verthei- digung. Am Tage vor der Schlacht von Torgau, also am 2. No- vember 1760, als er in Begleitung einer einzigen Ordonnanz recognosciren ritt, sah er sich plötzlich von sechs Oesterreichischen Husaren umstellt. Er hieb sich, im buchstäblichen Sinne, durch und steckte den blutigen Säbel ruhig wieder in die Scheide. Er sprach nie von dieser Affaire. Die Blutflecke, ein rothbrauner Rost, sind noch deutlich auf der Klinge sichtbar.
Kaum minder interessant, als dieser nur einmal gezogene Helden-Säbel, sind die 16 Lebensgroßen Bildnisse, die ringsum die Wände bedecken. Es sind die Portraits von 16 Offizieren des Zieten'schen Regiments, alle 1749, 1750 und 1751 gemalt. Die Namen der Offiziere sind folgende: die Rittmeister Langen, v. Teiffel, v. Somogy, Calau v. Hofen, v. Horn, v. Seel, v. Wieck, v. Probst,
führt werden, iſt ganz im Charakter des Huſarenthums, aber durch- aus nicht im Charakter Zieten’s, der von Jugend auf etwas Ernſtes, Nüchternes und durchaus Schlichtes hatte. Er hatte ein verwegenes Huſaren-Herz, aber die Huſaren-Manieren, wie ſie im Buche ſtehen, waren ihm fremd. Ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, daß mit allem dieſem kein beſonderer Tadel gegen den Schadow’ſchen Zieten ausgeſprochen ſein ſoll. Die Taſſaert’ſche Arbeit ſteht künſtleriſch auf einer höheren Stufe; die Schadow’ſche hat aber ihrerſeits gedanklich große Verdienſte, ſo große, daß die Mängel beinahe aufgewogen werden, die ihr als Portrait- Statue unbedenklich anhaften. Die vielbetonte realiſtiſche Auf- faſſung dieſer Statue iſt mehr ſcheinbar als wirklich.
Das Poſtament der Modell-Büſte erweiſt ſich, bei näherer Betrachtung, als ein Schrein von weiß-lackirtem Holz; ein Schlüſ- ſelchen öffnet die kaum bemerkbare Thür deſſelben. In dieſem ein- fachen Schrein befindet ſich der Säbel des alten Zieten, nicht jener Türkiſche, den ihm Friedrich II. nach dem zweiten Schleſi- ſchen Kriege zum Geſchenk machte, ſondern ein gewöhnlicher Preu- ßiſcher Huſaren-Säbel, wie ihn der alte Herr während des 7jährigen Krieges trug. Er zog ihn während der ganzen Campagne nur ein Mal, und dies eine Mal zu ſeiner perſönlichen Verthei- digung. Am Tage vor der Schlacht von Torgau, alſo am 2. No- vember 1760, als er in Begleitung einer einzigen Ordonnanz recognosciren ritt, ſah er ſich plötzlich von ſechs Oeſterreichiſchen Huſaren umſtellt. Er hieb ſich, im buchſtäblichen Sinne, durch und ſteckte den blutigen Säbel ruhig wieder in die Scheide. Er ſprach nie von dieſer Affaire. Die Blutflecke, ein rothbrauner Roſt, ſind noch deutlich auf der Klinge ſichtbar.
Kaum minder intereſſant, als dieſer nur einmal gezogene Helden-Säbel, ſind die 16 Lebensgroßen Bildniſſe, die ringsum die Wände bedecken. Es ſind die Portraits von 16 Offizieren des Zieten’ſchen Regiments, alle 1749, 1750 und 1751 gemalt. Die Namen der Offiziere ſind folgende: die Rittmeiſter Langen, v. Teiffel, v. Somogy, Calau v. Hofen, v. Horn, v. Seel, v. Wieck, v. Probſt,
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verwegenes Huſaren-Herz, aber die Huſaren-Manieren, wie
ſie im Buche ſtehen, waren ihm fremd. Ich brauche wohl nicht
hinzuzufügen, daß mit allem dieſem kein beſonderer Tadel gegen
den Schadow’ſchen Zieten ausgeſprochen ſein ſoll. Die Taſſaert’ſche
Arbeit ſteht künſtleriſch auf einer höheren Stufe; die Schadow’ſche
hat aber ihrerſeits gedanklich große Verdienſte, ſo große, daß
die Mängel beinahe aufgewogen werden, die ihr als Portrait-
Statue unbedenklich anhaften. Die vielbetonte realiſtiſche Auf-
faſſung dieſer Statue iſt mehr ſcheinbar als wirklich.
Das Poſtament der Modell-Büſte erweiſt ſich, bei näherer
Betrachtung, als ein Schrein von weiß-lackirtem Holz; ein Schlüſ-
ſelchen öffnet die kaum bemerkbare Thür deſſelben. In dieſem ein-
fachen Schrein befindet ſich der Säbel des alten Zieten, nicht
jener Türkiſche, den ihm Friedrich II. nach dem zweiten Schleſi-
ſchen Kriege zum Geſchenk machte, ſondern ein gewöhnlicher Preu-
ßiſcher Huſaren-Säbel, wie ihn der alte Herr während des 7jährigen
Krieges trug. Er zog ihn während der ganzen Campagne
nur ein Mal, und dies eine Mal zu ſeiner perſönlichen Verthei-
digung. Am Tage vor der Schlacht von Torgau, alſo am 2. No-
vember 1760, als er in Begleitung einer einzigen Ordonnanz
recognosciren ritt, ſah er ſich plötzlich von ſechs Oeſterreichiſchen
Huſaren umſtellt. Er hieb ſich, im buchſtäblichen Sinne, durch
und ſteckte den blutigen Säbel ruhig wieder in die Scheide. Er
ſprach nie von dieſer Affaire. Die Blutflecke, ein rothbrauner Roſt,
ſind noch deutlich auf der Klinge ſichtbar.
Kaum minder intereſſant, als dieſer nur einmal gezogene
Helden-Säbel, ſind die 16 Lebensgroßen Bildniſſe, die ringsum
die Wände bedecken. Es ſind die Portraits von 16 Offizieren des
Zieten’ſchen Regiments, alle 1749, 1750 und 1751 gemalt. Die
Namen der Offiziere ſind folgende: die Rittmeiſter Langen, v. Teiffel,
v. Somogy, Calau v. Hofen, v. Horn, v. Seel, v. Wieck, v. Probſt,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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