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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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angegeben. Noch hundert Schritte, und es lichtet sich der Wald:
ein Sumpf- und Wiesenplan liegt vor uns, dessen Anblick uns
an die Stelle bannt, an der wir stehen. Tannen und Eichen um-
zirken einen Platz, in dessen Mitte, halb Teich, halb See, ein
tiefstilles Wasser ruht, während im Hintergrunde eine Bergwand
steil aufsteigt, in deren sonnenbeschienenem Tannengrün das Gelb
der Birken in hundert Schattirungen schimmert.

Der See unmittelbar vor uns heißt der "Teufelssee." Er
hat den unheimlichen Charakter aller jener stillen Wasser, die sich
an Bergabhängen ablagern und ein Stück Moorland als Unter-
grund haben. Die Oberfläche ist kaum gekräuselt, das Wasser
leuchtend-schwarz, große braunrothe Nymphäenblätter ziehen ihren
Kreis am Ufer entlang und hellgrünes, verwaschenes Sternmoos
überzieht den breiten Sumpfgürtel, der den Zugang zum See zu
verwehren scheint. Er will ungestört sein in seiner Stille und
nichts aufnehmen, als das Schattenbild, das die dunkle Wand
der Müggelsberge auf seinen Spiegel wirft. Der Teufelssee hat
auch seine Sage, von einem untergegangenen Schloß und einer
Prinzessin, die in der Johannisnacht aufsteigt, an's Ufer kommt
und die gelben Teichrosen des See's an den Saum ihres schwar-
zen Kleides steckt. Die Kuhjungen aus Müggelsheim, die hier
herum ihre Heerden durch Wald und Sumpf treiben, haben das
Alles mehr denn einmal gesehen und das Rauschen ihres Seiden-
kleides gehört; wir aber, die wir die Johannisnacht versäumt ha-
ben und erst um die Mitte Oktober in diese Gegenden kommen,
müssen froh sein, den drei harkenden Frauen begegnet zu sein, die
so trefflich zur Herbstlandschaft stimmten und spukhaft genug wald-
einwärts zeigten.

Hinter dem Teufelssee erheben sich die Müggelsberge, eine
steile Wand. Wir verschmähen den bequemen Weg, der sich hin-
aufschlängelt, und nehmen den Berg auf geradestem Wege, wie im
Sturm. Oft zurückgleitend, wo die abgefallenen Kiennadeln am
dichtesten liegen, und im Zurückgleiten eine junge Tanne fassend,
um wieder Halt zu gewinnen, so dringen wir muthig vor, jede

angegeben. Noch hundert Schritte, und es lichtet ſich der Wald:
ein Sumpf- und Wieſenplan liegt vor uns, deſſen Anblick uns
an die Stelle bannt, an der wir ſtehen. Tannen und Eichen um-
zirken einen Platz, in deſſen Mitte, halb Teich, halb See, ein
tiefſtilles Waſſer ruht, während im Hintergrunde eine Bergwand
ſteil aufſteigt, in deren ſonnenbeſchienenem Tannengrün das Gelb
der Birken in hundert Schattirungen ſchimmert.

Der See unmittelbar vor uns heißt der „Teufelsſee.“ Er
hat den unheimlichen Charakter aller jener ſtillen Waſſer, die ſich
an Bergabhängen ablagern und ein Stück Moorland als Unter-
grund haben. Die Oberfläche iſt kaum gekräuſelt, das Waſſer
leuchtend-ſchwarz, große braunrothe Nymphäenblätter ziehen ihren
Kreis am Ufer entlang und hellgrünes, verwaſchenes Sternmoos
überzieht den breiten Sumpfgürtel, der den Zugang zum See zu
verwehren ſcheint. Er will ungeſtört ſein in ſeiner Stille und
nichts aufnehmen, als das Schattenbild, das die dunkle Wand
der Müggelsberge auf ſeinen Spiegel wirft. Der Teufelsſee hat
auch ſeine Sage, von einem untergegangenen Schloß und einer
Prinzeſſin, die in der Johannisnacht aufſteigt, an’s Ufer kommt
und die gelben Teichroſen des See’s an den Saum ihres ſchwar-
zen Kleides ſteckt. Die Kuhjungen aus Müggelsheim, die hier
herum ihre Heerden durch Wald und Sumpf treiben, haben das
Alles mehr denn einmal geſehen und das Rauſchen ihres Seiden-
kleides gehört; wir aber, die wir die Johannisnacht verſäumt ha-
ben und erſt um die Mitte Oktober in dieſe Gegenden kommen,
müſſen froh ſein, den drei harkenden Frauen begegnet zu ſein, die
ſo trefflich zur Herbſtlandſchaft ſtimmten und ſpukhaft genug wald-
einwärts zeigten.

Hinter dem Teufelsſee erheben ſich die Müggelsberge, eine
ſteile Wand. Wir verſchmähen den bequemen Weg, der ſich hin-
aufſchlängelt, und nehmen den Berg auf geradeſtem Wege, wie im
Sturm. Oft zurückgleitend, wo die abgefallenen Kiennadeln am
dichteſten liegen, und im Zurückgleiten eine junge Tanne faſſend,
um wieder Halt zu gewinnen, ſo dringen wir muthig vor, jede

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[367/0385] angegeben. Noch hundert Schritte, und es lichtet ſich der Wald: ein Sumpf- und Wieſenplan liegt vor uns, deſſen Anblick uns an die Stelle bannt, an der wir ſtehen. Tannen und Eichen um- zirken einen Platz, in deſſen Mitte, halb Teich, halb See, ein tiefſtilles Waſſer ruht, während im Hintergrunde eine Bergwand ſteil aufſteigt, in deren ſonnenbeſchienenem Tannengrün das Gelb der Birken in hundert Schattirungen ſchimmert. Der See unmittelbar vor uns heißt der „Teufelsſee.“ Er hat den unheimlichen Charakter aller jener ſtillen Waſſer, die ſich an Bergabhängen ablagern und ein Stück Moorland als Unter- grund haben. Die Oberfläche iſt kaum gekräuſelt, das Waſſer leuchtend-ſchwarz, große braunrothe Nymphäenblätter ziehen ihren Kreis am Ufer entlang und hellgrünes, verwaſchenes Sternmoos überzieht den breiten Sumpfgürtel, der den Zugang zum See zu verwehren ſcheint. Er will ungeſtört ſein in ſeiner Stille und nichts aufnehmen, als das Schattenbild, das die dunkle Wand der Müggelsberge auf ſeinen Spiegel wirft. Der Teufelsſee hat auch ſeine Sage, von einem untergegangenen Schloß und einer Prinzeſſin, die in der Johannisnacht aufſteigt, an’s Ufer kommt und die gelben Teichroſen des See’s an den Saum ihres ſchwar- zen Kleides ſteckt. Die Kuhjungen aus Müggelsheim, die hier herum ihre Heerden durch Wald und Sumpf treiben, haben das Alles mehr denn einmal geſehen und das Rauſchen ihres Seiden- kleides gehört; wir aber, die wir die Johannisnacht verſäumt ha- ben und erſt um die Mitte Oktober in dieſe Gegenden kommen, müſſen froh ſein, den drei harkenden Frauen begegnet zu ſein, die ſo trefflich zur Herbſtlandſchaft ſtimmten und ſpukhaft genug wald- einwärts zeigten. Hinter dem Teufelsſee erheben ſich die Müggelsberge, eine ſteile Wand. Wir verſchmähen den bequemen Weg, der ſich hin- aufſchlängelt, und nehmen den Berg auf geradeſtem Wege, wie im Sturm. Oft zurückgleitend, wo die abgefallenen Kiennadeln am dichteſten liegen, und im Zurückgleiten eine junge Tanne faſſend, um wieder Halt zu gewinnen, ſo dringen wir muthig vor, jede

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/385>, abgerufen am 25.11.2024.