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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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und quälte ihn zuletzt bis zum Unerträglichen. Er wollte die Wolke
sich nicht entladen sehen, die über Preußen stand, und -- er-
schoß sich, in bloßer Vorahnung dessen, was kommen würde, nach-
dem er zuvor die Angelegenheiten seines Hauses mit philosophischer
Ruhe geordnet hatte.



Von den Gröbens kam das Gut an die Knesebecks; sie
besitzen es noch. Der erste von ihnen, der sich hier heimisch ein-
richtete, war Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Knesebeck,
Halbbruder des Feldmarschalls. Von diesem Friedrich Wilhelm
Ludwig von dem Knesebeck gedenk' ich zu erzählen. Sein Leben
erscheint zwar als eine bloße Skizze neben dem farbenreichen Bilde
seines berühmten Bruders; aber es bedarf keines langen Su-
chens und Forschens, um wahrzunehmen, daß beide Brüder Zweige
desselben Stammes waren. Sie wirkten in verschiedenen Kreisen:
der eine in der beschränkten Sphäre einer kleinen Stadt, der an-
dere in dem weitgezogenen Kreise des staatlichen Lebens; aber der
Pulsschlag beider, das Agens war dasselbe, und wie verschieden
sich ihr Leben gestaltete, an Mannesmuth und adliger Gesinnung,
an Vaterlandsliebe, Gemeinsinn und Opferfreudigkeit standen sich
Beide gleich. Beide -- märkische Edelleute von Kopf bis zu Fuß,
aber der ältere Bruder gesellte hohe Gaben des Geistes zur Kraft
und Stärke des Charakters: das schuf einen Unterschied zwischen
Beiden. Der kühne Kopf, der den Gedanken gebären konnte: den
unbesiegbaren Imperator durch die bloße Macht des Raumes, d.
h. durch Rußland zu vernichten, stand so hoch, daß er die Neben-
buhlerschaft eines andern Geistes nicht leicht zu fürchten hatte.
Die Talente waren verschieden, aber die Charaktere
waren gleich
.

Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Knesebeck wurde am 29.
März 1775 zu Carwe geboren. Er trat als Lieutenant in das
zu Ruppin garnisonirende Regiment Prinz Ferdinand ein und
machte als solcher die Rhein-Campagne mit. Ein Duell und eine

und quälte ihn zuletzt bis zum Unerträglichen. Er wollte die Wolke
ſich nicht entladen ſehen, die über Preußen ſtand, und — er-
ſchoß ſich, in bloßer Vorahnung deſſen, was kommen würde, nach-
dem er zuvor die Angelegenheiten ſeines Hauſes mit philoſophiſcher
Ruhe geordnet hatte.



Von den Gröbens kam das Gut an die Kneſebecks; ſie
beſitzen es noch. Der erſte von ihnen, der ſich hier heimiſch ein-
richtete, war Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Kneſebeck,
Halbbruder des Feldmarſchalls. Von dieſem Friedrich Wilhelm
Ludwig von dem Kneſebeck gedenk’ ich zu erzählen. Sein Leben
erſcheint zwar als eine bloße Skizze neben dem farbenreichen Bilde
ſeines berühmten Bruders; aber es bedarf keines langen Su-
chens und Forſchens, um wahrzunehmen, daß beide Brüder Zweige
deſſelben Stammes waren. Sie wirkten in verſchiedenen Kreiſen:
der eine in der beſchränkten Sphäre einer kleinen Stadt, der an-
dere in dem weitgezogenen Kreiſe des ſtaatlichen Lebens; aber der
Pulsſchlag beider, das Agens war daſſelbe, und wie verſchieden
ſich ihr Leben geſtaltete, an Mannesmuth und adliger Geſinnung,
an Vaterlandsliebe, Gemeinſinn und Opferfreudigkeit ſtanden ſich
Beide gleich. Beide — märkiſche Edelleute von Kopf bis zu Fuß,
aber der ältere Bruder geſellte hohe Gaben des Geiſtes zur Kraft
und Stärke des Charakters: das ſchuf einen Unterſchied zwiſchen
Beiden. Der kühne Kopf, der den Gedanken gebären konnte: den
unbeſiegbaren Imperator durch die bloße Macht des Raumes, d.
h. durch Rußland zu vernichten, ſtand ſo hoch, daß er die Neben-
buhlerſchaft eines andern Geiſtes nicht leicht zu fürchten hatte.
Die Talente waren verſchieden, aber die Charaktere
waren gleich
.

Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Kneſebeck wurde am 29.
März 1775 zu Carwe geboren. Er trat als Lieutenant in das
zu Ruppin garniſonirende Regiment Prinz Ferdinand ein und
machte als ſolcher die Rhein-Campagne mit. Ein Duell und eine

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[406/0424] und quälte ihn zuletzt bis zum Unerträglichen. Er wollte die Wolke ſich nicht entladen ſehen, die über Preußen ſtand, und — er- ſchoß ſich, in bloßer Vorahnung deſſen, was kommen würde, nach- dem er zuvor die Angelegenheiten ſeines Hauſes mit philoſophiſcher Ruhe geordnet hatte. Von den Gröbens kam das Gut an die Kneſebecks; ſie beſitzen es noch. Der erſte von ihnen, der ſich hier heimiſch ein- richtete, war Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Kneſebeck, Halbbruder des Feldmarſchalls. Von dieſem Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Kneſebeck gedenk’ ich zu erzählen. Sein Leben erſcheint zwar als eine bloße Skizze neben dem farbenreichen Bilde ſeines berühmten Bruders; aber es bedarf keines langen Su- chens und Forſchens, um wahrzunehmen, daß beide Brüder Zweige deſſelben Stammes waren. Sie wirkten in verſchiedenen Kreiſen: der eine in der beſchränkten Sphäre einer kleinen Stadt, der an- dere in dem weitgezogenen Kreiſe des ſtaatlichen Lebens; aber der Pulsſchlag beider, das Agens war daſſelbe, und wie verſchieden ſich ihr Leben geſtaltete, an Mannesmuth und adliger Geſinnung, an Vaterlandsliebe, Gemeinſinn und Opferfreudigkeit ſtanden ſich Beide gleich. Beide — märkiſche Edelleute von Kopf bis zu Fuß, aber der ältere Bruder geſellte hohe Gaben des Geiſtes zur Kraft und Stärke des Charakters: das ſchuf einen Unterſchied zwiſchen Beiden. Der kühne Kopf, der den Gedanken gebären konnte: den unbeſiegbaren Imperator durch die bloße Macht des Raumes, d. h. durch Rußland zu vernichten, ſtand ſo hoch, daß er die Neben- buhlerſchaft eines andern Geiſtes nicht leicht zu fürchten hatte. Die Talente waren verſchieden, aber die Charaktere waren gleich. Friedrich Wilhelm Ludwig von dem Kneſebeck wurde am 29. März 1775 zu Carwe geboren. Er trat als Lieutenant in das zu Ruppin garniſonirende Regiment Prinz Ferdinand ein und machte als ſolcher die Rhein-Campagne mit. Ein Duell und eine

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/424>, abgerufen am 23.11.2024.