Hauptmann Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im Hause Knesebeck's eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger Weise die Beziehungen zwischen diesem und dem General zu för- dern wußte. Die Mußestunden, die der Dienst gönnte, wurden verplaudert; man verweilte gern bei den Scenen früherer Feldzüge und fühlte sich doppelt zu einander hingezogen, als sich bei diesen Plaudereien herausstellte, daß sich Beide während der Rhein-Cam- pagne gegenüber gestanden und auf der Mainzer Schanze Kugeln mit einander gewechselt hatten.
Inzwischen wüthete der Krieg in Spanien fort; die Capi- tulation von Baylen war eingetreten und Knesebeck wurde zu Vilatte beschieden, um die Angelegenheiten des Tages, die neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplatz, mit ihm durchzusprechen. Vilatte träumte von einem nahen Frieden, sprach mit Eifer von dem bal- digen Abmarsch der französischen Truppen und knüpfte daran eine Einladung an Knesebeck, ihn auf seinem "chateau" in der Um- gegend von Nancy zu besuchen. Knesebeck erwiederte: "General, Sie werden uns bald verlassen, aber nicht um in die Heimath zu ziehen; der Frieden ist ferner denn je." -- "Sie irren, Knesebeck; unsere Affairen in Spanien stehen gut; der Krieg geht auf die Neige." -- "Ich bezweifle es, General; darf ich mich offen zu Ihnen aussprechen?" -- "Eh bien parlez!" -- "General, man hintergeht Sie; die Bulletins Ihres Kaisers sind Täuschungen; es geht nicht gut; General Dupont hat bei Baylen capitulirt, 17,000 Franzosen sind kriegsgefangen." -- "Sind sie dessen so sicher?" -- "Ganz sicher." -- "Eh bien, nous verrons! in 8 Tagen sprechen wir weiter davon." Die 8 Tage verstrichen und brachten die einfache Bestätigung der Capitulation. Vilatte gerieth in die höchste Aufregung, ließ Knesebeck zu sich entbieten, schüttete ihm sein Herz aus über die endlosen Kriege, wiederholte aber dennoch seine Einladung. Beide Männer waren bewegt. Kne- sebeck antwortete endlich: "Ich nehme Ihre Einladung an, General, ich werde kommen; aber wenn wir uns wiedersehn, wird es in großer Gesellschaft sein."
Hauptmann Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im Hauſe Kneſebeck’s eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger Weiſe die Beziehungen zwiſchen dieſem und dem General zu för- dern wußte. Die Mußeſtunden, die der Dienſt gönnte, wurden verplaudert; man verweilte gern bei den Scenen früherer Feldzüge und fühlte ſich doppelt zu einander hingezogen, als ſich bei dieſen Plaudereien herausſtellte, daß ſich Beide während der Rhein-Cam- pagne gegenüber geſtanden und auf der Mainzer Schanze Kugeln mit einander gewechſelt hatten.
Inzwiſchen wüthete der Krieg in Spanien fort; die Capi- tulation von Baylen war eingetreten und Kneſebeck wurde zu Vilatte beſchieden, um die Angelegenheiten des Tages, die neueſten Nachrichten vom Kriegsſchauplatz, mit ihm durchzuſprechen. Vilatte träumte von einem nahen Frieden, ſprach mit Eifer von dem bal- digen Abmarſch der franzöſiſchen Truppen und knüpfte daran eine Einladung an Kneſebeck, ihn auf ſeinem „chateau“ in der Um- gegend von Nancy zu beſuchen. Kneſebeck erwiederte: „General, Sie werden uns bald verlaſſen, aber nicht um in die Heimath zu ziehen; der Frieden iſt ferner denn je.“ — „Sie irren, Kneſebeck; unſere Affairen in Spanien ſtehen gut; der Krieg geht auf die Neige.“ — „Ich bezweifle es, General; darf ich mich offen zu Ihnen ausſprechen?“ — „Eh bien parlez!“ — „General, man hintergeht Sie; die Bulletins Ihres Kaiſers ſind Täuſchungen; es geht nicht gut; General Dupont hat bei Baylen capitulirt, 17,000 Franzoſen ſind kriegsgefangen.“ — „Sind ſie deſſen ſo ſicher?“ — „Ganz ſicher.“ — „Eh bien, nous verrons! in 8 Tagen ſprechen wir weiter davon.“ Die 8 Tage verſtrichen und brachten die einfache Beſtätigung der Capitulation. Vilatte gerieth in die höchſte Aufregung, ließ Kneſebeck zu ſich entbieten, ſchüttete ihm ſein Herz aus über die endloſen Kriege, wiederholte aber dennoch ſeine Einladung. Beide Männer waren bewegt. Kne- ſebeck antwortete endlich: „Ich nehme Ihre Einladung an, General, ich werde kommen; aber wenn wir uns wiederſehn, wird es in großer Geſellſchaft ſein.“
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Hauptmann Denoyer, einem Kreolen von Martinique, der im
Hauſe Kneſebeck’s eine Wohnung bezog und in liebenswürdiger
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dern wußte. Die Mußeſtunden, die der Dienſt gönnte, wurden
verplaudert; man verweilte gern bei den Scenen früherer Feldzüge
und fühlte ſich doppelt zu einander hingezogen, als ſich bei dieſen
Plaudereien herausſtellte, daß ſich Beide während der Rhein-Cam-
pagne gegenüber geſtanden und auf der Mainzer Schanze Kugeln
mit einander gewechſelt hatten.
Inzwiſchen wüthete der Krieg in Spanien fort; die Capi-
tulation von Baylen war eingetreten und Kneſebeck wurde zu
Vilatte beſchieden, um die Angelegenheiten des Tages, die neueſten
Nachrichten vom Kriegsſchauplatz, mit ihm durchzuſprechen. Vilatte
träumte von einem nahen Frieden, ſprach mit Eifer von dem bal-
digen Abmarſch der franzöſiſchen Truppen und knüpfte daran eine
Einladung an Kneſebeck, ihn auf ſeinem „chateau“ in der Um-
gegend von Nancy zu beſuchen. Kneſebeck erwiederte: „General,
Sie werden uns bald verlaſſen, aber nicht um in die Heimath zu
ziehen; der Frieden iſt ferner denn je.“ — „Sie irren, Kneſebeck;
unſere Affairen in Spanien ſtehen gut; der Krieg geht auf die
Neige.“ — „Ich bezweifle es, General; darf ich mich offen zu
Ihnen ausſprechen?“ — „Eh bien parlez!“ — „General, man
hintergeht Sie; die Bulletins Ihres Kaiſers ſind Täuſchungen;
es geht nicht gut; General Dupont hat bei Baylen capitulirt,
17,000 Franzoſen ſind kriegsgefangen.“ — „Sind ſie deſſen ſo
ſicher?“ — „Ganz ſicher.“ — „Eh bien, nous verrons! in 8
Tagen ſprechen wir weiter davon.“ Die 8 Tage verſtrichen und
brachten die einfache Beſtätigung der Capitulation. Vilatte gerieth
in die höchſte Aufregung, ließ Kneſebeck zu ſich entbieten, ſchüttete
ihm ſein Herz aus über die endloſen Kriege, wiederholte aber
dennoch ſeine Einladung. Beide Männer waren bewegt. Kne-
ſebeck antwortete endlich: „Ich nehme Ihre Einladung an, General,
ich werde kommen; aber wenn wir uns wiederſehn, wird
es in großer Geſellſchaft ſein.“
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/428>, abgerufen am 23.11.2024.
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