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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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il n'y a rien a lui reprocher." Knesebeck erkannte jetzt in dem
Sprecher denselben französischen Offizier, den er der Volkswuth
entrissen hatte. Es war Napoleon's Oberstallmeister, Caulaincourt
Herzog von Vicenza. Caulaincourt hatte keine Ahnung davon ge-
habt, daß dieselbe Orts-Autorität, die er an dem Vorfall Schuld
glaubte, und deren Verfolgung er in Berlin (bei Savary) bean-
tragt hatte, genau derselbe Mann war, dessen rechtzeitigem Ein-
schreiten er seine Rettung verdankte. Die Sache wurde beigelegt,
auf Bestrafung der Schuldigen nicht weiter gedrungen und Knese-
beck mit den verbindlichsten Worten entlassen.

Einquartierungen und Truppen-Durchmärsche dauerten fort.
Wohl kam Frieden, aber er hatte nicht die ersehnte Folge, daß
die Franzosen die Mark verließen; sie wurden nur innerhalb
derselben dislocirt. Um diese Dislocirungen für die Grafschaft Rup-
pin einzuleiten, wurde Knesebeck im August 1807 nach Liebenwalde
geschickt, wo sich damals die Division Vilatte befand. Nachdem er
die nöthigen Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringen-
den Truppen erhalten und dem General Vilatte die vollständigste
Auskunft über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, for-
derte der Commandirende ihn auf, die Vorbereitungen zu dem
nahe bevorstehenden Napoleonstage (15. August) zu treffen. Knese-
beck that wie befohlen. Als er andern Tages meldete, daß Alles
angeordnet sei, lud ihn Vilatte ein, in Liebenwalde zu bleiben und
an der Feier theilzunehmen. "General", erwiederte Knesebeck, "Sie
haben zu befehlen; wenn ich bleiben muß, so werde ich bleiben;
aber kein preußischer Offizier wird sich aus freien Stücken dazu
entschließen, bei solchem Feste zugegen zu sein." Ein prüfender
Blick traf den Sprecher; dann trat Vilatte an ihn heran und
schüttelte ihm herzlich die Hand.

Später in Ruppin selbst, wohin, als nach einer größeren
Stadt, das Hauptquartier alsbald verlegt wurde, entspann sich ein
immer freundlicheres Verhältniß zwischen Knesebeck und dem fran-
zösischen General. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von
ritterlichem Sinn. Dasselbe galt von seinem Adjutanten, dem

il n’y a rien à lui reprocher.“ Kneſebeck erkannte jetzt in dem
Sprecher denſelben franzöſiſchen Offizier, den er der Volkswuth
entriſſen hatte. Es war Napoleon’s Oberſtallmeiſter, Caulaincourt
Herzog von Vicenza. Caulaincourt hatte keine Ahnung davon ge-
habt, daß dieſelbe Orts-Autorität, die er an dem Vorfall Schuld
glaubte, und deren Verfolgung er in Berlin (bei Savary) bean-
tragt hatte, genau derſelbe Mann war, deſſen rechtzeitigem Ein-
ſchreiten er ſeine Rettung verdankte. Die Sache wurde beigelegt,
auf Beſtrafung der Schuldigen nicht weiter gedrungen und Kneſe-
beck mit den verbindlichſten Worten entlaſſen.

Einquartierungen und Truppen-Durchmärſche dauerten fort.
Wohl kam Frieden, aber er hatte nicht die erſehnte Folge, daß
die Franzoſen die Mark verließen; ſie wurden nur innerhalb
derſelben dislocirt. Um dieſe Dislocirungen für die Grafſchaft Rup-
pin einzuleiten, wurde Kneſebeck im Auguſt 1807 nach Liebenwalde
geſchickt, wo ſich damals die Diviſion Vilatte befand. Nachdem er
die nöthigen Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringen-
den Truppen erhalten und dem General Vilatte die vollſtändigſte
Auskunft über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, for-
derte der Commandirende ihn auf, die Vorbereitungen zu dem
nahe bevorſtehenden Napoleonstage (15. Auguſt) zu treffen. Kneſe-
beck that wie befohlen. Als er andern Tages meldete, daß Alles
angeordnet ſei, lud ihn Vilatte ein, in Liebenwalde zu bleiben und
an der Feier theilzunehmen. „General“, erwiederte Kneſebeck, „Sie
haben zu befehlen; wenn ich bleiben muß, ſo werde ich bleiben;
aber kein preußiſcher Offizier wird ſich aus freien Stücken dazu
entſchließen, bei ſolchem Feſte zugegen zu ſein.“ Ein prüfender
Blick traf den Sprecher; dann trat Vilatte an ihn heran und
ſchüttelte ihm herzlich die Hand.

Später in Ruppin ſelbſt, wohin, als nach einer größeren
Stadt, das Hauptquartier alsbald verlegt wurde, entſpann ſich ein
immer freundlicheres Verhältniß zwiſchen Kneſebeck und dem fran-
zöſiſchen General. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von
ritterlichem Sinn. Daſſelbe galt von ſeinem Adjutanten, dem

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[409/0427] il n’y a rien à lui reprocher.“ Kneſebeck erkannte jetzt in dem Sprecher denſelben franzöſiſchen Offizier, den er der Volkswuth entriſſen hatte. Es war Napoleon’s Oberſtallmeiſter, Caulaincourt Herzog von Vicenza. Caulaincourt hatte keine Ahnung davon ge- habt, daß dieſelbe Orts-Autorität, die er an dem Vorfall Schuld glaubte, und deren Verfolgung er in Berlin (bei Savary) bean- tragt hatte, genau derſelbe Mann war, deſſen rechtzeitigem Ein- ſchreiten er ſeine Rettung verdankte. Die Sache wurde beigelegt, auf Beſtrafung der Schuldigen nicht weiter gedrungen und Kneſe- beck mit den verbindlichſten Worten entlaſſen. Einquartierungen und Truppen-Durchmärſche dauerten fort. Wohl kam Frieden, aber er hatte nicht die erſehnte Folge, daß die Franzoſen die Mark verließen; ſie wurden nur innerhalb derſelben dislocirt. Um dieſe Dislocirungen für die Grafſchaft Rup- pin einzuleiten, wurde Kneſebeck im Auguſt 1807 nach Liebenwalde geſchickt, wo ſich damals die Diviſion Vilatte befand. Nachdem er die nöthigen Notizen über Zahl und Gattung der unterzubringen- den Truppen erhalten und dem General Vilatte die vollſtändigſte Auskunft über die vorzunehmende Dislocation ertheilt hatte, for- derte der Commandirende ihn auf, die Vorbereitungen zu dem nahe bevorſtehenden Napoleonstage (15. Auguſt) zu treffen. Kneſe- beck that wie befohlen. Als er andern Tages meldete, daß Alles angeordnet ſei, lud ihn Vilatte ein, in Liebenwalde zu bleiben und an der Feier theilzunehmen. „General“, erwiederte Kneſebeck, „Sie haben zu befehlen; wenn ich bleiben muß, ſo werde ich bleiben; aber kein preußiſcher Offizier wird ſich aus freien Stücken dazu entſchließen, bei ſolchem Feſte zugegen zu ſein.“ Ein prüfender Blick traf den Sprecher; dann trat Vilatte an ihn heran und ſchüttelte ihm herzlich die Hand. Später in Ruppin ſelbſt, wohin, als nach einer größeren Stadt, das Hauptquartier alsbald verlegt wurde, entſpann ſich ein immer freundlicheres Verhältniß zwiſchen Kneſebeck und dem fran- zöſiſchen General. Vilatte war ein Ehrenmann, ein Soldat von ritterlichem Sinn. Daſſelbe galt von ſeinem Adjutanten, dem

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/427>, abgerufen am 23.11.2024.