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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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leiser Architekturandeutung versehenen Fläche hinter der Hauptfigur stehen
in deutscher Sprache die Verse Hesek. 37, 3--6 und Hiob 19, 25. Ueber
dem Sims eine gleichsam zum Giebel sich gestaltende Gruppe: inmitten
das einfache Sparr'sche Wappen von Mars und Minerva ("Tapferkeit
und Standhaftigkeit" wie König sagt) gehalten, zu deren Seiten je zwei
an Geschützen gefesselte sitzende Figuren. Dahinter eine Anzahl Fahnen.

Das Ganze, im Uebergang vom Renaissance zum Baroquestil, trägt
zwar in der freilich gebotenen, herkömmlichen Anordnung die Manier oder
den Charakter der Zeit, ist dagegen in der individuellen Ausführung höchst
verdienstlich. Ist gleich ein geharnischter Mann der möglichst ungünstige
Gegenstand für Sculptur; so sind doch Kopf und Hände der knienden
Hauptfigur vortrefflich modellirt, überhaupt, soweit irgend thunlich im
Ganzen, wie in den Theilen, zumal den Nebenfiguren, eine Richtung auf
das künstlerisch modificirte Reale, die künstlerisch veredelte Natur unver-
kennbar. Es ist etwas von dem kräftigen Geist Schlüters, verbunden mit
einem leisen Hauch der Manier der französischen Bildhauer des vorigen
Jahrhunderts.

Zwei Fragen sind immer noch unerledigt: wen stellt dies Grabmal
dar? und wer hat es gemacht?

Zuerst also: wen stellt es dar? Es kann nur die Wahl sein zwi-
schen dem Feldmarschall Otto Christof oder dem Gr. Ernst Georg. Für
jenen spricht das Herkommen auf dergleichen Denkmalen den Stifter
darzustellen; für diesen, daß er der Erste zur Gruft hinabstieg. Daß im
letzten Fall nicht das Wappen der ältern Grafenlinie, sondern das ein-
fache Sparr'sche das Grabmal krönt, dürfte nicht irren: es ollte eben eine
Gesammtliniengruft werden. Allein, wofern sonst die vorhandenen Por-
traits Otto Christofs und Ernst Georgs ähnlich, so ähnelt der kniende
Fürbitter von Marmor eben keinem von ihnen -- obwohl es freilich
immer mißlich, ein gemalt Portrait und eine Büste zu vergleichen. Soll
aber durchaus eine Aehnlichkeit da sein, so ist sie freilich eher noch mit
dem Portrait Ernst Georgs, als mit dem Otto Christofs vorhanden, und
so hat denn auch König entschieden. Dagegen kann eine genaue Ver-
gleichung des auch als Kupferstecherarbeit nicht üblen Portraits Otto
Christofs auf der 527. Seite des 1663, also noch bei seinen Lebzeiten er-
schienenen Theil VI. des Theatr. Europ. mit dem Kopfe des Denkmals
an der Identität beider kaum einen Zweifel belassen. Ueberdies ist durch-
aus unwahrscheinlich, daß das Monument in dem kurzen Zeitraum vom
September 1666 (wo Graf Ernst Georg starb) bis in den Anfang 1668, also
binnen Eines Jahres hergestellt worden sei, andrer Inconvenienzen nicht zu
gedenken, und das müßte es doch sein, wenn es den Gr. Ernst Georg vor-
stellen sollte, dem eben nur sein Vorantritt im Tode und zur Gruft solches
Anrecht erworben haben könnte. Dazu kommt die ganze Anlage des Eingangs
zur Gruft, die entschieden von vornherein auf das hochragende Monument be-

leiſer Architekturandeutung verſehenen Fläche hinter der Hauptfigur ſtehen
in deutſcher Sprache die Verſe Heſek. 37, 3—6 und Hiob 19, 25. Ueber
dem Sims eine gleichſam zum Giebel ſich geſtaltende Gruppe: inmitten
das einfache Sparr’ſche Wappen von Mars und Minerva („Tapferkeit
und Standhaftigkeit“ wie König ſagt) gehalten, zu deren Seiten je zwei
an Geſchützen gefeſſelte ſitzende Figuren. Dahinter eine Anzahl Fahnen.

Das Ganze, im Uebergang vom Renaiſſance zum Baroqueſtil, trägt
zwar in der freilich gebotenen, herkömmlichen Anordnung die Manier oder
den Charakter der Zeit, iſt dagegen in der individuellen Ausführung höchſt
verdienſtlich. Iſt gleich ein geharniſchter Mann der möglichſt ungünſtige
Gegenſtand für Sculptur; ſo ſind doch Kopf und Hände der knienden
Hauptfigur vortrefflich modellirt, überhaupt, ſoweit irgend thunlich im
Ganzen, wie in den Theilen, zumal den Nebenfiguren, eine Richtung auf
das künſtleriſch modificirte Reale, die künſtleriſch veredelte Natur unver-
kennbar. Es iſt etwas von dem kräftigen Geiſt Schlüters, verbunden mit
einem leiſen Hauch der Manier der franzöſiſchen Bildhauer des vorigen
Jahrhunderts.

Zwei Fragen ſind immer noch unerledigt: wen ſtellt dies Grabmal
dar? und wer hat es gemacht?

Zuerſt alſo: wen ſtellt es dar? Es kann nur die Wahl ſein zwi-
ſchen dem Feldmarſchall Otto Chriſtof oder dem Gr. Ernſt Georg. Für
jenen ſpricht das Herkommen auf dergleichen Denkmalen den Stifter
darzuſtellen; für dieſen, daß er der Erſte zur Gruft hinabſtieg. Daß im
letzten Fall nicht das Wappen der ältern Grafenlinie, ſondern das ein-
fache Sparr’ſche das Grabmal krönt, dürfte nicht irren: es ollte eben eine
Geſammtliniengruft werden. Allein, wofern ſonſt die vorhandenen Por-
traits Otto Chriſtofs und Ernſt Georgs ähnlich, ſo ähnelt der kniende
Fürbitter von Marmor eben keinem von ihnen — obwohl es freilich
immer mißlich, ein gemalt Portrait und eine Büſte zu vergleichen. Soll
aber durchaus eine Aehnlichkeit da ſein, ſo iſt ſie freilich eher noch mit
dem Portrait Ernſt Georgs, als mit dem Otto Chriſtofs vorhanden, und
ſo hat denn auch König entſchieden. Dagegen kann eine genaue Ver-
gleichung des auch als Kupferſtecherarbeit nicht üblen Portraits Otto
Chriſtofs auf der 527. Seite des 1663, alſo noch bei ſeinen Lebzeiten er-
ſchienenen Theil VI. des Theatr. Europ. mit dem Kopfe des Denkmals
an der Identität beider kaum einen Zweifel belaſſen. Ueberdies iſt durch-
aus unwahrſcheinlich, daß das Monument in dem kurzen Zeitraum vom
September 1666 (wo Graf Ernſt Georg ſtarb) bis in den Anfang 1668, alſo
binnen Eines Jahres hergeſtellt worden ſei, andrer Inconvenienzen nicht zu
gedenken, und das müßte es doch ſein, wenn es den Gr. Ernſt Georg vor-
ſtellen ſollte, dem eben nur ſein Vorantritt im Tode und zur Gruft ſolches
Anrecht erworben haben könnte. Dazu kommt die ganze Anlage des Eingangs
zur Gruft, die entſchieden von vornherein auf das hochragende Monument be-

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[462/0480] leiſer Architekturandeutung verſehenen Fläche hinter der Hauptfigur ſtehen in deutſcher Sprache die Verſe Heſek. 37, 3—6 und Hiob 19, 25. Ueber dem Sims eine gleichſam zum Giebel ſich geſtaltende Gruppe: inmitten das einfache Sparr’ſche Wappen von Mars und Minerva („Tapferkeit und Standhaftigkeit“ wie König ſagt) gehalten, zu deren Seiten je zwei an Geſchützen gefeſſelte ſitzende Figuren. Dahinter eine Anzahl Fahnen. Das Ganze, im Uebergang vom Renaiſſance zum Baroqueſtil, trägt zwar in der freilich gebotenen, herkömmlichen Anordnung die Manier oder den Charakter der Zeit, iſt dagegen in der individuellen Ausführung höchſt verdienſtlich. Iſt gleich ein geharniſchter Mann der möglichſt ungünſtige Gegenſtand für Sculptur; ſo ſind doch Kopf und Hände der knienden Hauptfigur vortrefflich modellirt, überhaupt, ſoweit irgend thunlich im Ganzen, wie in den Theilen, zumal den Nebenfiguren, eine Richtung auf das künſtleriſch modificirte Reale, die künſtleriſch veredelte Natur unver- kennbar. Es iſt etwas von dem kräftigen Geiſt Schlüters, verbunden mit einem leiſen Hauch der Manier der franzöſiſchen Bildhauer des vorigen Jahrhunderts. Zwei Fragen ſind immer noch unerledigt: wen ſtellt dies Grabmal dar? und wer hat es gemacht? Zuerſt alſo: wen ſtellt es dar? Es kann nur die Wahl ſein zwi- ſchen dem Feldmarſchall Otto Chriſtof oder dem Gr. Ernſt Georg. Für jenen ſpricht das Herkommen auf dergleichen Denkmalen den Stifter darzuſtellen; für dieſen, daß er der Erſte zur Gruft hinabſtieg. Daß im letzten Fall nicht das Wappen der ältern Grafenlinie, ſondern das ein- fache Sparr’ſche das Grabmal krönt, dürfte nicht irren: es ollte eben eine Geſammtliniengruft werden. Allein, wofern ſonſt die vorhandenen Por- traits Otto Chriſtofs und Ernſt Georgs ähnlich, ſo ähnelt der kniende Fürbitter von Marmor eben keinem von ihnen — obwohl es freilich immer mißlich, ein gemalt Portrait und eine Büſte zu vergleichen. Soll aber durchaus eine Aehnlichkeit da ſein, ſo iſt ſie freilich eher noch mit dem Portrait Ernſt Georgs, als mit dem Otto Chriſtofs vorhanden, und ſo hat denn auch König entſchieden. Dagegen kann eine genaue Ver- gleichung des auch als Kupferſtecherarbeit nicht üblen Portraits Otto Chriſtofs auf der 527. Seite des 1663, alſo noch bei ſeinen Lebzeiten er- ſchienenen Theil VI. des Theatr. Europ. mit dem Kopfe des Denkmals an der Identität beider kaum einen Zweifel belaſſen. Ueberdies iſt durch- aus unwahrſcheinlich, daß das Monument in dem kurzen Zeitraum vom September 1666 (wo Graf Ernſt Georg ſtarb) bis in den Anfang 1668, alſo binnen Eines Jahres hergeſtellt worden ſei, andrer Inconvenienzen nicht zu gedenken, und das müßte es doch ſein, wenn es den Gr. Ernſt Georg vor- ſtellen ſollte, dem eben nur ſein Vorantritt im Tode und zur Gruft ſolches Anrecht erworben haben könnte. Dazu kommt die ganze Anlage des Eingangs zur Gruft, die entſchieden von vornherein auf das hochragende Monument be-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/480>, abgerufen am 23.11.2024.