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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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halten können, und der Kurfürst selbst war es, der dem früh
herangereiften, trotz seiner Minderjährigkeit, die Verwaltung des
väterlichen Erbes anvertraute. War doch der Kurfürst selbst mit
15 Jahren zur Herrschaft über die Marken gelangt. Graf Wich-
mann nahm sogleich den Hans von Zieten zu Wildberg zu seinem
geschwornen Rath und ging 1521 im Gefolge des Kurfürsten auf
den wichtigen Reichstag zu Worms; aber der Stern des Hauses
stand im Niedergang und sein Erlöschen war nah. Zu dem
Schwinden von Hab und Gut, zu jeder äußeren Zerrüttung ge-
sellte sich, wie es scheint, ein geschwächter Körper, eine zerrüttete
Gesundheit. Wodurch zerrüttet, steht dahin. Der Graf war ein
Freund der Jagd und der Frauen, wenigstens erklärt sich nur
so die erste Strophe des alten Liedes, das ich, weiter unten, noch
mitzutheilen gedenke.

Auf der Jagd war es auch, wo ihn die tödtliche Krankheit
befiel. Verschiedene seiner Hofleute riethen zu einem Arzt, aber in
Neuen-Ruppin war keine ärztliche Hülfe zu beschaffen (die Städte
Ruppin, Wusterhausen und Gransee hatten seit 1466 einen
gemeinschaftlichen Bader), und einen Arzt von Berlin herbei zu
holen, dazu war man bereits zu arm. Das Fieber wuchs,
und um es zu bekämpfen (similia similibus), heizte man das
Zimmer des Kranken wie einen Backofen und gab ihm Meth und
Wein. Er starb schon nach einigen Stunden. Die alte Gräfin,
Anna Jakobine, (gest. 1526) die ihn, unbeschadet ihrer Herrsch-
sucht, von Herzen geliebt hatte, war untröstlich über den Tod des
Enkels, und die Mönche in Ruppin beklagten den Verlust in
folgendem Lied:

Der edle Herr Wichmann zog jagen aus,
Eine falsche Frau ließ er zu Haus
Mit ihren vergüldeten Ringen.
"Ach Kersten, lieber Jäger mein,
Mir ist von Herzen allzu weh,
Ich kann nicht länger reiten."

halten können, und der Kurfürſt ſelbſt war es, der dem früh
herangereiften, trotz ſeiner Minderjährigkeit, die Verwaltung des
väterlichen Erbes anvertraute. War doch der Kurfürſt ſelbſt mit
15 Jahren zur Herrſchaft über die Marken gelangt. Graf Wich-
mann nahm ſogleich den Hans von Zieten zu Wildberg zu ſeinem
geſchwornen Rath und ging 1521 im Gefolge des Kurfürſten auf
den wichtigen Reichstag zu Worms; aber der Stern des Hauſes
ſtand im Niedergang und ſein Erlöſchen war nah. Zu dem
Schwinden von Hab und Gut, zu jeder äußeren Zerrüttung ge-
ſellte ſich, wie es ſcheint, ein geſchwächter Körper, eine zerrüttete
Geſundheit. Wodurch zerrüttet, ſteht dahin. Der Graf war ein
Freund der Jagd und der Frauen, wenigſtens erklärt ſich nur
ſo die erſte Strophe des alten Liedes, das ich, weiter unten, noch
mitzutheilen gedenke.

Auf der Jagd war es auch, wo ihn die tödtliche Krankheit
befiel. Verſchiedene ſeiner Hofleute riethen zu einem Arzt, aber in
Neuen-Ruppin war keine ärztliche Hülfe zu beſchaffen (die Städte
Ruppin, Wuſterhauſen und Granſee hatten ſeit 1466 einen
gemeinſchaftlichen Bader), und einen Arzt von Berlin herbei zu
holen, dazu war man bereits zu arm. Das Fieber wuchs,
und um es zu bekämpfen (similia similibus), heizte man das
Zimmer des Kranken wie einen Backofen und gab ihm Meth und
Wein. Er ſtarb ſchon nach einigen Stunden. Die alte Gräfin,
Anna Jakobine, (geſt. 1526) die ihn, unbeſchadet ihrer Herrſch-
ſucht, von Herzen geliebt hatte, war untröſtlich über den Tod des
Enkels, und die Mönche in Ruppin beklagten den Verluſt in
folgendem Lied:

Der edle Herr Wichmann zog jagen aus,
Eine falſche Frau ließ er zu Haus
Mit ihren vergüldeten Ringen.
„Ach Kerſten, lieber Jäger mein,
Mir iſt von Herzen allzu weh,
Ich kann nicht länger reiten.“

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[37/0055] halten können, und der Kurfürſt ſelbſt war es, der dem früh herangereiften, trotz ſeiner Minderjährigkeit, die Verwaltung des väterlichen Erbes anvertraute. War doch der Kurfürſt ſelbſt mit 15 Jahren zur Herrſchaft über die Marken gelangt. Graf Wich- mann nahm ſogleich den Hans von Zieten zu Wildberg zu ſeinem geſchwornen Rath und ging 1521 im Gefolge des Kurfürſten auf den wichtigen Reichstag zu Worms; aber der Stern des Hauſes ſtand im Niedergang und ſein Erlöſchen war nah. Zu dem Schwinden von Hab und Gut, zu jeder äußeren Zerrüttung ge- ſellte ſich, wie es ſcheint, ein geſchwächter Körper, eine zerrüttete Geſundheit. Wodurch zerrüttet, ſteht dahin. Der Graf war ein Freund der Jagd und der Frauen, wenigſtens erklärt ſich nur ſo die erſte Strophe des alten Liedes, das ich, weiter unten, noch mitzutheilen gedenke. Auf der Jagd war es auch, wo ihn die tödtliche Krankheit befiel. Verſchiedene ſeiner Hofleute riethen zu einem Arzt, aber in Neuen-Ruppin war keine ärztliche Hülfe zu beſchaffen (die Städte Ruppin, Wuſterhauſen und Granſee hatten ſeit 1466 einen gemeinſchaftlichen Bader), und einen Arzt von Berlin herbei zu holen, dazu war man bereits zu arm. Das Fieber wuchs, und um es zu bekämpfen (similia similibus), heizte man das Zimmer des Kranken wie einen Backofen und gab ihm Meth und Wein. Er ſtarb ſchon nach einigen Stunden. Die alte Gräfin, Anna Jakobine, (geſt. 1526) die ihn, unbeſchadet ihrer Herrſch- ſucht, von Herzen geliebt hatte, war untröſtlich über den Tod des Enkels, und die Mönche in Ruppin beklagten den Verluſt in folgendem Lied: Der edle Herr Wichmann zog jagen aus, Eine falſche Frau ließ er zu Haus Mit ihren vergüldeten Ringen. „Ach Kerſten, lieber Jäger mein, Mir iſt von Herzen allzu weh, Ich kann nicht länger reiten.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/55>, abgerufen am 24.11.2024.