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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Sonntags las er in Ruppin seine Predigt, während Des Champs
vor der Kronprinzessin und dem Hofe in Rheinsberg predigte.

Selbst noch unmittelbar nach der Thronbesteigung (im Sommer
1740) sah die Stadt Ruppin den nunmehrigen König Friedrich II.
häufig in ihren Mauern und bis zum Spätherbst desselben Jahres
blieb es zweifelhaft, ob Ruppin oder Potsdam oder Rheinsberg
der erklärte Lieblingsaufenthalt des neuen Königs werden würde.
Großartige Gartenanlagen, die eben damals entworfen wurden,
schienen für Ruppin zu sprechen, aber die weite Entfernung von
der Hauptstadt, führte endlich zu andern Entschlüssen. Die Ter-
rassen von Sanssouci wuchsen empor und -- Ruppin war
vergessen. Es ist zweifelhaft, ob der große König in 46jähriger
Regierung es jemals wieder gesehn.

Die Frage bleibt uns zum Schlusse übrig, was wurde aus
diesen Schöpfungen, großen und kleinen, die die Anwesenheit des
Kronprinzen in's Dasein rief, was haben 120 Jahre zerstört, was
ist geblieben?

Zunächst das Stadt-Palais. 1744 schenkte es der König
an seinen jüngsten Bruder, den Prinzen Ferdinand, der schon
früher zum Chef des ehemaligen Kronprinzlichen Regiments ernannt
worden war und in der Epoche, die dem 7jährigen Kriege voraus-
ging, in Ruppin seine Garnison hatte. Auch nach 1763, und
zwar bis 1787, wo das große Feuer die Stadt zerstörte, scheint
sich der Prinz, wenn nicht andauernd (er lebte zum Theil auch
in Friedrichsfelde bei Berlin), so doch vielfach bei seinem Ruppiner
Regimente aufgehalten zu haben, wenigstens muß ich das aus der
Existenz zweier Bilder schließen, die als einzige Ueberbleibsel aus
dem ehemalig Kronprinzlichen, später Prinz Ferdinand'schen Palais,
bis diesen Augenblick in Ruppin existiren. 1787 brannte dies
"Palais" nieder und nichts wurde gerettet als zwei große Oel-
portraits, die Bildnisse der Königin Marie Antoinette und der
Kaiserin Catharina. Beide Bilder (einem einfachen Ruppiner Bürger
gehörig) rühren, wie aus dem hier dargestellten Lebensalter der
beiden Fürstinnen unschwer zu berechnen ist, etwa aus dem Jahre

Sonntags las er in Ruppin ſeine Predigt, während Des Champs
vor der Kronprinzeſſin und dem Hofe in Rheinsberg predigte.

Selbſt noch unmittelbar nach der Thronbeſteigung (im Sommer
1740) ſah die Stadt Ruppin den nunmehrigen König Friedrich II.
häufig in ihren Mauern und bis zum Spätherbſt deſſelben Jahres
blieb es zweifelhaft, ob Ruppin oder Potsdam oder Rheinsberg
der erklärte Lieblingsaufenthalt des neuen Königs werden würde.
Großartige Gartenanlagen, die eben damals entworfen wurden,
ſchienen für Ruppin zu ſprechen, aber die weite Entfernung von
der Hauptſtadt, führte endlich zu andern Entſchlüſſen. Die Ter-
raſſen von Sansſouci wuchſen empor und — Ruppin war
vergeſſen. Es iſt zweifelhaft, ob der große König in 46jähriger
Regierung es jemals wieder geſehn.

Die Frage bleibt uns zum Schluſſe übrig, was wurde aus
dieſen Schöpfungen, großen und kleinen, die die Anweſenheit des
Kronprinzen in’s Daſein rief, was haben 120 Jahre zerſtört, was
iſt geblieben?

Zunächſt das Stadt-Palais. 1744 ſchenkte es der König
an ſeinen jüngſten Bruder, den Prinzen Ferdinand, der ſchon
früher zum Chef des ehemaligen Kronprinzlichen Regiments ernannt
worden war und in der Epoche, die dem 7jährigen Kriege voraus-
ging, in Ruppin ſeine Garniſon hatte. Auch nach 1763, und
zwar bis 1787, wo das große Feuer die Stadt zerſtörte, ſcheint
ſich der Prinz, wenn nicht andauernd (er lebte zum Theil auch
in Friedrichsfelde bei Berlin), ſo doch vielfach bei ſeinem Ruppiner
Regimente aufgehalten zu haben, wenigſtens muß ich das aus der
Exiſtenz zweier Bilder ſchließen, die als einzige Ueberbleibſel aus
dem ehemalig Kronprinzlichen, ſpäter Prinz Ferdinand’ſchen Palais,
bis dieſen Augenblick in Ruppin exiſtiren. 1787 brannte dies
„Palais“ nieder und nichts wurde gerettet als zwei große Oel-
portraits, die Bildniſſe der Königin Marie Antoinette und der
Kaiſerin Catharina. Beide Bilder (einem einfachen Ruppiner Bürger
gehörig) rühren, wie aus dem hier dargeſtellten Lebensalter der
beiden Fürſtinnen unſchwer zu berechnen iſt, etwa aus dem Jahre

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[48/0066] Sonntags las er in Ruppin ſeine Predigt, während Des Champs vor der Kronprinzeſſin und dem Hofe in Rheinsberg predigte. Selbſt noch unmittelbar nach der Thronbeſteigung (im Sommer 1740) ſah die Stadt Ruppin den nunmehrigen König Friedrich II. häufig in ihren Mauern und bis zum Spätherbſt deſſelben Jahres blieb es zweifelhaft, ob Ruppin oder Potsdam oder Rheinsberg der erklärte Lieblingsaufenthalt des neuen Königs werden würde. Großartige Gartenanlagen, die eben damals entworfen wurden, ſchienen für Ruppin zu ſprechen, aber die weite Entfernung von der Hauptſtadt, führte endlich zu andern Entſchlüſſen. Die Ter- raſſen von Sansſouci wuchſen empor und — Ruppin war vergeſſen. Es iſt zweifelhaft, ob der große König in 46jähriger Regierung es jemals wieder geſehn. Die Frage bleibt uns zum Schluſſe übrig, was wurde aus dieſen Schöpfungen, großen und kleinen, die die Anweſenheit des Kronprinzen in’s Daſein rief, was haben 120 Jahre zerſtört, was iſt geblieben? Zunächſt das Stadt-Palais. 1744 ſchenkte es der König an ſeinen jüngſten Bruder, den Prinzen Ferdinand, der ſchon früher zum Chef des ehemaligen Kronprinzlichen Regiments ernannt worden war und in der Epoche, die dem 7jährigen Kriege voraus- ging, in Ruppin ſeine Garniſon hatte. Auch nach 1763, und zwar bis 1787, wo das große Feuer die Stadt zerſtörte, ſcheint ſich der Prinz, wenn nicht andauernd (er lebte zum Theil auch in Friedrichsfelde bei Berlin), ſo doch vielfach bei ſeinem Ruppiner Regimente aufgehalten zu haben, wenigſtens muß ich das aus der Exiſtenz zweier Bilder ſchließen, die als einzige Ueberbleibſel aus dem ehemalig Kronprinzlichen, ſpäter Prinz Ferdinand’ſchen Palais, bis dieſen Augenblick in Ruppin exiſtiren. 1787 brannte dies „Palais“ nieder und nichts wurde gerettet als zwei große Oel- portraits, die Bildniſſe der Königin Marie Antoinette und der Kaiſerin Catharina. Beide Bilder (einem einfachen Ruppiner Bürger gehörig) rühren, wie aus dem hier dargeſtellten Lebensalter der beiden Fürſtinnen unſchwer zu berechnen iſt, etwa aus dem Jahre

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/66>, abgerufen am 24.11.2024.