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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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lern und hundert Dukaten Schlüsselgeld. Das Oppensche Herren-
haus, das er vorfand, genügte ihm nicht und er beschloß das
Jahr darauf (1700) die Aufführung eines Schlosses.

Die Arbeiten begannen sogleich; da aber selbst der mittlere
und älteste Theil des Schlosses, der Flügelbauten aus noch spä-
terer Zeit ganz zu geschweigen, erst im Jahr 1712 beendet wurde,
so ist es nicht wahrscheinlich, daß der Feldmarschall, der bereits
1704 starb, jemals einen Theil des Schlosses bewohnt habe. Das
Herrenhaus mußte genügen.

Die Wittwe des Feldmarschalls, Eleonore, geborene Gräfin
von Dönhof (wie wir wissen, seine zweite Gemahlin), übernahm
laut testamentarischer Bestimmung die Verwaltung der Güter und
führte den Schloßbau glücklich hinaus. Sie war eine stolze Frau,
und es geht die Sage von ihr, daß sie ihrem einzigen überleben-
den Sohne (sie starb 1728), da sie ihm sein Erbe nicht nehmen
konnte, dieses Erbe wenigstens nach Möglichkeit schädigen und ver-
ringern wollte. Sie ließ einen holländischen Baumeister kommen,
befahl ihm, unterhalb der Keller des Schlosses einen zweiten Keller
zu graben und zu wölben, that dann alles hinein, was sie an
Gold und Kostbarkeiten besaß, und ließ die Gruft in ihrer Gegen-
wart schließen. Sie nahm dem Baumeister alsdann einen Eid ab,
die Stelle niemandem zu verrathen. Voll Zweifel aber, ob er den
Eid auch halten werde, zog sie, als er schon fort war, das Sichere
vor und ließ ihn auf der Rückreise nach Holland verschwinden.
Der "Schatz" war bei Seite gebracht, dem Erben entzogen; aber
die Bilder und Möbel waren noch da, die ganze Einrichtung
eines reichen Schlosses. Auch das mußte fort. Als sie fühlte, daß
es mit ihr zum Letzten ging, ließ sie alles, was das Schloß an
kostbarem Hausrath hatte, auf den Schloßhof tragen, und ver-
goldete Stühle und Tische, Spiegel und Consolen, Divans und
Commoden wurden zu einer Pyramide aufgethürmt. In einem
Rollstuhl ließ sie sich an die offene Thür des Gartensaales bringen,
gab dann Ordre, zwei Fackeln anzulegen, und starrte eine Stunde
lang befriedigt in die aufschlagende Flamme. Sie fühlte das Feuer

lern und hundert Dukaten Schlüſſelgeld. Das Oppenſche Herren-
haus, das er vorfand, genügte ihm nicht und er beſchloß das
Jahr darauf (1700) die Aufführung eines Schloſſes.

Die Arbeiten begannen ſogleich; da aber ſelbſt der mittlere
und älteſte Theil des Schloſſes, der Flügelbauten aus noch ſpä-
terer Zeit ganz zu geſchweigen, erſt im Jahr 1712 beendet wurde,
ſo iſt es nicht wahrſcheinlich, daß der Feldmarſchall, der bereits
1704 ſtarb, jemals einen Theil des Schloſſes bewohnt habe. Das
Herrenhaus mußte genügen.

Die Wittwe des Feldmarſchalls, Eleonore, geborene Gräfin
von Dönhof (wie wir wiſſen, ſeine zweite Gemahlin), übernahm
laut teſtamentariſcher Beſtimmung die Verwaltung der Güter und
führte den Schloßbau glücklich hinaus. Sie war eine ſtolze Frau,
und es geht die Sage von ihr, daß ſie ihrem einzigen überleben-
den Sohne (ſie ſtarb 1728), da ſie ihm ſein Erbe nicht nehmen
konnte, dieſes Erbe wenigſtens nach Möglichkeit ſchädigen und ver-
ringern wollte. Sie ließ einen holländiſchen Baumeiſter kommen,
befahl ihm, unterhalb der Keller des Schloſſes einen zweiten Keller
zu graben und zu wölben, that dann alles hinein, was ſie an
Gold und Koſtbarkeiten beſaß, und ließ die Gruft in ihrer Gegen-
wart ſchließen. Sie nahm dem Baumeiſter alsdann einen Eid ab,
die Stelle niemandem zu verrathen. Voll Zweifel aber, ob er den
Eid auch halten werde, zog ſie, als er ſchon fort war, das Sichere
vor und ließ ihn auf der Rückreiſe nach Holland verſchwinden.
Der „Schatz“ war bei Seite gebracht, dem Erben entzogen; aber
die Bilder und Möbel waren noch da, die ganze Einrichtung
eines reichen Schloſſes. Auch das mußte fort. Als ſie fühlte, daß
es mit ihr zum Letzten ging, ließ ſie alles, was das Schloß an
koſtbarem Hausrath hatte, auf den Schloßhof tragen, und ver-
goldete Stühle und Tiſche, Spiegel und Conſolen, Divans und
Commoden wurden zu einer Pyramide aufgethürmt. In einem
Rollſtuhl ließ ſie ſich an die offene Thür des Gartenſaales bringen,
gab dann Ordre, zwei Fackeln anzulegen, und ſtarrte eine Stunde
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[109/0121] lern und hundert Dukaten Schlüſſelgeld. Das Oppenſche Herren- haus, das er vorfand, genügte ihm nicht und er beſchloß das Jahr darauf (1700) die Aufführung eines Schloſſes. Die Arbeiten begannen ſogleich; da aber ſelbſt der mittlere und älteſte Theil des Schloſſes, der Flügelbauten aus noch ſpä- terer Zeit ganz zu geſchweigen, erſt im Jahr 1712 beendet wurde, ſo iſt es nicht wahrſcheinlich, daß der Feldmarſchall, der bereits 1704 ſtarb, jemals einen Theil des Schloſſes bewohnt habe. Das Herrenhaus mußte genügen. Die Wittwe des Feldmarſchalls, Eleonore, geborene Gräfin von Dönhof (wie wir wiſſen, ſeine zweite Gemahlin), übernahm laut teſtamentariſcher Beſtimmung die Verwaltung der Güter und führte den Schloßbau glücklich hinaus. Sie war eine ſtolze Frau, und es geht die Sage von ihr, daß ſie ihrem einzigen überleben- den Sohne (ſie ſtarb 1728), da ſie ihm ſein Erbe nicht nehmen konnte, dieſes Erbe wenigſtens nach Möglichkeit ſchädigen und ver- ringern wollte. Sie ließ einen holländiſchen Baumeiſter kommen, befahl ihm, unterhalb der Keller des Schloſſes einen zweiten Keller zu graben und zu wölben, that dann alles hinein, was ſie an Gold und Koſtbarkeiten beſaß, und ließ die Gruft in ihrer Gegen- wart ſchließen. Sie nahm dem Baumeiſter alsdann einen Eid ab, die Stelle niemandem zu verrathen. Voll Zweifel aber, ob er den Eid auch halten werde, zog ſie, als er ſchon fort war, das Sichere vor und ließ ihn auf der Rückreiſe nach Holland verſchwinden. Der „Schatz“ war bei Seite gebracht, dem Erben entzogen; aber die Bilder und Möbel waren noch da, die ganze Einrichtung eines reichen Schloſſes. Auch das mußte fort. Als ſie fühlte, daß es mit ihr zum Letzten ging, ließ ſie alles, was das Schloß an koſtbarem Hausrath hatte, auf den Schloßhof tragen, und ver- goldete Stühle und Tiſche, Spiegel und Conſolen, Divans und Commoden wurden zu einer Pyramide aufgethürmt. In einem Rollſtuhl ließ ſie ſich an die offene Thür des Gartenſaales bringen, gab dann Ordre, zwei Fackeln anzulegen, und ſtarrte eine Stunde lang befriedigt in die aufſchlagende Flamme. Sie fühlte das Feuer

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/121>, abgerufen am 25.11.2024.