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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Wenigstens zwei Monate alljährlich wohnte König Friedrich
Wilhelm I. in Wusterhausen. Spätestens am 24. August traf er
ein und frühestens am 4. oder 5. November brach er auf. Die
ersten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd (vorzüglich auf der Groß-
Machenower Feldmark), später dann folgten, freilich zumeist erst im
December und Januar, die Jagden auf Roth- und Schwarzwild.
Zwei stehende Festlichkeiten im größeren Stil gab es alljährlich
während der Wusterhausner Saison: die Jahresfeier der Schlacht
bei Malplaquet (am 11. September) und das Hubertusfest
am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch
Kronprinz, zum ersten Mal im Feuer gewesen, das erheischte, wie
billig, ein Erinnerungsfest. Das Hubertusfest war zugleich das
Abschiedsfest von Wusterhausen.

Bei diesen Festen ging es hoch her, zumal beim Hubertusfest.
Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Okto-
ber, sechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in
Schloß Cöpenick gesessen, das über Katte und Kronprinz Friedrich
Urtheil sprechen sollte.

In Wusterhausen saß derweilen der erzürnte König und war-
tete auf "Tod". Das Kriegsgericht sprach "Schuldig", aber es
verweigerte den Ausspruch "Tod". Da griff der König selbst in
den Gang des Prozesses ein, er stieß das Urtheil um, und jene
berühmte Cabinetsordre wurde erlassen, die da schließt:

"S. K. M. seynd in der Jugend auch die Schule durch-
gelauffen und haben das lateinische Sprüchwort gelernet: fiat
justitia et pereat mundus
. Also wollen Sie hiermit, und
zwar von Rechts wegen, daß der Katte, ob er schon nach denen
Rechten verdienet gehabt, wegen des begangenen crimen lae-
sae Majestatis
mit glühenden Zangen gerissen und auffgehän-
get zu werden, Er dennoch nur, in consideration seiner Fa-
milie,
mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht wer-
den solle. Wenn das Kriegs-Recht dem Katten die Sentenz
publicirt,
soll ihm gesagt werden, daß es S. K. M. leydt

Wenigſtens zwei Monate alljährlich wohnte König Friedrich
Wilhelm I. in Wuſterhauſen. Späteſtens am 24. Auguſt traf er
ein und früheſtens am 4. oder 5. November brach er auf. Die
erſten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd (vorzüglich auf der Groß-
Machenower Feldmark), ſpäter dann folgten, freilich zumeiſt erſt im
December und Januar, die Jagden auf Roth- und Schwarzwild.
Zwei ſtehende Feſtlichkeiten im größeren Stil gab es alljährlich
während der Wuſterhauſner Saiſon: die Jahresfeier der Schlacht
bei Malplaquet (am 11. September) und das Hubertusfeſt
am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch
Kronprinz, zum erſten Mal im Feuer geweſen, das erheiſchte, wie
billig, ein Erinnerungsfeſt. Das Hubertusfeſt war zugleich das
Abſchiedsfeſt von Wuſterhauſen.

Bei dieſen Feſten ging es hoch her, zumal beim Hubertusfeſt.
Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Okto-
ber, ſechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in
Schloß Cöpenick geſeſſen, das über Katte und Kronprinz Friedrich
Urtheil ſprechen ſollte.

In Wuſterhauſen ſaß derweilen der erzürnte König und war-
tete auf „Tod“. Das Kriegsgericht ſprach „Schuldig“, aber es
verweigerte den Ausſpruch „Tod“. Da griff der König ſelbſt in
den Gang des Prozeſſes ein, er ſtieß das Urtheil um, und jene
berühmte Cabinetsordre wurde erlaſſen, die da ſchließt:

„S. K. M. ſeynd in der Jugend auch die Schule durch-
gelauffen und haben das lateiniſche Sprüchwort gelernet: fiat
justitia et pereat mundus
. Alſo wollen Sie hiermit, und
zwar von Rechts wegen, daß der Katte, ob er ſchon nach denen
Rechten verdienet gehabt, wegen des begangenen crimen lae-
sae Majestatis
mit glühenden Zangen geriſſen und auffgehän-
get zu werden, Er dennoch nur, in consideration ſeiner Fa-
milie,
mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht wer-
den ſolle. Wenn das Kriegs-Recht dem Katten die Sentenz
publicirt,
ſoll ihm geſagt werden, daß es S. K. M. leydt

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[124/0136] Wenigſtens zwei Monate alljährlich wohnte König Friedrich Wilhelm I. in Wuſterhauſen. Späteſtens am 24. Auguſt traf er ein und früheſtens am 4. oder 5. November brach er auf. Die erſten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd (vorzüglich auf der Groß- Machenower Feldmark), ſpäter dann folgten, freilich zumeiſt erſt im December und Januar, die Jagden auf Roth- und Schwarzwild. Zwei ſtehende Feſtlichkeiten im größeren Stil gab es alljährlich während der Wuſterhauſner Saiſon: die Jahresfeier der Schlacht bei Malplaquet (am 11. September) und das Hubertusfeſt am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch Kronprinz, zum erſten Mal im Feuer geweſen, das erheiſchte, wie billig, ein Erinnerungsfeſt. Das Hubertusfeſt war zugleich das Abſchiedsfeſt von Wuſterhauſen. Bei dieſen Feſten ging es hoch her, zumal beim Hubertusfeſt. Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Okto- ber, ſechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß Cöpenick geſeſſen, das über Katte und Kronprinz Friedrich Urtheil ſprechen ſollte. In Wuſterhauſen ſaß derweilen der erzürnte König und war- tete auf „Tod“. Das Kriegsgericht ſprach „Schuldig“, aber es verweigerte den Ausſpruch „Tod“. Da griff der König ſelbſt in den Gang des Prozeſſes ein, er ſtieß das Urtheil um, und jene berühmte Cabinetsordre wurde erlaſſen, die da ſchließt: „S. K. M. ſeynd in der Jugend auch die Schule durch- gelauffen und haben das lateiniſche Sprüchwort gelernet: fiat justitia et pereat mundus. Alſo wollen Sie hiermit, und zwar von Rechts wegen, daß der Katte, ob er ſchon nach denen Rechten verdienet gehabt, wegen des begangenen crimen lae- sae Majestatis mit glühenden Zangen geriſſen und auffgehän- get zu werden, Er dennoch nur, in consideration ſeiner Fa- milie, mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht wer- den ſolle. Wenn das Kriegs-Recht dem Katten die Sentenz publicirt, ſoll ihm geſagt werden, daß es S. K. M. leydt

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/136>, abgerufen am 25.11.2024.