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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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fragte nach dem Kastellan, -- todt; nach der Kastellanin -- auch
todt; endlich erschien ein Mann mit einem großen alten Schlüssel,
der mir als der "Exekutor" vorgestellt wurde. Dies ängstigte mich
ein wenig. Es war ein ziemlich mürrischer Alter, der von nichts
wußte, auch von nichts wissen wollte. Seine Nase spielte in's
Röthliche.

Wir traten durch eine Seitenthür auf den Schloßhof. Es
war schon heiß, trotz der frühen Stunde; die Sonne blendete und
die Bosquets sammt der weißen Pumpe waren nicht ganz mehr,
was sie am Abend vorher gewesen waren.

Wir umschritten zunächst das Schloß, dann nahm ich einen
guten Stand, um mir die Architectur desselben einzuprägen.
Es ist gewiß ein ziemlich häßliches Gebäude, aber es ist doch
mehr originell als häßlich, und weil es (hübsch oder häßlich) so
ganz apart ist, ist es nicht ohne Interesse. Der ganze Bau, bis
zu beträchtlicher Höhe, ist aus Feldstein aufgeführt, woraus ich den
Schluß ziehe, daß der König, bei Ausbau des Schlosses, die
Grundform desselben (ein Viereck, mit einem vorspringenden Rund-
thurm) beibehielt und nur die Einrichtung und Gliederung völlig
veränderte. Der Rundthurm wurde Treppenthurm. Von diesem
Thurm aus zog er eine Mauerlinie mitten durch das Feldstein-
Viereck hindurch, und theilte dadurch den Bau in zwei gleiche
Hälften. Jede Hälfte erhielt ein Giebeldach, so daß jeder, der sich
dem Schlosse nähert, zwei Häuser zu sehen glaubt, die mit ihren
Giebeln auf die Straße blicken. In Front beider Giebel, an beide
sich lehnend, steht der Thurm.

Der Thurm ist sehr alt; König Friedrich Wilhelm I. aber
hat ihm einen modernen Eingang gegeben, eine Art griechisches
Portal (in Mannshöhe), dessen Giebelfeld etwa ein Dutzend in
Holz geschnittene Amoretten zeigt. Einige sind wurmstichig gewor-
den, andere haben sonstigen Schaden genommen.

Beim Eintreten erblickt man zuerst verließartige Kellerräume,
darin etwas Stroh liegt, wie eben verlassene Lagerstätten. Dann
führt eine Treppe von zehn oder zwölf Stufen in's Hochparterre,

fragte nach dem Kaſtellan, — todt; nach der Kaſtellanin — auch
todt; endlich erſchien ein Mann mit einem großen alten Schlüſſel,
der mir als der „Exekutor“ vorgeſtellt wurde. Dies ängſtigte mich
ein wenig. Es war ein ziemlich mürriſcher Alter, der von nichts
wußte, auch von nichts wiſſen wollte. Seine Naſe ſpielte in’s
Röthliche.

Wir traten durch eine Seitenthür auf den Schloßhof. Es
war ſchon heiß, trotz der frühen Stunde; die Sonne blendete und
die Bosquets ſammt der weißen Pumpe waren nicht ganz mehr,
was ſie am Abend vorher geweſen waren.

Wir umſchritten zunächſt das Schloß, dann nahm ich einen
guten Stand, um mir die Architectur deſſelben einzuprägen.
Es iſt gewiß ein ziemlich häßliches Gebäude, aber es iſt doch
mehr originell als häßlich, und weil es (hübſch oder häßlich) ſo
ganz apart iſt, iſt es nicht ohne Intereſſe. Der ganze Bau, bis
zu beträchtlicher Höhe, iſt aus Feldſtein aufgeführt, woraus ich den
Schluß ziehe, daß der König, bei Ausbau des Schloſſes, die
Grundform deſſelben (ein Viereck, mit einem vorſpringenden Rund-
thurm) beibehielt und nur die Einrichtung und Gliederung völlig
veränderte. Der Rundthurm wurde Treppenthurm. Von dieſem
Thurm aus zog er eine Mauerlinie mitten durch das Feldſtein-
Viereck hindurch, und theilte dadurch den Bau in zwei gleiche
Hälften. Jede Hälfte erhielt ein Giebeldach, ſo daß jeder, der ſich
dem Schloſſe nähert, zwei Häuſer zu ſehen glaubt, die mit ihren
Giebeln auf die Straße blicken. In Front beider Giebel, an beide
ſich lehnend, ſteht der Thurm.

Der Thurm iſt ſehr alt; König Friedrich Wilhelm I. aber
hat ihm einen modernen Eingang gegeben, eine Art griechiſches
Portal (in Mannshöhe), deſſen Giebelfeld etwa ein Dutzend in
Holz geſchnittene Amoretten zeigt. Einige ſind wurmſtichig gewor-
den, andere haben ſonſtigen Schaden genommen.

Beim Eintreten erblickt man zuerſt verließartige Kellerräume,
darin etwas Stroh liegt, wie eben verlaſſene Lagerſtätten. Dann
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[126/0138] fragte nach dem Kaſtellan, — todt; nach der Kaſtellanin — auch todt; endlich erſchien ein Mann mit einem großen alten Schlüſſel, der mir als der „Exekutor“ vorgeſtellt wurde. Dies ängſtigte mich ein wenig. Es war ein ziemlich mürriſcher Alter, der von nichts wußte, auch von nichts wiſſen wollte. Seine Naſe ſpielte in’s Röthliche. Wir traten durch eine Seitenthür auf den Schloßhof. Es war ſchon heiß, trotz der frühen Stunde; die Sonne blendete und die Bosquets ſammt der weißen Pumpe waren nicht ganz mehr, was ſie am Abend vorher geweſen waren. Wir umſchritten zunächſt das Schloß, dann nahm ich einen guten Stand, um mir die Architectur deſſelben einzuprägen. Es iſt gewiß ein ziemlich häßliches Gebäude, aber es iſt doch mehr originell als häßlich, und weil es (hübſch oder häßlich) ſo ganz apart iſt, iſt es nicht ohne Intereſſe. Der ganze Bau, bis zu beträchtlicher Höhe, iſt aus Feldſtein aufgeführt, woraus ich den Schluß ziehe, daß der König, bei Ausbau des Schloſſes, die Grundform deſſelben (ein Viereck, mit einem vorſpringenden Rund- thurm) beibehielt und nur die Einrichtung und Gliederung völlig veränderte. Der Rundthurm wurde Treppenthurm. Von dieſem Thurm aus zog er eine Mauerlinie mitten durch das Feldſtein- Viereck hindurch, und theilte dadurch den Bau in zwei gleiche Hälften. Jede Hälfte erhielt ein Giebeldach, ſo daß jeder, der ſich dem Schloſſe nähert, zwei Häuſer zu ſehen glaubt, die mit ihren Giebeln auf die Straße blicken. In Front beider Giebel, an beide ſich lehnend, ſteht der Thurm. Der Thurm iſt ſehr alt; König Friedrich Wilhelm I. aber hat ihm einen modernen Eingang gegeben, eine Art griechiſches Portal (in Mannshöhe), deſſen Giebelfeld etwa ein Dutzend in Holz geſchnittene Amoretten zeigt. Einige ſind wurmſtichig gewor- den, andere haben ſonſtigen Schaden genommen. Beim Eintreten erblickt man zuerſt verließartige Kellerräume, darin etwas Stroh liegt, wie eben verlaſſene Lagerſtätten. Dann führt eine Treppe von zehn oder zwölf Stufen in’s Hochparterre,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/138>, abgerufen am 24.11.2024.