gen können. Die Nachrichten, die man in Freienwalde selbst ein- zieht, widersprechen sich einander, und ein Zuratheziehen der reichen "Freienwalder Literatur" giebt ebenfalls mehr Abweichendes als Gewisses. Philipp v. d. Hagen schreibt: "In der Stadt ist ein Schloß, von Steinen gebaut, welches der Churfürst um deswillen erbauen ließ, weil er alle Jahre den Brunnen zu besuchen pflegte und als- dann daselbst wohnte." Dies letztere aber (wenn es sich auf ein Wohnen in eben diesem Stadtschloß bezieht) ist nicht möglich und wird durch v. d. Hagens Buch an anderer Stelle selbst wi- derlegt. Er schreibt (S. 48): "Der Churfürst logirte (1685) mit seinem Gefolge in der Stadt mit vieler Unbequemlichkeit (d. h. also ohne Schloß) und beschloß beim Brunnen ein Gebäude aufführen zu lassen." v. d. Hagen fährt dann fort: "1686 kam der Churfürst nicht nach Freienwalde; als er 1687 sich des Brunnens wieder bediente, wohnte er in dem neuen Brunnen- gebäude (dem jetzigen sogenannten churfürstlichen Flügel), sein Gefolge logirte aber in der Stadt." Aus allem diesem geht wenig- stens das eine hervor, daß der große Churfürst niemals im Stadt- schloß zu Freienwalde gewohnt haben kann; 1685 (wo er in der Stadt logirte) deshalb nicht, weil das Schloß damals noch nicht einmal begonnen, geschweige fertig war, und 1687 deshalb nicht, weil er in diesem letztgenannten Jahre überhaupt nicht in der Stadt, sondern auf dem Brunnen wohnte. Landrath v. Reichen- bach schreibt 1824: "das alte königliche Schloß in Freienwalde wurde 1687 von Schlüter begonnen", eine Notiz, die völlig werth- los ist, da der berühmte Baumeister erst 1691, also 4 Jahre später und drei Jahre nach dem Tode des großen Churfürsten, in den brandenburgischen Dienst trat. v. Reichenbach verwechselt hier das Stadtschloß mit dem "Schloß auf dem Brunnen." Am zuverlässigsten ist mir folgende Angabe erschienen, die ich einem 1848 erschienenen Büchelchen entnehme: "König Friedrich I. voll- führte den schon unter seinem Vater 1687 angefangenen Bau des Amts- oder Rathhauses (hinter der großen Kirche), das ur- sprünglich zum Jagdschloß bestimmt war." Dies Wort "Jagd-
gen können. Die Nachrichten, die man in Freienwalde ſelbſt ein- zieht, widerſprechen ſich einander, und ein Zuratheziehen der reichen „Freienwalder Literatur“ giebt ebenfalls mehr Abweichendes als Gewiſſes. Philipp v. d. Hagen ſchreibt: „In der Stadt iſt ein Schloß, von Steinen gebaut, welches der Churfürſt um deswillen erbauen ließ, weil er alle Jahre den Brunnen zu beſuchen pflegte und als- dann daſelbſt wohnte.“ Dies letztere aber (wenn es ſich auf ein Wohnen in eben dieſem Stadtſchloß bezieht) iſt nicht möglich und wird durch v. d. Hagens Buch an anderer Stelle ſelbſt wi- derlegt. Er ſchreibt (S. 48): „Der Churfürſt logirte (1685) mit ſeinem Gefolge in der Stadt mit vieler Unbequemlichkeit (d. h. alſo ohne Schloß) und beſchloß beim Brunnen ein Gebäude aufführen zu laſſen.“ v. d. Hagen fährt dann fort: „1686 kam der Churfürſt nicht nach Freienwalde; als er 1687 ſich des Brunnens wieder bediente, wohnte er in dem neuen Brunnen- gebäude (dem jetzigen ſogenannten churfürſtlichen Flügel), ſein Gefolge logirte aber in der Stadt.“ Aus allem dieſem geht wenig- ſtens das eine hervor, daß der große Churfürſt niemals im Stadt- ſchloß zu Freienwalde gewohnt haben kann; 1685 (wo er in der Stadt logirte) deshalb nicht, weil das Schloß damals noch nicht einmal begonnen, geſchweige fertig war, und 1687 deshalb nicht, weil er in dieſem letztgenannten Jahre überhaupt nicht in der Stadt, ſondern auf dem Brunnen wohnte. Landrath v. Reichen- bach ſchreibt 1824: „das alte königliche Schloß in Freienwalde wurde 1687 von Schlüter begonnen“, eine Notiz, die völlig werth- los iſt, da der berühmte Baumeiſter erſt 1691, alſo 4 Jahre ſpäter und drei Jahre nach dem Tode des großen Churfürſten, in den brandenburgiſchen Dienſt trat. v. Reichenbach verwechſelt hier das Stadtſchloß mit dem „Schloß auf dem Brunnen.“ Am zuverläſſigſten iſt mir folgende Angabe erſchienen, die ich einem 1848 erſchienenen Büchelchen entnehme: „König Friedrich I. voll- führte den ſchon unter ſeinem Vater 1687 angefangenen Bau des Amts- oder Rathhauſes (hinter der großen Kirche), das ur- ſprünglich zum Jagdſchloß beſtimmt war.“ Dies Wort „Jagd-
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gen können. Die Nachrichten, die man in Freienwalde ſelbſt ein-
zieht, widerſprechen ſich einander, und ein Zuratheziehen der reichen
„Freienwalder Literatur“ giebt ebenfalls mehr Abweichendes als
Gewiſſes. Philipp v. d. Hagen ſchreibt: „In der Stadt iſt ein Schloß,
von Steinen gebaut, welches der Churfürſt um deswillen erbauen
ließ, weil er alle Jahre den Brunnen zu beſuchen pflegte und als-
dann daſelbſt wohnte.“ Dies letztere aber (wenn es ſich auf
ein Wohnen in eben dieſem Stadtſchloß bezieht) iſt nicht möglich
und wird durch v. d. Hagens Buch an anderer Stelle ſelbſt wi-
derlegt. Er ſchreibt (S. 48): „Der Churfürſt logirte (1685) mit
ſeinem Gefolge in der Stadt mit vieler Unbequemlichkeit (d.
h. alſo ohne Schloß) und beſchloß beim Brunnen ein Gebäude
aufführen zu laſſen.“ v. d. Hagen fährt dann fort: „1686 kam
der Churfürſt nicht nach Freienwalde; als er 1687 ſich des
Brunnens wieder bediente, wohnte er in dem neuen Brunnen-
gebäude (dem jetzigen ſogenannten churfürſtlichen Flügel), ſein
Gefolge logirte aber in der Stadt.“ Aus allem dieſem geht wenig-
ſtens das eine hervor, daß der große Churfürſt niemals im Stadt-
ſchloß zu Freienwalde gewohnt haben kann; 1685 (wo er in der
Stadt logirte) deshalb nicht, weil das Schloß damals noch nicht
einmal begonnen, geſchweige fertig war, und 1687 deshalb nicht,
weil er in dieſem letztgenannten Jahre überhaupt nicht in der
Stadt, ſondern auf dem Brunnen wohnte. Landrath v. Reichen-
bach ſchreibt 1824: „das alte königliche Schloß in Freienwalde
wurde 1687 von Schlüter begonnen“, eine Notiz, die völlig werth-
los iſt, da der berühmte Baumeiſter erſt 1691, alſo 4 Jahre
ſpäter und drei Jahre nach dem Tode des großen Churfürſten, in
den brandenburgiſchen Dienſt trat. v. Reichenbach verwechſelt hier
das Stadtſchloß mit dem „Schloß auf dem Brunnen.“ Am
zuverläſſigſten iſt mir folgende Angabe erſchienen, die ich einem
1848 erſchienenen Büchelchen entnehme: „König Friedrich I. voll-
führte den ſchon unter ſeinem Vater 1687 angefangenen Bau des
Amts- oder Rathhauſes (hinter der großen Kirche), das ur-
ſprünglich zum Jagdſchloß beſtimmt war.“ Dies Wort „Jagd-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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