schloß" ist nicht ganz correkt, sonst aber, wie schon bemerkt, dürfte diese letztcitirte Angabe der Wahrheit am nächsten kommen. Die Sache würde sich danach in Kürze so stellen. Der große Churfürst ordnete den Bau eines "Stadtschlosses" an, und unter seinem Nachfolger wurde dieser Bau beendet. Dies "Stadtschloß" ward aber weder vom Churfürsten noch später vom König Friedrich I. je bewohnt, sondern erhielt gleich nach seiner Herstellung die Be- stimmung eines Königlichen Amts- und später (an die Stadt übergehend) eines städtischen Schul- und Rathhauses. Das Haus, wenn auch bis zur Unkenntlichkeit verändert, steht noch, diente (wenigstens bis vor Kurzem) als Schule und Gefängniß und zeigt begreiflicherweise nichts mehr von alter Schönheit und königlichem Glanz.
Das königliche oder neu-königliche Schloß Freienwalde liegt nicht innerhalb der Stadt, sondern unmittelbar vor den Tho- ren derselben, auf dem Wege zum Brunnen hinaus, fast am Fuße des ehemaligen "Apothekerbergs." Dieser, inzwischen in einen Schloßgarten umgewandelt, führt demgemäß den Namen der "Schloßgartenberg"; nicht zu verwechseln mit dem Schloß- Berg, der, halben Wegs zwischen Freienwalde und Falkenberg gele- gen, die Ruinen der alten Uchtenhagen-Burg auf seiner Kuppe trägt. Wir werden diesen letztern, den Schloß-Berg, in einem künftigen Kapitel kennen lernen.
Auch das neu-königliche Schloß Freienwaldes, wiewohl wenig älter als 60 Jahre, hüllt seine Anfänge wenigstens in so weit in Dunkel, als es mir nicht hat gelingen wollen, das Jahr seiner Entstehung mit voller Gewißheit festzustellen. Eine freundliche Mit- theilung aus Freienwalde selbst lautet wie folgt: "Das hiesige königliche Schloß ist Anfangs der neunziger Jahre von der Gemahlin Friedrich Wilhelms II. erbaut worden. Die Baulichkei- ten sind unverändert geblieben, nur daß 1844 ein am Kirchhofs- rande gelegenes Kammerfrauen-Haus abgebrochen wurde. Der Schloßgarten, an den Abhängen des Berges, ist erst allmählig zu seiner jetzigen Ausdehnung angewachsen. Die Hofdamen wohnten,
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ſchloß“ iſt nicht ganz correkt, ſonſt aber, wie ſchon bemerkt, dürfte dieſe letztcitirte Angabe der Wahrheit am nächſten kommen. Die Sache würde ſich danach in Kürze ſo ſtellen. Der große Churfürſt ordnete den Bau eines „Stadtſchloſſes“ an, und unter ſeinem Nachfolger wurde dieſer Bau beendet. Dies „Stadtſchloß“ ward aber weder vom Churfürſten noch ſpäter vom König Friedrich I. je bewohnt, ſondern erhielt gleich nach ſeiner Herſtellung die Be- ſtimmung eines Königlichen Amts- und ſpäter (an die Stadt übergehend) eines ſtädtiſchen Schul- und Rathhauſes. Das Haus, wenn auch bis zur Unkenntlichkeit verändert, ſteht noch, diente (wenigſtens bis vor Kurzem) als Schule und Gefängniß und zeigt begreiflicherweiſe nichts mehr von alter Schönheit und königlichem Glanz.
Das königliche oder neu-königliche Schloß Freienwalde liegt nicht innerhalb der Stadt, ſondern unmittelbar vor den Tho- ren derſelben, auf dem Wege zum Brunnen hinaus, faſt am Fuße des ehemaligen „Apothekerbergs.“ Dieſer, inzwiſchen in einen Schloßgarten umgewandelt, führt demgemäß den Namen der „Schloßgartenberg“; nicht zu verwechſeln mit dem Schloß- Berg, der, halben Wegs zwiſchen Freienwalde und Falkenberg gele- gen, die Ruinen der alten Uchtenhagen-Burg auf ſeiner Kuppe trägt. Wir werden dieſen letztern, den Schloß-Berg, in einem künftigen Kapitel kennen lernen.
Auch das neu-königliche Schloß Freienwaldes, wiewohl wenig älter als 60 Jahre, hüllt ſeine Anfänge wenigſtens in ſo weit in Dunkel, als es mir nicht hat gelingen wollen, das Jahr ſeiner Entſtehung mit voller Gewißheit feſtzuſtellen. Eine freundliche Mit- theilung aus Freienwalde ſelbſt lautet wie folgt: „Das hieſige königliche Schloß iſt Anfangs der neunziger Jahre von der Gemahlin Friedrich Wilhelms II. erbaut worden. Die Baulichkei- ten ſind unverändert geblieben, nur daß 1844 ein am Kirchhofs- rande gelegenes Kammerfrauen-Haus abgebrochen wurde. Der Schloßgarten, an den Abhängen des Berges, iſt erſt allmählig zu ſeiner jetzigen Ausdehnung angewachſen. Die Hofdamen wohnten,
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ſchloß“ iſt nicht ganz correkt, ſonſt aber, wie ſchon bemerkt, dürfte
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Sache würde ſich danach in Kürze ſo ſtellen. Der große Churfürſt
ordnete den Bau eines „Stadtſchloſſes“ an, und unter ſeinem
Nachfolger wurde dieſer Bau beendet. Dies „Stadtſchloß“ ward
aber weder vom Churfürſten noch ſpäter vom König Friedrich I.
je bewohnt, ſondern erhielt gleich nach ſeiner Herſtellung die Be-
ſtimmung eines Königlichen Amts- und ſpäter (an die Stadt
übergehend) eines ſtädtiſchen Schul- und Rathhauſes. Das Haus,
wenn auch bis zur Unkenntlichkeit verändert, ſteht noch, diente
(wenigſtens bis vor Kurzem) als Schule und Gefängniß und zeigt
begreiflicherweiſe nichts mehr von alter Schönheit und königlichem
Glanz.
Das königliche oder neu-königliche Schloß Freienwalde
liegt nicht innerhalb der Stadt, ſondern unmittelbar vor den Tho-
ren derſelben, auf dem Wege zum Brunnen hinaus, faſt am Fuße
des ehemaligen „Apothekerbergs.“ Dieſer, inzwiſchen in einen
Schloßgarten umgewandelt, führt demgemäß den Namen der
„Schloßgartenberg“; nicht zu verwechſeln mit dem Schloß-
Berg, der, halben Wegs zwiſchen Freienwalde und Falkenberg gele-
gen, die Ruinen der alten Uchtenhagen-Burg auf ſeiner Kuppe
trägt. Wir werden dieſen letztern, den Schloß-Berg, in einem
künftigen Kapitel kennen lernen.
Auch das neu-königliche Schloß Freienwaldes, wiewohl wenig
älter als 60 Jahre, hüllt ſeine Anfänge wenigſtens in ſo weit in
Dunkel, als es mir nicht hat gelingen wollen, das Jahr ſeiner
Entſtehung mit voller Gewißheit feſtzuſtellen. Eine freundliche Mit-
theilung aus Freienwalde ſelbſt lautet wie folgt: „Das hieſige
königliche Schloß iſt Anfangs der neunziger Jahre von der
Gemahlin Friedrich Wilhelms II. erbaut worden. Die Baulichkei-
ten ſind unverändert geblieben, nur daß 1844 ein am Kirchhofs-
rande gelegenes Kammerfrauen-Haus abgebrochen wurde. Der
Schloßgarten, an den Abhängen des Berges, iſt erſt allmählig zu
ſeiner jetzigen Ausdehnung angewachſen. Die Hofdamen wohnten,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/285>, abgerufen am 22.11.2024.
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