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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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haben. Es war ein Leben voll Poesie; aber unser Jagow trug
doch schwer daran, denn es zog ihn unter die Menschen und in
die Nähe des Markgrafen zurück und seine Seele trachtete mehr
und mehr nach einer Gelegenheit, sich die Gunst seines Herrn, den
er liebte, neu zu erwerben. Diese Gelegenheit bot sich endlich. Es
kam zu einem Kriege mit den Pommern und um Freienwalde her-
um stießen die Heere des Pommern-Herzogs und des Markgrafen
auf einander. Man focht Mann gegen Mann (collato pede wie
der Chronist erzählt), und der Sieg neigte sich schon den Pom-
mern zu, als Jagow aus der Waldestiefe mit seinen Geächteten
hervorbrach. Er faßte den Feind in Flanke und Rücken, und nach
tapfrer Gegenwehr wandten sich die Pommern zur Flucht. Aber
nur wenige erreichten die Oder; die Mehrzahl wurde niedergemacht
und färbte den Boden mit ihrem Blut. Die Stelle, wo die
Schlacht stattfand, heißt bis diesen Tag das "rothe Land." Ja-
gow, vor den Markgrafen geführt, wurde mit dem Lande be-
lehnt, auf dem so glücklich gekämpft worden war; -- um aber
sein Wort zu halten, "daß Henning von Jagow nie mehr vor
seinem Auge erscheinen solle," nahm er den Namen, der an alte
Zeiten und alten Groll erinnern mochte, von ihm und nannte ihn
Uchtenhagen, weil er "uht dem Hagen" d. h. aus dem Walde,
zu seiner, des Markgrafen, Rettung herbeigekommen war.

So weit die Jagow-Sage. Die andre Version, die, wie
schon erwähnt, den Ursprung des Geschlechts auf die Wedells zu-
rückzuführen trachtet, hat viel verwandtes damit. Beide haben den
Pommernkrieg, den Schlachtengrund um Freienwalde herum und
den Umstand mit einander gemein, daß, in einem wie im andren
Fall, dem hartbedrängten Markgrafen eine unerwartete Hülfe kam,
eine Hülfe, für die er sich, durch Belehnung mit dem Grund und
Boden, auf dem gekämpft worden war, dankbar erwies. Das Ab-
weichende liegt nur darin, daß uns die eine Sage von einem be-
gangenen Verrath, die andre von einer That der Treue erzählt.

Wenden wir uns nunmehr der Frage nach dem historischen
Gehalt dieser Sagen zu, so hat es damit muthmaßlich nicht viel

haben. Es war ein Leben voll Poeſie; aber unſer Jagow trug
doch ſchwer daran, denn es zog ihn unter die Menſchen und in
die Nähe des Markgrafen zurück und ſeine Seele trachtete mehr
und mehr nach einer Gelegenheit, ſich die Gunſt ſeines Herrn, den
er liebte, neu zu erwerben. Dieſe Gelegenheit bot ſich endlich. Es
kam zu einem Kriege mit den Pommern und um Freienwalde her-
um ſtießen die Heere des Pommern-Herzogs und des Markgrafen
auf einander. Man focht Mann gegen Mann (collato pede wie
der Chroniſt erzählt), und der Sieg neigte ſich ſchon den Pom-
mern zu, als Jagow aus der Waldestiefe mit ſeinen Geächteten
hervorbrach. Er faßte den Feind in Flanke und Rücken, und nach
tapfrer Gegenwehr wandten ſich die Pommern zur Flucht. Aber
nur wenige erreichten die Oder; die Mehrzahl wurde niedergemacht
und färbte den Boden mit ihrem Blut. Die Stelle, wo die
Schlacht ſtattfand, heißt bis dieſen Tag das „rothe Land.“ Ja-
gow, vor den Markgrafen geführt, wurde mit dem Lande be-
lehnt, auf dem ſo glücklich gekämpft worden war; — um aber
ſein Wort zu halten, „daß Henning von Jagow nie mehr vor
ſeinem Auge erſcheinen ſolle,“ nahm er den Namen, der an alte
Zeiten und alten Groll erinnern mochte, von ihm und nannte ihn
Uchtenhagen, weil er „uht dem Hagen“ d. h. aus dem Walde,
zu ſeiner, des Markgrafen, Rettung herbeigekommen war.

So weit die Jagow-Sage. Die andre Verſion, die, wie
ſchon erwähnt, den Urſprung des Geſchlechts auf die Wedells zu-
rückzuführen trachtet, hat viel verwandtes damit. Beide haben den
Pommernkrieg, den Schlachtengrund um Freienwalde herum und
den Umſtand mit einander gemein, daß, in einem wie im andren
Fall, dem hartbedrängten Markgrafen eine unerwartete Hülfe kam,
eine Hülfe, für die er ſich, durch Belehnung mit dem Grund und
Boden, auf dem gekämpft worden war, dankbar erwies. Das Ab-
weichende liegt nur darin, daß uns die eine Sage von einem be-
gangenen Verrath, die andre von einer That der Treue erzählt.

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[306/0318] haben. Es war ein Leben voll Poeſie; aber unſer Jagow trug doch ſchwer daran, denn es zog ihn unter die Menſchen und in die Nähe des Markgrafen zurück und ſeine Seele trachtete mehr und mehr nach einer Gelegenheit, ſich die Gunſt ſeines Herrn, den er liebte, neu zu erwerben. Dieſe Gelegenheit bot ſich endlich. Es kam zu einem Kriege mit den Pommern und um Freienwalde her- um ſtießen die Heere des Pommern-Herzogs und des Markgrafen auf einander. Man focht Mann gegen Mann (collato pede wie der Chroniſt erzählt), und der Sieg neigte ſich ſchon den Pom- mern zu, als Jagow aus der Waldestiefe mit ſeinen Geächteten hervorbrach. Er faßte den Feind in Flanke und Rücken, und nach tapfrer Gegenwehr wandten ſich die Pommern zur Flucht. Aber nur wenige erreichten die Oder; die Mehrzahl wurde niedergemacht und färbte den Boden mit ihrem Blut. Die Stelle, wo die Schlacht ſtattfand, heißt bis dieſen Tag das „rothe Land.“ Ja- gow, vor den Markgrafen geführt, wurde mit dem Lande be- lehnt, auf dem ſo glücklich gekämpft worden war; — um aber ſein Wort zu halten, „daß Henning von Jagow nie mehr vor ſeinem Auge erſcheinen ſolle,“ nahm er den Namen, der an alte Zeiten und alten Groll erinnern mochte, von ihm und nannte ihn Uchtenhagen, weil er „uht dem Hagen“ d. h. aus dem Walde, zu ſeiner, des Markgrafen, Rettung herbeigekommen war. So weit die Jagow-Sage. Die andre Verſion, die, wie ſchon erwähnt, den Urſprung des Geſchlechts auf die Wedells zu- rückzuführen trachtet, hat viel verwandtes damit. Beide haben den Pommernkrieg, den Schlachtengrund um Freienwalde herum und den Umſtand mit einander gemein, daß, in einem wie im andren Fall, dem hartbedrängten Markgrafen eine unerwartete Hülfe kam, eine Hülfe, für die er ſich, durch Belehnung mit dem Grund und Boden, auf dem gekämpft worden war, dankbar erwies. Das Ab- weichende liegt nur darin, daß uns die eine Sage von einem be- gangenen Verrath, die andre von einer That der Treue erzählt. Wenden wir uns nunmehr der Frage nach dem hiſtoriſchen Gehalt dieſer Sagen zu, ſo hat es damit muthmaßlich nicht viel

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/318>, abgerufen am 22.11.2024.