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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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eine Eule längere Zeit im Schutz der Minerva genistet habe.
Fraglich. Aber bis diesen Tag ist die Statue, namentlich der offen
am Boden liegende Helm des Mars, der bevorzugte Platz nester-
bauender Schwalben. Am Anziehendsten ist die einfache Ausle-
gung, die die Quilitzer den Gestalten des Mars und der Minerva
gegeben haben. Sie sagen, "es sei Prittwitz und seine Frau, die
um den alten Fritzen trauern."

Wir begegnen der Prittwitz-Zeit, oder doch einer Mahnung
an dieselbe, auch noch in der alten, übrigens durch Schinkel völ-
lig umgebauten Kirche. Einige Schritte vor dem Altar, ist, an
Stelle eines Grabsteins, eine Erztafel in die rothen Ziegel des
Fußbodens eingelassen, eine Tafel, auf der wir in Vergoldung
ein kurzes römisches Schwert erblicken, um das sich ein Lorbeer
windet. Darunter lesen wir: Joachim Bernhard von Pritt-
witz
, K. Pr. General der Kavallerie, Ritter des schwarzen Adler-
und St. Johanniter-Maltheser-Ordens, geb. 3. Febr. 1727, ge-
storb. 4. Juni 1793; und seine Gattin Maria Eleonora von Pritt-
witz, geb. Freiin von Seher-Thoß, geb. 1739, gest. 1799. Un-
ter dieser Tafel befindet sich höchst wahrscheinlich die Gruft, in der
das Prittwitz'sche Paar beigesetzt wurde; die Tafel selbst aber
stammt ersichtlich aus den ersten zwanziger Jahren dieses Jahr-
hunderts, wo die Kirche restaurirt wurde. 1793 hatte man noch
die altherkömmlichen Grabsteine; die Benutzung von Gußeisen
(des lorbeerumwundenen kurzen Römerschwerts ganz zu geschwei-
gen) deutet unverkennbar auf die Schinkel'sche Zeit.

Zum Schluß nennen wir noch zwei Portraits, denen wir in
einem der Zimmer des Schlosses begegnen, und die höchst wahr-
scheinlich der Prittwitz'schen Hinterlassenschaft angehören. Es sind
dies: der alte Fritz und der alte Prittwitz selbst. Das erste Bild
wurde 1786, kurz vor dem Tode des Königs, von Bardou ge-
malt. Die Auffassung weicht ab von dem Herkömmlichen. Neben
dem Ausdruck des Leidens, ist es ein Zug milder Schwermuth,
der den Kopf charakterisirt und anziehend macht. Das Portrait
des alten Prittwitz (ebenfalls Brustbild) zeigt uns den General

eine Eule längere Zeit im Schutz der Minerva geniſtet habe.
Fraglich. Aber bis dieſen Tag iſt die Statue, namentlich der offen
am Boden liegende Helm des Mars, der bevorzugte Platz neſter-
bauender Schwalben. Am Anziehendſten iſt die einfache Ausle-
gung, die die Quilitzer den Geſtalten des Mars und der Minerva
gegeben haben. Sie ſagen, „es ſei Prittwitz und ſeine Frau, die
um den alten Fritzen trauern.“

Wir begegnen der Prittwitz-Zeit, oder doch einer Mahnung
an dieſelbe, auch noch in der alten, übrigens durch Schinkel völ-
lig umgebauten Kirche. Einige Schritte vor dem Altar, iſt, an
Stelle eines Grabſteins, eine Erztafel in die rothen Ziegel des
Fußbodens eingelaſſen, eine Tafel, auf der wir in Vergoldung
ein kurzes römiſches Schwert erblicken, um das ſich ein Lorbeer
windet. Darunter leſen wir: Joachim Bernhard von Pritt-
witz
, K. Pr. General der Kavallerie, Ritter des ſchwarzen Adler-
und St. Johanniter-Maltheſer-Ordens, geb. 3. Febr. 1727, ge-
ſtorb. 4. Juni 1793; und ſeine Gattin Maria Eleonora von Pritt-
witz, geb. Freiin von Seher-Thoß, geb. 1739, geſt. 1799. Un-
ter dieſer Tafel befindet ſich höchſt wahrſcheinlich die Gruft, in der
das Prittwitz’ſche Paar beigeſetzt wurde; die Tafel ſelbſt aber
ſtammt erſichtlich aus den erſten zwanziger Jahren dieſes Jahr-
hunderts, wo die Kirche reſtaurirt wurde. 1793 hatte man noch
die altherkömmlichen Grabſteine; die Benutzung von Gußeiſen
(des lorbeerumwundenen kurzen Römerſchwerts ganz zu geſchwei-
gen) deutet unverkennbar auf die Schinkel’ſche Zeit.

Zum Schluß nennen wir noch zwei Portraits, denen wir in
einem der Zimmer des Schloſſes begegnen, und die höchſt wahr-
ſcheinlich der Prittwitz’ſchen Hinterlaſſenſchaft angehören. Es ſind
dies: der alte Fritz und der alte Prittwitz ſelbſt. Das erſte Bild
wurde 1786, kurz vor dem Tode des Königs, von Bardou ge-
malt. Die Auffaſſung weicht ab von dem Herkömmlichen. Neben
dem Ausdruck des Leidens, iſt es ein Zug milder Schwermuth,
der den Kopf charakteriſirt und anziehend macht. Das Portrait
des alten Prittwitz (ebenfalls Bruſtbild) zeigt uns den General

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[422/0434] eine Eule längere Zeit im Schutz der Minerva geniſtet habe. Fraglich. Aber bis dieſen Tag iſt die Statue, namentlich der offen am Boden liegende Helm des Mars, der bevorzugte Platz neſter- bauender Schwalben. Am Anziehendſten iſt die einfache Ausle- gung, die die Quilitzer den Geſtalten des Mars und der Minerva gegeben haben. Sie ſagen, „es ſei Prittwitz und ſeine Frau, die um den alten Fritzen trauern.“ Wir begegnen der Prittwitz-Zeit, oder doch einer Mahnung an dieſelbe, auch noch in der alten, übrigens durch Schinkel völ- lig umgebauten Kirche. Einige Schritte vor dem Altar, iſt, an Stelle eines Grabſteins, eine Erztafel in die rothen Ziegel des Fußbodens eingelaſſen, eine Tafel, auf der wir in Vergoldung ein kurzes römiſches Schwert erblicken, um das ſich ein Lorbeer windet. Darunter leſen wir: Joachim Bernhard von Pritt- witz, K. Pr. General der Kavallerie, Ritter des ſchwarzen Adler- und St. Johanniter-Maltheſer-Ordens, geb. 3. Febr. 1727, ge- ſtorb. 4. Juni 1793; und ſeine Gattin Maria Eleonora von Pritt- witz, geb. Freiin von Seher-Thoß, geb. 1739, geſt. 1799. Un- ter dieſer Tafel befindet ſich höchſt wahrſcheinlich die Gruft, in der das Prittwitz’ſche Paar beigeſetzt wurde; die Tafel ſelbſt aber ſtammt erſichtlich aus den erſten zwanziger Jahren dieſes Jahr- hunderts, wo die Kirche reſtaurirt wurde. 1793 hatte man noch die altherkömmlichen Grabſteine; die Benutzung von Gußeiſen (des lorbeerumwundenen kurzen Römerſchwerts ganz zu geſchwei- gen) deutet unverkennbar auf die Schinkel’ſche Zeit. Zum Schluß nennen wir noch zwei Portraits, denen wir in einem der Zimmer des Schloſſes begegnen, und die höchſt wahr- ſcheinlich der Prittwitz’ſchen Hinterlaſſenſchaft angehören. Es ſind dies: der alte Fritz und der alte Prittwitz ſelbſt. Das erſte Bild wurde 1786, kurz vor dem Tode des Königs, von Bardou ge- malt. Die Auffaſſung weicht ab von dem Herkömmlichen. Neben dem Ausdruck des Leidens, iſt es ein Zug milder Schwermuth, der den Kopf charakteriſirt und anziehend macht. Das Portrait des alten Prittwitz (ebenfalls Bruſtbild) zeigt uns den General

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/434>, abgerufen am 22.11.2024.