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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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unter was immer für Vorwand, Erlaubniß haben soll,
außerhalb des Klosters wohnende Freunde, noch auch über-
haupt draußen Lebende zu besuchen, so wie wir auch be-
fehlen, daß niemand ohne specielle Erlaubniß der Abbatissin
(von innen her) oder des Präpositus (von außen her)
an das Küchenfenster (ad fenestram collationi) heran-
treten soll. Auch soll keine der Nonnen eine besondere
Wohnung (habitaculum) oder sonstige Bequemlichkeit
haben, noch auch außerhalb des gemeinschaftlichen Refek-
toriums oder eines andern gemeinschaftlichen Eßraums
(cenaculum) zu Mittag oder zu Abend essen.*) Nur in
gewissen Fällen wird die Abbatissin von dieser Anordnung
Abstand nehmen können, aber doch immerhin so nur,
daß alsdann an einem andern, eigens und speciell dazu
bestimmten Orte, die Mahlzeit eingenommen werden muß.
b) Im Uebrigen, in Gemäßheit der zweiten Ordensregel und
nach alter löblicher Gewohnheit dieses Klosters, sollt ihr
der Abbatissin in allem folgsam und gehorsam sein. Und
wenn eine unter euch, wegen Ausschreitung und Unterlas-
sung, Mahnung oder Strafe verdient, so soll sie dem Aus-
spruch der Abbatissin, in Gemäßheit der Ordensregel Ge-
horsam leisten, soll auch nicht von irgend einer andern bei
*) Diese Verordnungen waren gewiß um so nöthiger (aber freilich
um so schwieriger durchzuführen), als alle solche Klöster, die, wie Kloster
Friedland, nur eine lokale Bedeutung hatten, oder einem lokalen Bedürf-
niß entsprachen, wie von selber, aus einem kirchlichen, zugleich auch zu
einem gesellschaftlichen Mittelpunkt des Kreises wurden. Die Pfuels
und die Ilows, die Eickendorps und die Hoendorps, die Strantze, Bar-
fuse und Wulffens, wie sie ihre Güter in nächster Nähe um Kloster
Friedland herum
hatten, so hatten sie ihre Töchter in demselben. Die
einfache Folge davon war, daß das Kloster, im besten Sinne des Worts,
zu einem Rendezvous-Platze wurde, wohin die adligen Insassen des Krei-
ses ihre Neuigkeiten trugen, um sie gegen andere umzutauschen. Die Welt
innerhalb und außerhalb der Klostermauern war dieselbe. Alles war ver-
sippt, verschwägert und die Cordialität, die Familien-Zugehörigkeit mußte
natürlich die Aufrechthaltung der Disciplin erschweren.
unter was immer für Vorwand, Erlaubniß haben ſoll,
außerhalb des Kloſters wohnende Freunde, noch auch über-
haupt draußen Lebende zu beſuchen, ſo wie wir auch be-
fehlen, daß niemand ohne ſpecielle Erlaubniß der Abbatiſſin
(von innen her) oder des Präpoſitus (von außen her)
an das Küchenfenſter (ad fenestram collationi) heran-
treten ſoll. Auch ſoll keine der Nonnen eine beſondere
Wohnung (habitaculum) oder ſonſtige Bequemlichkeit
haben, noch auch außerhalb des gemeinſchaftlichen Refek-
toriums oder eines andern gemeinſchaftlichen Eßraums
(cenaculum) zu Mittag oder zu Abend eſſen.*) Nur in
gewiſſen Fällen wird die Abbatiſſin von dieſer Anordnung
Abſtand nehmen können, aber doch immerhin ſo nur,
daß alsdann an einem andern, eigens und ſpeciell dazu
beſtimmten Orte, die Mahlzeit eingenommen werden muß.
b) Im Uebrigen, in Gemäßheit der zweiten Ordensregel und
nach alter löblicher Gewohnheit dieſes Kloſters, ſollt ihr
der Abbatiſſin in allem folgſam und gehorſam ſein. Und
wenn eine unter euch, wegen Ausſchreitung und Unterlaſ-
ſung, Mahnung oder Strafe verdient, ſo ſoll ſie dem Aus-
ſpruch der Abbatiſſin, in Gemäßheit der Ordensregel Ge-
horſam leiſten, ſoll auch nicht von irgend einer andern bei
*) Dieſe Verordnungen waren gewiß um ſo nöthiger (aber freilich
um ſo ſchwieriger durchzuführen), als alle ſolche Klöſter, die, wie Kloſter
Friedland, nur eine lokale Bedeutung hatten, oder einem lokalen Bedürf-
niß entſprachen, wie von ſelber, aus einem kirchlichen, zugleich auch zu
einem geſellſchaftlichen Mittelpunkt des Kreiſes wurden. Die Pfuels
und die Ilows, die Eickendorps und die Hoendorps, die Strantze, Bar-
fuſe und Wulffens, wie ſie ihre Güter in nächſter Nähe um Kloſter
Friedland herum
hatten, ſo hatten ſie ihre Töchter in demſelben. Die
einfache Folge davon war, daß das Kloſter, im beſten Sinne des Worts,
zu einem Rendezvous-Platze wurde, wohin die adligen Inſaſſen des Krei-
ſes ihre Neuigkeiten trugen, um ſie gegen andere umzutauſchen. Die Welt
innerhalb und außerhalb der Kloſtermauern war dieſelbe. Alles war ver-
ſippt, verſchwägert und die Cordialität, die Familien-Zugehörigkeit mußte
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[442/0454] unter was immer für Vorwand, Erlaubniß haben ſoll, außerhalb des Kloſters wohnende Freunde, noch auch über- haupt draußen Lebende zu beſuchen, ſo wie wir auch be- fehlen, daß niemand ohne ſpecielle Erlaubniß der Abbatiſſin (von innen her) oder des Präpoſitus (von außen her) an das Küchenfenſter (ad fenestram collationi) heran- treten ſoll. Auch ſoll keine der Nonnen eine beſondere Wohnung (habitaculum) oder ſonſtige Bequemlichkeit haben, noch auch außerhalb des gemeinſchaftlichen Refek- toriums oder eines andern gemeinſchaftlichen Eßraums (cenaculum) zu Mittag oder zu Abend eſſen. *) Nur in gewiſſen Fällen wird die Abbatiſſin von dieſer Anordnung Abſtand nehmen können, aber doch immerhin ſo nur, daß alsdann an einem andern, eigens und ſpeciell dazu beſtimmten Orte, die Mahlzeit eingenommen werden muß. b) Im Uebrigen, in Gemäßheit der zweiten Ordensregel und nach alter löblicher Gewohnheit dieſes Kloſters, ſollt ihr der Abbatiſſin in allem folgſam und gehorſam ſein. Und wenn eine unter euch, wegen Ausſchreitung und Unterlaſ- ſung, Mahnung oder Strafe verdient, ſo ſoll ſie dem Aus- ſpruch der Abbatiſſin, in Gemäßheit der Ordensregel Ge- horſam leiſten, ſoll auch nicht von irgend einer andern bei *) Dieſe Verordnungen waren gewiß um ſo nöthiger (aber freilich um ſo ſchwieriger durchzuführen), als alle ſolche Klöſter, die, wie Kloſter Friedland, nur eine lokale Bedeutung hatten, oder einem lokalen Bedürf- niß entſprachen, wie von ſelber, aus einem kirchlichen, zugleich auch zu einem geſellſchaftlichen Mittelpunkt des Kreiſes wurden. Die Pfuels und die Ilows, die Eickendorps und die Hoendorps, die Strantze, Bar- fuſe und Wulffens, wie ſie ihre Güter in nächſter Nähe um Kloſter Friedland herum hatten, ſo hatten ſie ihre Töchter in demſelben. Die einfache Folge davon war, daß das Kloſter, im beſten Sinne des Worts, zu einem Rendezvous-Platze wurde, wohin die adligen Inſaſſen des Krei- ſes ihre Neuigkeiten trugen, um ſie gegen andere umzutauſchen. Die Welt innerhalb und außerhalb der Kloſtermauern war dieſelbe. Alles war ver- ſippt, verſchwägert und die Cordialität, die Familien-Zugehörigkeit mußte natürlich die Aufrechthaltung der Disciplin erſchweren.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/454>, abgerufen am 22.11.2024.