Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Bienen der Kienbaumschen Beutner und Zeidler weiden konnten.
Selbstverständlich gehörte dazu auch das Recht, das Resultat dieser
Weide, den Honig, auf hergebrachte Weise zu erbeuten. (Die
Kunst der Beutner bestand darin, den in die hohlen Bäume ge-
legten Honig, die sogenannte Honigbeute, zu gewinnen.) Diese
Beutner oder Zeidler nun stellten sich wahrscheinlich an einem be-
stimmten Tag im Jahre bei ihrem Kienbaumer Lehnschulzen ein,
der als eine Art Beauftragter des "Amts" handelte. Sie kündig-
ten oder erneuten ihre Pacht, äußerten ihre Wünsche und Be-
schwerden (oder nahmen solche entgegen) und bezahlten ihren Zins,
theilweis in Geld, theilweis in Honig. So hatten sie unter an-
derm für ihre Bienen- oder Zeidelweide am "Gerichtstage" eine
Tonne Honig zu entrichten, wogegen das Amt die Pflicht hatte,
sie an diesem Tage mit einem Hammel, einer Tonne Bier und
einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins
wahrscheinlich ausschließlich in Geld geleistet, weshalb wir von
einer Kasse sprechen hören, die sich auf dem Schulzenhof in Kien-
baum befand und daselbst verwaltet wurde. Diese Kasse entsprach
also zunächst einer kleinen Rentamtskasse, deren Erträge von
Zeit zu Zeit einfach an das Amt selber abgeführt wurden. Dane-
ben aber, wenn man dem Geplauder der lebenden Kienbaumer
trauen darf, scheint diese "Kasse im Schulzenhof" vor allem auch
eine Darlehns- und Prämien-Kasse gewesen zu sein. Wer
den besten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämirt, und wer
die nöthigen Garantien bot, der erhielt Darlehne, um irgend etwas
Neues, von dem er sich Resultate versprach, in's Werk zu setzen.
Das ist alles, was ich aus Mund und Schrift über die Kienbau-
mer Bienenconvente habe in Erfahrung bringen können. So wenig
es ist, es spricht sich Leben, Eifer und ein gewisses Organisations-
talent darin aus.

Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber scheint kein Zweifel,
war von besonderer Vorzüglichkeit, und dieser Umstand, neben der
günstigen Lage des Dorfes, hatte wohl Theil daran, daß Kien-
baum zu einem regelmäßigen Sammelort der Bienenwirthe wurde.


32

Bienen der Kienbaumſchen Beutner und Zeidler weiden konnten.
Selbſtverſtändlich gehörte dazu auch das Recht, das Reſultat dieſer
Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu erbeuten. (Die
Kunſt der Beutner beſtand darin, den in die hohlen Bäume ge-
legten Honig, die ſogenannte Honigbeute, zu gewinnen.) Dieſe
Beutner oder Zeidler nun ſtellten ſich wahrſcheinlich an einem be-
ſtimmten Tag im Jahre bei ihrem Kienbaumer Lehnſchulzen ein,
der als eine Art Beauftragter des „Amts“ handelte. Sie kündig-
ten oder erneuten ihre Pacht, äußerten ihre Wünſche und Be-
ſchwerden (oder nahmen ſolche entgegen) und bezahlten ihren Zins,
theilweis in Geld, theilweis in Honig. So hatten ſie unter an-
derm für ihre Bienen- oder Zeidelweide am „Gerichtstage“ eine
Tonne Honig zu entrichten, wogegen das Amt die Pflicht hatte,
ſie an dieſem Tage mit einem Hammel, einer Tonne Bier und
einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins
wahrſcheinlich ausſchließlich in Geld geleiſtet, weshalb wir von
einer Kaſſe ſprechen hören, die ſich auf dem Schulzenhof in Kien-
baum befand und daſelbſt verwaltet wurde. Dieſe Kaſſe entſprach
alſo zunächſt einer kleinen Rentamtskaſſe, deren Erträge von
Zeit zu Zeit einfach an das Amt ſelber abgeführt wurden. Dane-
ben aber, wenn man dem Geplauder der lebenden Kienbaumer
trauen darf, ſcheint dieſe „Kaſſe im Schulzenhof“ vor allem auch
eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer
den beſten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämirt, und wer
die nöthigen Garantien bot, der erhielt Darlehne, um irgend etwas
Neues, von dem er ſich Reſultate verſprach, in’s Werk zu ſetzen.
Das iſt alles, was ich aus Mund und Schrift über die Kienbau-
mer Bienenconvente habe in Erfahrung bringen können. So wenig
es iſt, es ſpricht ſich Leben, Eifer und ein gewiſſes Organiſations-
talent darin aus.

Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber ſcheint kein Zweifel,
war von beſonderer Vorzüglichkeit, und dieſer Umſtand, neben der
günſtigen Lage des Dorfes, hatte wohl Theil daran, daß Kien-
baum zu einem regelmäßigen Sammelort der Bienenwirthe wurde.


32
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0509" n="497"/>
Bienen der Kienbaum&#x017F;chen Beutner und Zeidler <hi rendition="#g">weiden</hi> konnten.<lb/>
Selb&#x017F;tver&#x017F;tändlich gehörte dazu auch das Recht, das Re&#x017F;ultat die&#x017F;er<lb/>
Weide, den <hi rendition="#g">Honig</hi>, auf hergebrachte Wei&#x017F;e zu erbeuten. (Die<lb/>
Kun&#x017F;t der Beutner be&#x017F;tand darin, den in die hohlen Bäume ge-<lb/>
legten Honig, die &#x017F;ogenannte Honigbeute, zu gewinnen.) Die&#x017F;e<lb/>
Beutner oder Zeidler nun &#x017F;tellten &#x017F;ich wahr&#x017F;cheinlich an einem be-<lb/>
&#x017F;timmten Tag im Jahre bei ihrem Kienbaumer Lehn&#x017F;chulzen ein,<lb/>
der als eine Art Beauftragter des &#x201E;Amts&#x201C; handelte. Sie kündig-<lb/>
ten oder erneuten ihre Pacht, äußerten ihre Wün&#x017F;che und Be-<lb/>
&#x017F;chwerden (oder nahmen &#x017F;olche entgegen) und bezahlten ihren Zins,<lb/>
theilweis in Geld, theilweis in Honig. So hatten &#x017F;ie unter an-<lb/>
derm für ihre Bienen- oder Zeidelweide am &#x201E;Gerichtstage&#x201C; eine<lb/><hi rendition="#g">Tonne Honig</hi> zu entrichten, wogegen das Amt die Pflicht hatte,<lb/>
&#x017F;ie an die&#x017F;em Tage mit einem Hammel, einer Tonne Bier und<lb/>
einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich aus&#x017F;chließlich in Geld gelei&#x017F;tet, weshalb wir von<lb/>
einer Ka&#x017F;&#x017F;e &#x017F;prechen hören, die &#x017F;ich auf dem Schulzenhof in Kien-<lb/>
baum befand und da&#x017F;elb&#x017F;t verwaltet wurde. Die&#x017F;e Ka&#x017F;&#x017F;e ent&#x017F;prach<lb/>
al&#x017F;o zunäch&#x017F;t einer kleinen <hi rendition="#g">Rentamtska&#x017F;&#x017F;e</hi>, deren Erträge von<lb/>
Zeit zu Zeit einfach an das Amt &#x017F;elber abgeführt wurden. Dane-<lb/>
ben aber, wenn man dem Geplauder der lebenden Kienbaumer<lb/>
trauen darf, &#x017F;cheint die&#x017F;e &#x201E;Ka&#x017F;&#x017F;e im Schulzenhof&#x201C; vor allem auch<lb/>
eine <hi rendition="#g">Darlehns</hi>- und <hi rendition="#g">Prämien-Ka&#x017F;&#x017F;e</hi> gewe&#x017F;en zu &#x017F;ein. Wer<lb/>
den be&#x017F;ten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämirt, und wer<lb/>
die nöthigen Garantien bot, der erhielt Darlehne, um irgend etwas<lb/>
Neues, von dem er &#x017F;ich Re&#x017F;ultate ver&#x017F;prach, in&#x2019;s Werk zu &#x017F;etzen.<lb/>
Das i&#x017F;t alles, was ich aus Mund und Schrift über die Kienbau-<lb/>
mer Bienenconvente habe in Erfahrung bringen können. So wenig<lb/>
es i&#x017F;t, es &#x017F;pricht &#x017F;ich Leben, Eifer und ein gewi&#x017F;&#x017F;es Organi&#x017F;ations-<lb/>
talent darin aus.</p><lb/>
        <p>Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber &#x017F;cheint kein Zweifel,<lb/>
war von be&#x017F;onderer Vorzüglichkeit, und die&#x017F;er Um&#x017F;tand, neben der<lb/>
gün&#x017F;tigen Lage des Dorfes, hatte wohl Theil daran, daß Kien-<lb/>
baum zu einem regelmäßigen Sammelort der Bienenwirthe wurde.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">32</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[497/0509] Bienen der Kienbaumſchen Beutner und Zeidler weiden konnten. Selbſtverſtändlich gehörte dazu auch das Recht, das Reſultat dieſer Weide, den Honig, auf hergebrachte Weiſe zu erbeuten. (Die Kunſt der Beutner beſtand darin, den in die hohlen Bäume ge- legten Honig, die ſogenannte Honigbeute, zu gewinnen.) Dieſe Beutner oder Zeidler nun ſtellten ſich wahrſcheinlich an einem be- ſtimmten Tag im Jahre bei ihrem Kienbaumer Lehnſchulzen ein, der als eine Art Beauftragter des „Amts“ handelte. Sie kündig- ten oder erneuten ihre Pacht, äußerten ihre Wünſche und Be- ſchwerden (oder nahmen ſolche entgegen) und bezahlten ihren Zins, theilweis in Geld, theilweis in Honig. So hatten ſie unter an- derm für ihre Bienen- oder Zeidelweide am „Gerichtstage“ eine Tonne Honig zu entrichten, wogegen das Amt die Pflicht hatte, ſie an dieſem Tage mit einem Hammel, einer Tonne Bier und einem Scheffel Brod zu verpflegen. Später wurde der Pachtzins wahrſcheinlich ausſchließlich in Geld geleiſtet, weshalb wir von einer Kaſſe ſprechen hören, die ſich auf dem Schulzenhof in Kien- baum befand und daſelbſt verwaltet wurde. Dieſe Kaſſe entſprach alſo zunächſt einer kleinen Rentamtskaſſe, deren Erträge von Zeit zu Zeit einfach an das Amt ſelber abgeführt wurden. Dane- ben aber, wenn man dem Geplauder der lebenden Kienbaumer trauen darf, ſcheint dieſe „Kaſſe im Schulzenhof“ vor allem auch eine Darlehns- und Prämien-Kaſſe geweſen zu ſein. Wer den beſten Honig vorzeigen konnte, der wurde prämirt, und wer die nöthigen Garantien bot, der erhielt Darlehne, um irgend etwas Neues, von dem er ſich Reſultate verſprach, in’s Werk zu ſetzen. Das iſt alles, was ich aus Mund und Schrift über die Kienbau- mer Bienenconvente habe in Erfahrung bringen können. So wenig es iſt, es ſpricht ſich Leben, Eifer und ein gewiſſes Organiſations- talent darin aus. Die Bienenzucht in Kienbaum, darüber ſcheint kein Zweifel, war von beſonderer Vorzüglichkeit, und dieſer Umſtand, neben der günſtigen Lage des Dorfes, hatte wohl Theil daran, daß Kien- baum zu einem regelmäßigen Sammelort der Bienenwirthe wurde. 32

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/509
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/509>, abgerufen am 22.11.2024.