nen zu helfen; sobald die Dinge sich ändern, soll geschehen, was möglich ist."
Ja, er geht schließlich weiter und bewilligt wirklich eine Summe zu einem Betrage, der nicht genannt wird, dessen Unzu- reichendheit aber sich muthmaßen läßt, denn die Anfangsworte des Begleitschreibens lauten: "Es thut mir aufrichtig leid, Madame, weder so viel thun zu können, wie ich möchte, noch so viel, wie Sie wünschen. Aber ich habe Ordre gegeben etc."
Dies sind die letzten Zeilen, die Friedrich nach Tamsel hin richtete; sie zeigen, wie diese letzten Briefe überhaupt, daß er bis zuletzt und unter den pressendsten Verhältnissen, nie vergaß, was er diesem Hause und dieser Frau an Dankbarkeit schuldete. Er hätte sonst einen ganz andern Ton angeschlagen. Frau von Wreech indeß scheint anders empfunden und die Vorstellung unterhalten zu haben, daß des Königs Benehmen hart überhaupt und speciell hart gegen sie, die Genossin, die Freundin seiner Jugend gewesen sei.
Der Friede kam, das verwüstete Tamsel blühte wieder auf, der alte Feldmarschall mit seinen rothen Gamaschen hing wieder an der boisirten Wand und der Park, schöner werdend von Jahr zu Jahr, füllte sich mit Marmorstatuen. Dem Ruhme des Prin- zen Heinrich, des Bruders des Königs, wurden Tafeln und Obe- lisken errichtet, jedem Hohenzoller fiel eine Huldigung zu, nur dem Größten nicht; kein Stein, keine Tafel trug den Namen König Friedrichs. Hier, wo er glücklich gewesen war und vielleicht auch, wenigstens vorübergehend, glücklich gemacht hatte, sollte sein Name vergessen sein. Eingeschlossen in die zwei Feldmarken von Küstrin und Zorndorf, sollte Tamsel dennoch den Namen nicht nennen, der, von allen Seiten her, hoch über Schloß und Park, wie ein Hymnus zusammenklang.
Aber die Zeiten üben Gerechtigkeit. Im Sommer 1795 wurde der jüngste Sohn der schönen Frau von Wreech, der letzte seines
nen zu helfen; ſobald die Dinge ſich ändern, ſoll geſchehen, was möglich iſt.“
Ja, er geht ſchließlich weiter und bewilligt wirklich eine Summe zu einem Betrage, der nicht genannt wird, deſſen Unzu- reichendheit aber ſich muthmaßen läßt, denn die Anfangsworte des Begleitſchreibens lauten: „Es thut mir aufrichtig leid, Madame, weder ſo viel thun zu können, wie ich möchte, noch ſo viel, wie Sie wünſchen. Aber ich habe Ordre gegeben ꝛc.“
Dies ſind die letzten Zeilen, die Friedrich nach Tamſel hin richtete; ſie zeigen, wie dieſe letzten Briefe überhaupt, daß er bis zuletzt und unter den preſſendſten Verhältniſſen, nie vergaß, was er dieſem Hauſe und dieſer Frau an Dankbarkeit ſchuldete. Er hätte ſonſt einen ganz andern Ton angeſchlagen. Frau von Wreech indeß ſcheint anders empfunden und die Vorſtellung unterhalten zu haben, daß des Königs Benehmen hart überhaupt und ſpeciell hart gegen ſie, die Genoſſin, die Freundin ſeiner Jugend geweſen ſei.
Der Friede kam, das verwüſtete Tamſel blühte wieder auf, der alte Feldmarſchall mit ſeinen rothen Gamaſchen hing wieder an der boiſirten Wand und der Park, ſchöner werdend von Jahr zu Jahr, füllte ſich mit Marmorſtatuen. Dem Ruhme des Prin- zen Heinrich, des Bruders des Königs, wurden Tafeln und Obe- lisken errichtet, jedem Hohenzoller fiel eine Huldigung zu, nur dem Größten nicht; kein Stein, keine Tafel trug den Namen König Friedrichs. Hier, wo er glücklich geweſen war und vielleicht auch, wenigſtens vorübergehend, glücklich gemacht hatte, ſollte ſein Name vergeſſen ſein. Eingeſchloſſen in die zwei Feldmarken von Küſtrin und Zorndorf, ſollte Tamſel dennoch den Namen nicht nennen, der, von allen Seiten her, hoch über Schloß und Park, wie ein Hymnus zuſammenklang.
Aber die Zeiten üben Gerechtigkeit. Im Sommer 1795 wurde der jüngſte Sohn der ſchönen Frau von Wreech, der letzte ſeines
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nen zu helfen; ſobald die Dinge ſich ändern, ſoll geſchehen, was
möglich iſt.“
Ja, er geht ſchließlich weiter und bewilligt wirklich eine
Summe zu einem Betrage, der nicht genannt wird, deſſen Unzu-
reichendheit aber ſich muthmaßen läßt, denn die Anfangsworte des
Begleitſchreibens lauten: „Es thut mir aufrichtig leid, Madame,
weder ſo viel thun zu können, wie ich möchte, noch ſo viel, wie
Sie wünſchen. Aber ich habe Ordre gegeben ꝛc.“
Dies ſind die letzten Zeilen, die Friedrich nach Tamſel hin
richtete; ſie zeigen, wie dieſe letzten Briefe überhaupt, daß er bis
zuletzt und unter den preſſendſten Verhältniſſen, nie vergaß, was
er dieſem Hauſe und dieſer Frau an Dankbarkeit ſchuldete. Er
hätte ſonſt einen ganz andern Ton angeſchlagen. Frau von Wreech
indeß ſcheint anders empfunden und die Vorſtellung unterhalten
zu haben, daß des Königs Benehmen hart überhaupt und ſpeciell
hart gegen ſie, die Genoſſin, die Freundin ſeiner Jugend geweſen ſei.
Der Friede kam, das verwüſtete Tamſel blühte wieder auf,
der alte Feldmarſchall mit ſeinen rothen Gamaſchen hing wieder
an der boiſirten Wand und der Park, ſchöner werdend von Jahr
zu Jahr, füllte ſich mit Marmorſtatuen. Dem Ruhme des Prin-
zen Heinrich, des Bruders des Königs, wurden Tafeln und Obe-
lisken errichtet, jedem Hohenzoller fiel eine Huldigung zu, nur
dem Größten nicht; kein Stein, keine Tafel trug den Namen
König Friedrichs. Hier, wo er glücklich geweſen war und vielleicht
auch, wenigſtens vorübergehend, glücklich gemacht hatte, ſollte ſein
Name vergeſſen ſein. Eingeſchloſſen in die zwei Feldmarken von
Küſtrin und Zorndorf, ſollte Tamſel dennoch den Namen nicht
nennen, der, von allen Seiten her, hoch über Schloß und Park,
wie ein Hymnus zuſammenklang.
Aber die Zeiten üben Gerechtigkeit. Im Sommer 1795 wurde
der jüngſte Sohn der ſchönen Frau von Wreech, der letzte ſeines
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/70>, abgerufen am 27.11.2024.
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