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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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wo das Eis des Ufers aufhört und der Schwanenknäuel
anfängt.

Täglich werden auf diese Weise drei Scheffel Gerste ver-
füttert. Vergleicht man indessen das Volumen all' dieser her-
zudrängenden Schwäne mit den anderthalb Scheffeln, die ihnen
Morgens und eben so viel Nachmittags zugeworfen werden, so
begreift man, daß die Thiere beim Weggehen ihres Pflegers
noch ziemlich eben so lange Hälse machen, als bei seinem Kom-
men. Eine Zeitlang verweilen sie noch; erst wenn sie die Gewiß-
heit haben, daß alles Warten nichts mehr fruchtet, schwimmen
sie langsam fort. Zurück bleiben nur noch die Kranken, die
jetzt einen Versuch machen, eine kümmerliche Nachlese zu halten
und die letzten Körnchen zu entdecken.

Zu der Havelschönheit tragen die Schwäne ein sehr Erheb-
liches bei. Sie geben dem Strom auf seiner breiten Fläche
eine königliche Pracht, und eine schönere Einfassung aller dieser
Schlösser und Residenzen ist kaum denkbar. In neuerer Zeit
hat man diesen Zauber dadurch noch gesteigert, daß man, durch
Unterlassung der Flügellähmung, den Wildschwan wieder her-
gestellt hat. Man wurde dazu durch verschiedene Rücksichten
bestimmt. Das Nächstbestimmende war die größere Schönheit
des wilden Schwans; er ziert die Fläche mehr, die er durch-
schwimmt und sein Flug durch die Luft, den er wenigstens
gelegentlich macht, gewährt einen imposanten Anblick. Was
aber mehr als diese Schönheitsrücksicht den Ausschlag gab, war
der Wunsch, einen neuen jagdbaren Vogel, einen neuen Sport
zu schaffen. Es werden jetzt von Zeit zu Zeit Wildschwanen-
Jagden abgehalten.

Anfangs, wo man diese Jagden in unmittelbarer Nähe
Potsdams abhielt, scheiterten sie. Die Thiere, zu den zahmen
Schwänen sich haltend, waren zahm und vertraulich wie diese
und entzogen sich kaum der Büchse des Schützen, wenn auch
dieser und jener schon dem Blei des letzteren erlegen war, --
das war keine Jagd, das war bloßes Todtschießen, und man
stand auf dem Punkt, die Sache wieder aufzugeben. Da ent-

wo das Eis des Ufers aufhört und der Schwanenknäuel
anfängt.

Täglich werden auf dieſe Weiſe drei Scheffel Gerſte ver-
füttert. Vergleicht man indeſſen das Volumen all’ dieſer her-
zudrängenden Schwäne mit den anderthalb Scheffeln, die ihnen
Morgens und eben ſo viel Nachmittags zugeworfen werden, ſo
begreift man, daß die Thiere beim Weggehen ihres Pflegers
noch ziemlich eben ſo lange Hälſe machen, als bei ſeinem Kom-
men. Eine Zeitlang verweilen ſie noch; erſt wenn ſie die Gewiß-
heit haben, daß alles Warten nichts mehr fruchtet, ſchwimmen
ſie langſam fort. Zurück bleiben nur noch die Kranken, die
jetzt einen Verſuch machen, eine kümmerliche Nachleſe zu halten
und die letzten Körnchen zu entdecken.

Zu der Havelſchönheit tragen die Schwäne ein ſehr Erheb-
liches bei. Sie geben dem Strom auf ſeiner breiten Fläche
eine königliche Pracht, und eine ſchönere Einfaſſung aller dieſer
Schlöſſer und Reſidenzen iſt kaum denkbar. In neuerer Zeit
hat man dieſen Zauber dadurch noch geſteigert, daß man, durch
Unterlaſſung der Flügellähmung, den Wildſchwan wieder her-
geſtellt hat. Man wurde dazu durch verſchiedene Rückſichten
beſtimmt. Das Nächſtbeſtimmende war die größere Schönheit
des wilden Schwans; er ziert die Fläche mehr, die er durch-
ſchwimmt und ſein Flug durch die Luft, den er wenigſtens
gelegentlich macht, gewährt einen impoſanten Anblick. Was
aber mehr als dieſe Schönheitsrückſicht den Ausſchlag gab, war
der Wunſch, einen neuen jagdbaren Vogel, einen neuen Sport
zu ſchaffen. Es werden jetzt von Zeit zu Zeit Wildſchwanen-
Jagden abgehalten.

Anfangs, wo man dieſe Jagden in unmittelbarer Nähe
Potsdams abhielt, ſcheiterten ſie. Die Thiere, zu den zahmen
Schwänen ſich haltend, waren zahm und vertraulich wie dieſe
und entzogen ſich kaum der Büchſe des Schützen, wenn auch
dieſer und jener ſchon dem Blei des letzteren erlegen war, —
das war keine Jagd, das war bloßes Todtſchießen, und man
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[127/0145] wo das Eis des Ufers aufhört und der Schwanenknäuel anfängt. Täglich werden auf dieſe Weiſe drei Scheffel Gerſte ver- füttert. Vergleicht man indeſſen das Volumen all’ dieſer her- zudrängenden Schwäne mit den anderthalb Scheffeln, die ihnen Morgens und eben ſo viel Nachmittags zugeworfen werden, ſo begreift man, daß die Thiere beim Weggehen ihres Pflegers noch ziemlich eben ſo lange Hälſe machen, als bei ſeinem Kom- men. Eine Zeitlang verweilen ſie noch; erſt wenn ſie die Gewiß- heit haben, daß alles Warten nichts mehr fruchtet, ſchwimmen ſie langſam fort. Zurück bleiben nur noch die Kranken, die jetzt einen Verſuch machen, eine kümmerliche Nachleſe zu halten und die letzten Körnchen zu entdecken. Zu der Havelſchönheit tragen die Schwäne ein ſehr Erheb- liches bei. Sie geben dem Strom auf ſeiner breiten Fläche eine königliche Pracht, und eine ſchönere Einfaſſung aller dieſer Schlöſſer und Reſidenzen iſt kaum denkbar. In neuerer Zeit hat man dieſen Zauber dadurch noch geſteigert, daß man, durch Unterlaſſung der Flügellähmung, den Wildſchwan wieder her- geſtellt hat. Man wurde dazu durch verſchiedene Rückſichten beſtimmt. Das Nächſtbeſtimmende war die größere Schönheit des wilden Schwans; er ziert die Fläche mehr, die er durch- ſchwimmt und ſein Flug durch die Luft, den er wenigſtens gelegentlich macht, gewährt einen impoſanten Anblick. Was aber mehr als dieſe Schönheitsrückſicht den Ausſchlag gab, war der Wunſch, einen neuen jagdbaren Vogel, einen neuen Sport zu ſchaffen. Es werden jetzt von Zeit zu Zeit Wildſchwanen- Jagden abgehalten. Anfangs, wo man dieſe Jagden in unmittelbarer Nähe Potsdams abhielt, ſcheiterten ſie. Die Thiere, zu den zahmen Schwänen ſich haltend, waren zahm und vertraulich wie dieſe und entzogen ſich kaum der Büchſe des Schützen, wenn auch dieſer und jener ſchon dem Blei des letzteren erlegen war, — das war keine Jagd, das war bloßes Todtſchießen, und man ſtand auf dem Punkt, die Sache wieder aufzugeben. Da ent-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/145>, abgerufen am 24.11.2024.