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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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mir einsichtsvoll und ich konnte mich nicht enthalten, ihn zu
embrassiren."

Wenn nun auch einzuräumen ist, daß der immer
Pläne habende Massenbach durch ein solches Eingehen auf seine
Ideen bestochen sein mußte, so muß doch auch die nüchternste
Kritik, die an diese Dialoge herantritt, eingestehn, daß sich
überall ein Princip, und doch nirgends eine principielle Ver-
ranntheit, daß sich Feinheit, Wohlwollen, Verständigkeit und
selbst Offenheit darin aussprechen. Ein Mann, wie Bischofs-
werder gewöhnlich geschildert zu werden pflegt, hätte eher eine
Fluchtreise nach Berlin oder nach Marquardt gemacht, als daß er
sich dazu verstanden hätte, sich einen langen Aufsatz über die
Neu-Organisation des Generalstabes an zwei Abenden vor-
lesen zu lassen. In dieser einen Thatsache liegt ausgesprochen,
daß er ein fleißiger, gewissenhafter, geistigen Dingen sehr wohl
zugeneigter Mann war.*)

Wir haben diese Citate gegeben, um unsere Ansicht über
den gesunden Sinn Bischofswerders, über seine Urtheilskraft
und seine politische Befähigung zu unterstützen; es bleibt uns
noch die wichtige Frage zur Erwägung übrig: war er ein

*) Auch dies ist bestritten worden. Man gefiel sich darin, den
König, seinen Günstling, den ganzen Hof als absolut unliterarisch, als
todt gegen alles Geistige darzustellen. Sehr mit Unrecht. Ignaz Feß-
ler
, in seinem Buche "Rückblicke auf meine 70jährige Pilgerfahrt"
(Breslau, W. G. Korn 1824) schreibt: Ich stand mit auf der Liste, die
der Minister für Schlesien, Graf Hoym, als eine Art Conspirato-
ren-Verzeichniß
beim Könige eingereicht hatte. Es traf sich aber,
daß General v. Bischofswerder, wenige Tage zuvor, einiges aus
meinem "Marc Aurel" dem Könige vorgelesen hatte, der nunmehr ohne
Weiteres den Namen Feßler durchstrich, dabei bemerkend: "Der ist kein
Schwindelkopf, er ist monarchisch gesinnt, wie sein Marc Aurel zeigt."
So geringfügig dieser Hergang ist, so lehrreich ist er doch auch. Er zeigt,
ebenso wie das oben aus Massenbachs Memoiren Mitgetheilte, daß sich
der Hof Friedrich Wilhelms II. (und in erster Reihe sein Generaladju-
tant) sehr wohl um literarische Dinge kümmerte, scharf aufpaßte und sich
danach ein Bild von den Personen machte.
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mir einſichtsvoll und ich konnte mich nicht enthalten, ihn zu
embraſſiren.“

Wenn nun auch einzuräumen iſt, daß der immer
Pläne habende Maſſenbach durch ein ſolches Eingehen auf ſeine
Ideen beſtochen ſein mußte, ſo muß doch auch die nüchternſte
Kritik, die an dieſe Dialoge herantritt, eingeſtehn, daß ſich
überall ein Princip, und doch nirgends eine principielle Ver-
ranntheit, daß ſich Feinheit, Wohlwollen, Verſtändigkeit und
ſelbſt Offenheit darin ausſprechen. Ein Mann, wie Biſchofs-
werder gewöhnlich geſchildert zu werden pflegt, hätte eher eine
Fluchtreiſe nach Berlin oder nach Marquardt gemacht, als daß er
ſich dazu verſtanden hätte, ſich einen langen Aufſatz über die
Neu-Organiſation des Generalſtabes an zwei Abenden vor-
leſen zu laſſen. In dieſer einen Thatſache liegt ausgeſprochen,
daß er ein fleißiger, gewiſſenhafter, geiſtigen Dingen ſehr wohl
zugeneigter Mann war.*)

Wir haben dieſe Citate gegeben, um unſere Anſicht über
den geſunden Sinn Biſchofswerders, über ſeine Urtheilskraft
und ſeine politiſche Befähigung zu unterſtützen; es bleibt uns
noch die wichtige Frage zur Erwägung übrig: war er ein

*) Auch dies iſt beſtritten worden. Man gefiel ſich darin, den
König, ſeinen Günſtling, den ganzen Hof als abſolut unliterariſch, als
todt gegen alles Geiſtige darzuſtellen. Sehr mit Unrecht. Ignaz Feß-
ler
, in ſeinem Buche „Rückblicke auf meine 70jährige Pilgerfahrt“
(Breslau, W. G. Korn 1824) ſchreibt: Ich ſtand mit auf der Liſte, die
der Miniſter für Schleſien, Graf Hoym, als eine Art Conſpirato-
ren-Verzeichniß
beim Könige eingereicht hatte. Es traf ſich aber,
daß General v. Biſchofswerder, wenige Tage zuvor, einiges aus
meinem „Marc Aurel“ dem Könige vorgeleſen hatte, der nunmehr ohne
Weiteres den Namen Feßler durchſtrich, dabei bemerkend: „Der iſt kein
Schwindelkopf, er iſt monarchiſch geſinnt, wie ſein Marc Aurel zeigt.“
So geringfügig dieſer Hergang iſt, ſo lehrreich iſt er doch auch. Er zeigt,
ebenſo wie das oben aus Maſſenbachs Memoiren Mitgetheilte, daß ſich
der Hof Friedrich Wilhelms II. (und in erſter Reihe ſein Generaladju-
tant) ſehr wohl um literariſche Dinge kümmerte, ſcharf aufpaßte und ſich
danach ein Bild von den Perſonen machte.
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[275/0293] mir einſichtsvoll und ich konnte mich nicht enthalten, ihn zu embraſſiren.“ Wenn nun auch einzuräumen iſt, daß der immer Pläne habende Maſſenbach durch ein ſolches Eingehen auf ſeine Ideen beſtochen ſein mußte, ſo muß doch auch die nüchternſte Kritik, die an dieſe Dialoge herantritt, eingeſtehn, daß ſich überall ein Princip, und doch nirgends eine principielle Ver- ranntheit, daß ſich Feinheit, Wohlwollen, Verſtändigkeit und ſelbſt Offenheit darin ausſprechen. Ein Mann, wie Biſchofs- werder gewöhnlich geſchildert zu werden pflegt, hätte eher eine Fluchtreiſe nach Berlin oder nach Marquardt gemacht, als daß er ſich dazu verſtanden hätte, ſich einen langen Aufſatz über die Neu-Organiſation des Generalſtabes an zwei Abenden vor- leſen zu laſſen. In dieſer einen Thatſache liegt ausgeſprochen, daß er ein fleißiger, gewiſſenhafter, geiſtigen Dingen ſehr wohl zugeneigter Mann war. *) Wir haben dieſe Citate gegeben, um unſere Anſicht über den geſunden Sinn Biſchofswerders, über ſeine Urtheilskraft und ſeine politiſche Befähigung zu unterſtützen; es bleibt uns noch die wichtige Frage zur Erwägung übrig: war er ein *) Auch dies iſt beſtritten worden. Man gefiel ſich darin, den König, ſeinen Günſtling, den ganzen Hof als abſolut unliterariſch, als todt gegen alles Geiſtige darzuſtellen. Sehr mit Unrecht. Ignaz Feß- ler, in ſeinem Buche „Rückblicke auf meine 70jährige Pilgerfahrt“ (Breslau, W. G. Korn 1824) ſchreibt: Ich ſtand mit auf der Liſte, die der Miniſter für Schleſien, Graf Hoym, als eine Art Conſpirato- ren-Verzeichniß beim Könige eingereicht hatte. Es traf ſich aber, daß General v. Biſchofswerder, wenige Tage zuvor, einiges aus meinem „Marc Aurel“ dem Könige vorgeleſen hatte, der nunmehr ohne Weiteres den Namen Feßler durchſtrich, dabei bemerkend: „Der iſt kein Schwindelkopf, er iſt monarchiſch geſinnt, wie ſein Marc Aurel zeigt.“ So geringfügig dieſer Hergang iſt, ſo lehrreich iſt er doch auch. Er zeigt, ebenſo wie das oben aus Maſſenbachs Memoiren Mitgetheilte, daß ſich der Hof Friedrich Wilhelms II. (und in erſter Reihe ſein Generaladju- tant) ſehr wohl um literariſche Dinge kümmerte, ſcharf aufpaßte und ſich danach ein Bild von den Perſonen machte. 18*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/293>, abgerufen am 24.11.2024.