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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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hatte, bezog sich auf die Neu-Organisation des Generalquartier-
meisterstabes. Ich bat um die Erlaubniß, ihm meinen Aufsatz
über die Nothwendigkeit einer "Verbindung der Kriegs-
und Staats-Kunde
" vorlesen zu dürfen. Dies geschah
dann auch an zwei Abenden, die ich bei Bischofswerder unter
vier Augen zubrachte. Er machte, als ich geendet hatte, einige
treffende Bemerkungen. Unter andern sagte er Folgendes:
"Selbst angenommen, daß dies alles nur politisch-mili-
tärische Romane
wären, so würde doch die Lectüre dersel-
ben den Prinzen des königlichen Hauses ungemein nützlich sein,
nützlicher als die Lectüre von Grandison und Lovelace. Die
jungen Herren würden dadurch die militärische Statistik unseres
Staates und der benachbarten Staaten kennen lernen."

Das Ende meines Aufsatzes (so schließt Massenbach) ließ
er sich zweimal vorlesen. Er lächelte. Als ich in ihn drang,
mir dies Lächeln zu erklären, sagte er: "Der Generalstab wird,
wenn Ihre Idee zur Ausführung kommt, eine geschlossene
Gesellschaft
, die einen entscheidenden Einfluß auf die Regie-
rung des Staates haben wird. Ihr General-Quartiermeister
greift in alle Staatsverhältnisse ein. Sein Einfluß wird grö-
ßer, als der des jetzigen General-Adjutanten. So lange Zastrow
der vortragende General-Adjutant ist, wird Ihre Idee nicht
ausgeführt werden. Jetzt müssen Sie diese Idee gar nicht zur
Sprache bringen. Theilen Sie solche Niemandem mit. Die
Sache spricht sich herum, und Sie haben dann große Schwie-
rigkeiten zu bekämpfen. ... Ihren Antrag wegen der Reisen
der Offiziere des Generalquartiermeister-Stabes will ich gern
beim Könige unterstützen." (Dies geschah.)

Massenbach, der immer Gerechtigkeit gegen Bischofswerder
geübt und nur seine Geheimthuerei, sein sich verläugnen-lassen
und sein diplomatisch-undeutliches Sprechen, das er "Bauch-
rednerei" nannte, gelegentlich persiflirt hatte, war nach diesen
Unterredungen so entzückt, daß er ihre Aufzeichnung mit den
Worten begleitet: "Ich gewann den Mann lieb; er erschien

hatte, bezog ſich auf die Neu-Organiſation des Generalquartier-
meiſterſtabes. Ich bat um die Erlaubniß, ihm meinen Aufſatz
über die Nothwendigkeit einer „Verbindung der Kriegs-
und Staats-Kunde
“ vorleſen zu dürfen. Dies geſchah
dann auch an zwei Abenden, die ich bei Biſchofswerder unter
vier Augen zubrachte. Er machte, als ich geendet hatte, einige
treffende Bemerkungen. Unter andern ſagte er Folgendes:
„Selbſt angenommen, daß dies alles nur politiſch-mili-
täriſche Romane
wären, ſo würde doch die Lectüre derſel-
ben den Prinzen des königlichen Hauſes ungemein nützlich ſein,
nützlicher als die Lectüre von Grandiſon und Lovelace. Die
jungen Herren würden dadurch die militäriſche Statiſtik unſeres
Staates und der benachbarten Staaten kennen lernen.“

Das Ende meines Aufſatzes (ſo ſchließt Maſſenbach) ließ
er ſich zweimal vorleſen. Er lächelte. Als ich in ihn drang,
mir dies Lächeln zu erklären, ſagte er: „Der Generalſtab wird,
wenn Ihre Idee zur Ausführung kommt, eine geſchloſſene
Geſellſchaft
, die einen entſcheidenden Einfluß auf die Regie-
rung des Staates haben wird. Ihr General-Quartiermeiſter
greift in alle Staatsverhältniſſe ein. Sein Einfluß wird grö-
ßer, als der des jetzigen General-Adjutanten. So lange Zaſtrow
der vortragende General-Adjutant iſt, wird Ihre Idee nicht
ausgeführt werden. Jetzt müſſen Sie dieſe Idee gar nicht zur
Sprache bringen. Theilen Sie ſolche Niemandem mit. Die
Sache ſpricht ſich herum, und Sie haben dann große Schwie-
rigkeiten zu bekämpfen. … Ihren Antrag wegen der Reiſen
der Offiziere des Generalquartiermeiſter-Stabes will ich gern
beim Könige unterſtützen.“ (Dies geſchah.)

Maſſenbach, der immer Gerechtigkeit gegen Biſchofswerder
geübt und nur ſeine Geheimthuerei, ſein ſich verläugnen-laſſen
und ſein diplomatiſch-undeutliches Sprechen, das er „Bauch-
rednerei“ nannte, gelegentlich perſiflirt hatte, war nach dieſen
Unterredungen ſo entzückt, daß er ihre Aufzeichnung mit den
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[274/0292] hatte, bezog ſich auf die Neu-Organiſation des Generalquartier- meiſterſtabes. Ich bat um die Erlaubniß, ihm meinen Aufſatz über die Nothwendigkeit einer „Verbindung der Kriegs- und Staats-Kunde“ vorleſen zu dürfen. Dies geſchah dann auch an zwei Abenden, die ich bei Biſchofswerder unter vier Augen zubrachte. Er machte, als ich geendet hatte, einige treffende Bemerkungen. Unter andern ſagte er Folgendes: „Selbſt angenommen, daß dies alles nur politiſch-mili- täriſche Romane wären, ſo würde doch die Lectüre derſel- ben den Prinzen des königlichen Hauſes ungemein nützlich ſein, nützlicher als die Lectüre von Grandiſon und Lovelace. Die jungen Herren würden dadurch die militäriſche Statiſtik unſeres Staates und der benachbarten Staaten kennen lernen.“ Das Ende meines Aufſatzes (ſo ſchließt Maſſenbach) ließ er ſich zweimal vorleſen. Er lächelte. Als ich in ihn drang, mir dies Lächeln zu erklären, ſagte er: „Der Generalſtab wird, wenn Ihre Idee zur Ausführung kommt, eine geſchloſſene Geſellſchaft, die einen entſcheidenden Einfluß auf die Regie- rung des Staates haben wird. Ihr General-Quartiermeiſter greift in alle Staatsverhältniſſe ein. Sein Einfluß wird grö- ßer, als der des jetzigen General-Adjutanten. So lange Zaſtrow der vortragende General-Adjutant iſt, wird Ihre Idee nicht ausgeführt werden. Jetzt müſſen Sie dieſe Idee gar nicht zur Sprache bringen. Theilen Sie ſolche Niemandem mit. Die Sache ſpricht ſich herum, und Sie haben dann große Schwie- rigkeiten zu bekämpfen. … Ihren Antrag wegen der Reiſen der Offiziere des Generalquartiermeiſter-Stabes will ich gern beim Könige unterſtützen.“ (Dies geſchah.) Maſſenbach, der immer Gerechtigkeit gegen Biſchofswerder geübt und nur ſeine Geheimthuerei, ſein ſich verläugnen-laſſen und ſein diplomatiſch-undeutliches Sprechen, das er „Bauch- rednerei“ nannte, gelegentlich perſiflirt hatte, war nach dieſen Unterredungen ſo entzückt, daß er ihre Aufzeichnung mit den Worten begleitet: „Ich gewann den Mann lieb; er erſchien

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/292>, abgerufen am 24.11.2024.