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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Ich gebe hier eines dieser Gespräche, worin ich ihm, wie schon
bei einer früheren Gelegenheit, ein Bündniß mit Frankreich
empfahl.

Ich. (Massenbach.) Preußen muß sich fest mit Frankreich
verbinden, wenn es sich nicht unter das russische Joch beu-
gen soll.

Bischofswerder. Aber bedenken Sie doch, daß der
König mit der Directorial-Regierung kein Freundschaftsbündniß
errichten kann. Unter den Directoren befinden sich einige,
die für den Tod ihres Königs gestimmt haben. Mit Königs-
mördern kann kein König tractiren.

Ich. Tractiren? Wir haben ja in Basel tractirt. Und
gab der staatskluge Mazarin seinem Zögling nicht den Rath,
den Königsmörder Cromwell seinen "lieben Bruder" zu nen-
nen? Das Interesse des Staates entscheidet hier allein.

Bischofswerder. Man hat keine Garantie. Morgen
werden die "fünf Männer" von ihren Thronen gejagt und nach
Südamerika geschickt. Es ist eine revolutionäre Regierung.

Ich. Die englische Regierung ist es auch. Georg III.
ist nicht nur ein schwacher Mann, er ist weniger als nichts;
er ist wahnsinnig. ... Heute negociiren wir mit Pitt, morgen
ist ein Bute an der Spitze der Angelegenheiten. Die englische
Regierung giebt uns auch keine Sicherheit. Wir haben mit
der französischen Regierung unterhandelt; wir haben sie aner-
kannt; wir haben ihr eine diplomatische Existenz gegeben und
uns dadurch den Haß aller Mächte zugezogen. Einmal mit
diesem Hasse beladen, gehe man noch einen Schritt weiter. . .

Bischofswerder. Sie gehen zu weit, Massenbach.
Eine solche Idee dem Könige vorzutragen, kann ich nicht wagen.
Auch kann ich Ihrer Meinung nicht beipflichten. Allianz mit
Frankreich! Das ist zu früh. Die Dinge in Frankreich haben
noch keine Consistenz.

Dies war im Frühjahr 1796.

Die zweite, noch weit eingehendere Unterredung (so fährt
Massenbach fort), die ich mit Bischofswerder um diese Zeit

Fontane, Wanderungen. III. 18

Ich gebe hier eines dieſer Geſpräche, worin ich ihm, wie ſchon
bei einer früheren Gelegenheit, ein Bündniß mit Frankreich
empfahl.

Ich. (Maſſenbach.) Preußen muß ſich feſt mit Frankreich
verbinden, wenn es ſich nicht unter das ruſſiſche Joch beu-
gen ſoll.

Biſchofswerder. Aber bedenken Sie doch, daß der
König mit der Directorial-Regierung kein Freundſchaftsbündniß
errichten kann. Unter den Directoren befinden ſich einige,
die für den Tod ihres Königs geſtimmt haben. Mit Königs-
mördern kann kein König tractiren.

Ich. Tractiren? Wir haben ja in Baſel tractirt. Und
gab der ſtaatskluge Mazarin ſeinem Zögling nicht den Rath,
den Königsmörder Cromwell ſeinen „lieben Bruder“ zu nen-
nen? Das Intereſſe des Staates entſcheidet hier allein.

Biſchofswerder. Man hat keine Garantie. Morgen
werden die „fünf Männer“ von ihren Thronen gejagt und nach
Südamerika geſchickt. Es iſt eine revolutionäre Regierung.

Ich. Die engliſche Regierung iſt es auch. Georg III.
iſt nicht nur ein ſchwacher Mann, er iſt weniger als nichts;
er iſt wahnſinnig. … Heute negociiren wir mit Pitt, morgen
iſt ein Bute an der Spitze der Angelegenheiten. Die engliſche
Regierung giebt uns auch keine Sicherheit. Wir haben mit
der franzöſiſchen Regierung unterhandelt; wir haben ſie aner-
kannt; wir haben ihr eine diplomatiſche Exiſtenz gegeben und
uns dadurch den Haß aller Mächte zugezogen. Einmal mit
dieſem Haſſe beladen, gehe man noch einen Schritt weiter. . .

Biſchofswerder. Sie gehen zu weit, Maſſenbach.
Eine ſolche Idee dem Könige vorzutragen, kann ich nicht wagen.
Auch kann ich Ihrer Meinung nicht beipflichten. Allianz mit
Frankreich! Das iſt zu früh. Die Dinge in Frankreich haben
noch keine Conſiſtenz.

Dies war im Frühjahr 1796.

Die zweite, noch weit eingehendere Unterredung (ſo fährt
Maſſenbach fort), die ich mit Biſchofswerder um dieſe Zeit

Fontane, Wanderungen. III. 18
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[273/0291] Ich gebe hier eines dieſer Geſpräche, worin ich ihm, wie ſchon bei einer früheren Gelegenheit, ein Bündniß mit Frankreich empfahl. Ich. (Maſſenbach.) Preußen muß ſich feſt mit Frankreich verbinden, wenn es ſich nicht unter das ruſſiſche Joch beu- gen ſoll. Biſchofswerder. Aber bedenken Sie doch, daß der König mit der Directorial-Regierung kein Freundſchaftsbündniß errichten kann. Unter den Directoren befinden ſich einige, die für den Tod ihres Königs geſtimmt haben. Mit Königs- mördern kann kein König tractiren. Ich. Tractiren? Wir haben ja in Baſel tractirt. Und gab der ſtaatskluge Mazarin ſeinem Zögling nicht den Rath, den Königsmörder Cromwell ſeinen „lieben Bruder“ zu nen- nen? Das Intereſſe des Staates entſcheidet hier allein. Biſchofswerder. Man hat keine Garantie. Morgen werden die „fünf Männer“ von ihren Thronen gejagt und nach Südamerika geſchickt. Es iſt eine revolutionäre Regierung. Ich. Die engliſche Regierung iſt es auch. Georg III. iſt nicht nur ein ſchwacher Mann, er iſt weniger als nichts; er iſt wahnſinnig. … Heute negociiren wir mit Pitt, morgen iſt ein Bute an der Spitze der Angelegenheiten. Die engliſche Regierung giebt uns auch keine Sicherheit. Wir haben mit der franzöſiſchen Regierung unterhandelt; wir haben ſie aner- kannt; wir haben ihr eine diplomatiſche Exiſtenz gegeben und uns dadurch den Haß aller Mächte zugezogen. Einmal mit dieſem Haſſe beladen, gehe man noch einen Schritt weiter. . . Biſchofswerder. Sie gehen zu weit, Maſſenbach. Eine ſolche Idee dem Könige vorzutragen, kann ich nicht wagen. Auch kann ich Ihrer Meinung nicht beipflichten. Allianz mit Frankreich! Das iſt zu früh. Die Dinge in Frankreich haben noch keine Conſiſtenz. Dies war im Frühjahr 1796. Die zweite, noch weit eingehendere Unterredung (ſo fährt Maſſenbach fort), die ich mit Biſchofswerder um dieſe Zeit Fontane, Wanderungen. III. 18

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/291>, abgerufen am 24.11.2024.