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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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aus seinem Nachmittagsschlaf auf, strich sich die momentane
Runzel von der Stirn und stand grüßend vor uns. Wer in
solchen Momenten Haltung bewahrt, ist allemal eine liebens-
würdige Natur.

Wenn dies je zutraf, so hier. Wir setzten uns zunächst
in eine Geisblattlaube, die den Eingang umrankte, als aber
die Nachmittagsschwüle zu drücken begann, rückten wir -- ein
paar Forsteleven hatten sich uns zugesellt -- weiter vor, stellten
die Bänke in's Freie und nun die ganze Waldwiese sammt
Graben, Brücke und Remonte-Depot (das zur Hälfte eine
Brandstelle war) vor uns, begann das Geplauder.

Der alte Förster verstand es. Ich darf wohl sagen, so
hob er an, der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint. Mein
Großvater war Förster, mein Vater war Förster, ich bin Förster
und meine drei Jungens sind auch Förster, oder sollen's werden.
Wir haben Alle Waldblut in den Adern, Brieselang-Blut.
Ein Jahr bin ich einmal in einer Kiefern-Haide gewesen, aber
mir wurde erst wieder wohl, als ich Elsen und Eichen um
mich her hatte.

Ist der Brieselang ihre Heimath?

Nicht so ganz, aber doch beinah. Wir sind auf dem Glin
zu Hause. Mein Vater war in Diensten beim alten Blücher,
der dazumal Groß-Ziethen hatte. Ich habe oft auf des alten
Feldmarschalls Knie geritten. "Willst Du auch ein Förster
werden?" Das will ich. "Na, denn werd' ein so braver
Kerl wie dein Vater." Das hab' ich nicht vergessen. Es war
doch ein gnädiger, alter Herr. Als es Anno 15 wieder los
ging, sagte er zu meinem Vater: "Grote, denk Dir, der Deu-
belskerl ist wieder da; wir müssen ihm noch 'mal eins geben;
aber diesmal ordentlich, daß er genug hat un nich wiederkommt."
Und dabei sah er ganz ernsthaft aus, garnicht so schabernackisch
wie sonst wohl; es mocht' ihm wohl schwanen, daß er am
Ende selber nicht wiederkommen könne. Und hören Sie, es
war auch dichte dran, als er da bei Ligny unter seinem
Schimmel lag!

aus ſeinem Nachmittagsſchlaf auf, ſtrich ſich die momentane
Runzel von der Stirn und ſtand grüßend vor uns. Wer in
ſolchen Momenten Haltung bewahrt, iſt allemal eine liebens-
würdige Natur.

Wenn dies je zutraf, ſo hier. Wir ſetzten uns zunächſt
in eine Geisblattlaube, die den Eingang umrankte, als aber
die Nachmittagsſchwüle zu drücken begann, rückten wir — ein
paar Forſteleven hatten ſich uns zugeſellt — weiter vor, ſtellten
die Bänke in’s Freie und nun die ganze Waldwieſe ſammt
Graben, Brücke und Remonte-Depot (das zur Hälfte eine
Brandſtelle war) vor uns, begann das Geplauder.

Der alte Förſter verſtand es. Ich darf wohl ſagen, ſo
hob er an, der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint. Mein
Großvater war Förſter, mein Vater war Förſter, ich bin Förſter
und meine drei Jungens ſind auch Förſter, oder ſollen’s werden.
Wir haben Alle Waldblut in den Adern, Brieſelang-Blut.
Ein Jahr bin ich einmal in einer Kiefern-Haide geweſen, aber
mir wurde erſt wieder wohl, als ich Elſen und Eichen um
mich her hatte.

Iſt der Brieſelang ihre Heimath?

Nicht ſo ganz, aber doch beinah. Wir ſind auf dem Glin
zu Hauſe. Mein Vater war in Dienſten beim alten Blücher,
der dazumal Groß-Ziethen hatte. Ich habe oft auf des alten
Feldmarſchalls Knie geritten. „Willſt Du auch ein Förſter
werden?“ Das will ich. „Na, denn werd’ ein ſo braver
Kerl wie dein Vater.“ Das hab’ ich nicht vergeſſen. Es war
doch ein gnädiger, alter Herr. Als es Anno 15 wieder los
ging, ſagte er zu meinem Vater: „Grote, denk Dir, der Deu-
belskerl iſt wieder da; wir müſſen ihm noch ’mal eins geben;
aber diesmal ordentlich, daß er genug hat un nich wiederkommt.“
Und dabei ſah er ganz ernſthaft aus, garnicht ſo ſchabernackiſch
wie ſonſt wohl; es mocht’ ihm wohl ſchwanen, daß er am
Ende ſelber nicht wiederkommen könne. Und hören Sie, es
war auch dichte dran, als er da bei Ligny unter ſeinem
Schimmel lag!

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[47/0065] aus ſeinem Nachmittagsſchlaf auf, ſtrich ſich die momentane Runzel von der Stirn und ſtand grüßend vor uns. Wer in ſolchen Momenten Haltung bewahrt, iſt allemal eine liebens- würdige Natur. Wenn dies je zutraf, ſo hier. Wir ſetzten uns zunächſt in eine Geisblattlaube, die den Eingang umrankte, als aber die Nachmittagsſchwüle zu drücken begann, rückten wir — ein paar Forſteleven hatten ſich uns zugeſellt — weiter vor, ſtellten die Bänke in’s Freie und nun die ganze Waldwieſe ſammt Graben, Brücke und Remonte-Depot (das zur Hälfte eine Brandſtelle war) vor uns, begann das Geplauder. Der alte Förſter verſtand es. Ich darf wohl ſagen, ſo hob er an, der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint. Mein Großvater war Förſter, mein Vater war Förſter, ich bin Förſter und meine drei Jungens ſind auch Förſter, oder ſollen’s werden. Wir haben Alle Waldblut in den Adern, Brieſelang-Blut. Ein Jahr bin ich einmal in einer Kiefern-Haide geweſen, aber mir wurde erſt wieder wohl, als ich Elſen und Eichen um mich her hatte. Iſt der Brieſelang ihre Heimath? Nicht ſo ganz, aber doch beinah. Wir ſind auf dem Glin zu Hauſe. Mein Vater war in Dienſten beim alten Blücher, der dazumal Groß-Ziethen hatte. Ich habe oft auf des alten Feldmarſchalls Knie geritten. „Willſt Du auch ein Förſter werden?“ Das will ich. „Na, denn werd’ ein ſo braver Kerl wie dein Vater.“ Das hab’ ich nicht vergeſſen. Es war doch ein gnädiger, alter Herr. Als es Anno 15 wieder los ging, ſagte er zu meinem Vater: „Grote, denk Dir, der Deu- belskerl iſt wieder da; wir müſſen ihm noch ’mal eins geben; aber diesmal ordentlich, daß er genug hat un nich wiederkommt.“ Und dabei ſah er ganz ernſthaft aus, garnicht ſo ſchabernackiſch wie ſonſt wohl; es mocht’ ihm wohl ſchwanen, daß er am Ende ſelber nicht wiederkommen könne. Und hören Sie, es war auch dichte dran, als er da bei Ligny unter ſeinem Schimmel lag!

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/65>, abgerufen am 09.11.2024.