neue Orden war der der Cistercienser. Sein nächster Zweck war nicht Abzweigung vom Benediktinerthum, aus dem er hervorging, sondern Wiederherstellung desselben in sei- ner Ursprünglichkeit und Lauterkeit. Aber es scheint das Loos solcher und ähnlicher Bestrebungen -- vielleicht nach jenem Naturgesetz, welches die volle Wiederherstellung von etwas Ver- schwundenem unmöglich macht -- jedesmal zu einer Neu- schöpfung zu führen. Zu einer Neuschöpfung, die anfänglich, in aufrichtiger Demuth, sich selbst nicht als eine Neuschöpfung betrachtet sehen will und doch sich selbst zum Trotz von Tag zu Tag in etwas Neues hineinwächst.
So gingen, gegen den Willen des Gründers, die Cister- cienser aus den Benediktinern hervor.
Verfolgen wir, nach diesen allgemeinen Bemerkungen, die Entwickelung des neuen Ordens aus dem alten, auch an den Trägern dieser Entwickelung, an den Personen.
Robert (später der heilige Robert), Abt des Benediktiner- klosters zu Molesme an der Grenze von Champagne und Bur- gund, gab, um der eingerissenen Verderbtheit willen, die er in seinem eignen Kloster wahrnahm, das Kloster Molesme auf und zog sich in das unwirthliche, nur mit Dornen und Gestrüpp bewachsene, durch ein Flüßchen kümmerlich bewässerte Thal von Citeaux (Cistercium) in der Nähe von Dijon zurück, um daselbst mit 20 anderen Mönchen, die ihm gefolgt waren, getreu nach der ursprünglichen Vorschrift des heiligen Benedikt zu leben. Seine Trennung war eine rein äußerliche und locale, er hatte sich von seinem Kloster getrennt, nicht von der ursprünglichen Kloster regel, ja, er kehrte nach einjähriger Abwesenheit in Citeaux, auf Befehl des Papstes, in das Kloster Molesme zurück. Aber unwissentlich war ein neuer Keim gepflanzt, und der bescheidene Versuch, der eine alte Schöpfung nur neu gestal- ten sollte, schuf nicht in, sondern neben dem Alten ein Neues. In dem Thale von Cisterz ging ein neues Klosterleben auf. Die Träger dieses neuen Lebens aber waren nicht die Benediktiner mehr, sie waren Cisterzienser.
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neue Orden war der der Ciſtercienſer. Sein nächſter Zweck war nicht Abzweigung vom Benediktinerthum, aus dem er hervorging, ſondern Wiederherſtellung deſſelben in ſei- ner Urſprünglichkeit und Lauterkeit. Aber es ſcheint das Loos ſolcher und ähnlicher Beſtrebungen — vielleicht nach jenem Naturgeſetz, welches die volle Wiederherſtellung von etwas Ver- ſchwundenem unmöglich macht — jedesmal zu einer Neu- ſchöpfung zu führen. Zu einer Neuſchöpfung, die anfänglich, in aufrichtiger Demuth, ſich ſelbſt nicht als eine Neuſchöpfung betrachtet ſehen will und doch ſich ſelbſt zum Trotz von Tag zu Tag in etwas Neues hineinwächſt.
So gingen, gegen den Willen des Gründers, die Ciſter- cienſer aus den Benediktinern hervor.
Verfolgen wir, nach dieſen allgemeinen Bemerkungen, die Entwickelung des neuen Ordens aus dem alten, auch an den Trägern dieſer Entwickelung, an den Perſonen.
Robert (ſpäter der heilige Robert), Abt des Benediktiner- kloſters zu Molesme an der Grenze von Champagne und Bur- gund, gab, um der eingeriſſenen Verderbtheit willen, die er in ſeinem eignen Kloſter wahrnahm, das Kloſter Molesme auf und zog ſich in das unwirthliche, nur mit Dornen und Geſtrüpp bewachſene, durch ein Flüßchen kümmerlich bewäſſerte Thal von Citeaux (Cistercium) in der Nähe von Dijon zurück, um daſelbſt mit 20 anderen Mönchen, die ihm gefolgt waren, getreu nach der urſprünglichen Vorſchrift des heiligen Benedikt zu leben. Seine Trennung war eine rein äußerliche und locale, er hatte ſich von ſeinem Kloſter getrennt, nicht von der urſprünglichen Kloſter regel, ja, er kehrte nach einjähriger Abweſenheit in Citeaux, auf Befehl des Papſtes, in das Kloſter Molesme zurück. Aber unwiſſentlich war ein neuer Keim gepflanzt, und der beſcheidene Verſuch, der eine alte Schöpfung nur neu geſtal- ten ſollte, ſchuf nicht in, ſondern neben dem Alten ein Neues. In dem Thale von Ciſterz ging ein neues Kloſterleben auf. Die Träger dieſes neuen Lebens aber waren nicht die Benediktiner mehr, ſie waren Ciſterzienſer.
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neue Orden war der der Ciſtercienſer. Sein nächſter Zweck
war nicht Abzweigung vom Benediktinerthum, aus dem er
hervorging, ſondern Wiederherſtellung deſſelben in ſei-
ner Urſprünglichkeit und Lauterkeit. Aber es ſcheint das Loos
ſolcher und ähnlicher Beſtrebungen — vielleicht nach jenem
Naturgeſetz, welches die volle Wiederherſtellung von etwas Ver-
ſchwundenem unmöglich macht — jedesmal zu einer Neu-
ſchöpfung zu führen. Zu einer Neuſchöpfung, die anfänglich,
in aufrichtiger Demuth, ſich ſelbſt nicht als eine Neuſchöpfung
betrachtet ſehen will und doch ſich ſelbſt zum Trotz von Tag zu
Tag in etwas Neues hineinwächſt.
So gingen, gegen den Willen des Gründers, die Ciſter-
cienſer aus den Benediktinern hervor.
Verfolgen wir, nach dieſen allgemeinen Bemerkungen, die
Entwickelung des neuen Ordens aus dem alten, auch an den
Trägern dieſer Entwickelung, an den Perſonen.
Robert (ſpäter der heilige Robert), Abt des Benediktiner-
kloſters zu Molesme an der Grenze von Champagne und Bur-
gund, gab, um der eingeriſſenen Verderbtheit willen, die er in
ſeinem eignen Kloſter wahrnahm, das Kloſter Molesme auf und
zog ſich in das unwirthliche, nur mit Dornen und Geſtrüpp
bewachſene, durch ein Flüßchen kümmerlich bewäſſerte Thal von
Citeaux (Cistercium) in der Nähe von Dijon zurück, um daſelbſt
mit 20 anderen Mönchen, die ihm gefolgt waren, getreu nach
der urſprünglichen Vorſchrift des heiligen Benedikt zu leben.
Seine Trennung war eine rein äußerliche und locale, er hatte
ſich von ſeinem Kloſter getrennt, nicht von der urſprünglichen
Kloſter regel, ja, er kehrte nach einjähriger Abweſenheit in
Citeaux, auf Befehl des Papſtes, in das Kloſter Molesme
zurück. Aber unwiſſentlich war ein neuer Keim gepflanzt, und
der beſcheidene Verſuch, der eine alte Schöpfung nur neu geſtal-
ten ſollte, ſchuf nicht in, ſondern neben dem Alten ein
Neues. In dem Thale von Ciſterz ging ein neues Kloſterleben
auf. Die Träger dieſes neuen Lebens aber waren nicht die
Benediktiner mehr, ſie waren Ciſterzienſer.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/85>, abgerufen am 30.11.2024.
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