meister), der, wie es scheint, im Lehniner Kloster die Stelle des bursarius (Schatzmeister) vertrat. Daran schlossen sich 20 bis 30 fratres, theils Mönche, theils Novizen, theils Laienbrüder. Die Tracht der Mönche war die übliche der Cistercienser Mönche: weißes Kleid und schwarzes Skapulier.
Das Ansehen und die Gewalt des Abtes waren außerhalb und innerhalb des Klosters von großem Belang. 1450 wurde den Aebten zu Lehnin vom Papste der bischöfliche Ornat zuge- standen. Seitdem trugen sie bei feierlichen Gelegenheiten die bischöfliche Mitra, das Pallium und den Krummstab. Auf den Landtagen saßen sie auf der ersten Bank, unmittelbar nach den Bischöfen von Brandenburg und Havelberg. Innerhalb des Klosters war der Abt selbstverständlich der oberste Leiter des Ganzen, kirchlich wie weltlich. Er sah auf strenge Ordnung in dem täglichen Leben und Wandel der Mönche, er beaufsichtigte den Gottesdienst, er controllirte die Verwaltung des Klosters, des Vermögens, der Einkünfte desselben, er vertrat das Kloster geistlichen und weltlichen Mächten gegenüber. Er regierte; aber diese Regierung war weit ab davon, eine absolute, verantwor- tungslose Herrschaft zu sein. Wie er über dem Convente stand, so stand doch auch der Convent wieder über ihm, und Klagen über den Abt, wenn sie von draußen Stehenden erhoben wur- den, kamen vor den Convent und wurden von diesem entschie- den. Waren die zu erhebenden Klagen aber Klagen des Con- vents selbst, so konnte letzterer freilich in seiner eignen Ange- legenheit nicht Recht sprechen, und ein anderes Tribunal hatte zu entscheiden. Dies Tribunal, der Fälle zu geschweigen, wo es der Landesherr war, war entweder das Mutterkloster, oder das große Capitel in Citeaux, oder der Magdeburger Erzbischof oder endlich der Papst. Solche Auflehnungen und in Folge der Auflehnung solche Appellationen an die obere Instanz zählten keineswegs zu den Seltenheiten, wiewohl die Lehniner Verhält- nisse im Allgemeinen (wir glauben, nicht mit voll so großem Recht, wie in der Regel angenommen wird) durch alle Zeit hin als mustergültige geschildert werden. Der Abt Arnold, von dem
meiſter), der, wie es ſcheint, im Lehniner Kloſter die Stelle des bursarius (Schatzmeiſter) vertrat. Daran ſchloſſen ſich 20 bis 30 fratres, theils Mönche, theils Novizen, theils Laienbrüder. Die Tracht der Mönche war die übliche der Ciſtercienſer Mönche: weißes Kleid und ſchwarzes Skapulier.
Das Anſehen und die Gewalt des Abtes waren außerhalb und innerhalb des Kloſters von großem Belang. 1450 wurde den Aebten zu Lehnin vom Papſte der biſchöfliche Ornat zuge- ſtanden. Seitdem trugen ſie bei feierlichen Gelegenheiten die biſchöfliche Mitra, das Pallium und den Krummſtab. Auf den Landtagen ſaßen ſie auf der erſten Bank, unmittelbar nach den Biſchöfen von Brandenburg und Havelberg. Innerhalb des Kloſters war der Abt ſelbſtverſtändlich der oberſte Leiter des Ganzen, kirchlich wie weltlich. Er ſah auf ſtrenge Ordnung in dem täglichen Leben und Wandel der Mönche, er beaufſichtigte den Gottesdienſt, er controllirte die Verwaltung des Kloſters, des Vermögens, der Einkünfte deſſelben, er vertrat das Kloſter geiſtlichen und weltlichen Mächten gegenüber. Er regierte; aber dieſe Regierung war weit ab davon, eine abſolute, verantwor- tungsloſe Herrſchaft zu ſein. Wie er über dem Convente ſtand, ſo ſtand doch auch der Convent wieder über ihm, und Klagen über den Abt, wenn ſie von draußen Stehenden erhoben wur- den, kamen vor den Convent und wurden von dieſem entſchie- den. Waren die zu erhebenden Klagen aber Klagen des Con- vents ſelbſt, ſo konnte letzterer freilich in ſeiner eignen Ange- legenheit nicht Recht ſprechen, und ein anderes Tribunal hatte zu entſcheiden. Dies Tribunal, der Fälle zu geſchweigen, wo es der Landesherr war, war entweder das Mutterkloſter, oder das große Capitel in Citeaux, oder der Magdeburger Erzbiſchof oder endlich der Papſt. Solche Auflehnungen und in Folge der Auflehnung ſolche Appellationen an die obere Inſtanz zählten keineswegs zu den Seltenheiten, wiewohl die Lehniner Verhält- niſſe im Allgemeinen (wir glauben, nicht mit voll ſo großem Recht, wie in der Regel angenommen wird) durch alle Zeit hin als muſtergültige geſchildert werden. Der Abt Arnold, von dem
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meiſter), der, wie es ſcheint, im Lehniner Kloſter die Stelle des
bursarius (Schatzmeiſter) vertrat. Daran ſchloſſen ſich 20 bis 30
fratres, theils Mönche, theils Novizen, theils Laienbrüder. Die
Tracht der Mönche war die übliche der Ciſtercienſer Mönche:
weißes Kleid und ſchwarzes Skapulier.
Das Anſehen und die Gewalt des Abtes waren außerhalb
und innerhalb des Kloſters von großem Belang. 1450 wurde
den Aebten zu Lehnin vom Papſte der biſchöfliche Ornat zuge-
ſtanden. Seitdem trugen ſie bei feierlichen Gelegenheiten die
biſchöfliche Mitra, das Pallium und den Krummſtab. Auf den
Landtagen ſaßen ſie auf der erſten Bank, unmittelbar nach den
Biſchöfen von Brandenburg und Havelberg. Innerhalb des
Kloſters war der Abt ſelbſtverſtändlich der oberſte Leiter des
Ganzen, kirchlich wie weltlich. Er ſah auf ſtrenge Ordnung in
dem täglichen Leben und Wandel der Mönche, er beaufſichtigte
den Gottesdienſt, er controllirte die Verwaltung des Kloſters,
des Vermögens, der Einkünfte deſſelben, er vertrat das Kloſter
geiſtlichen und weltlichen Mächten gegenüber. Er regierte; aber
dieſe Regierung war weit ab davon, eine abſolute, verantwor-
tungsloſe Herrſchaft zu ſein. Wie er über dem Convente ſtand,
ſo ſtand doch auch der Convent wieder über ihm, und Klagen
über den Abt, wenn ſie von draußen Stehenden erhoben wur-
den, kamen vor den Convent und wurden von dieſem entſchie-
den. Waren die zu erhebenden Klagen aber Klagen des Con-
vents ſelbſt, ſo konnte letzterer freilich in ſeiner eignen Ange-
legenheit nicht Recht ſprechen, und ein anderes Tribunal hatte
zu entſcheiden. Dies Tribunal, der Fälle zu geſchweigen, wo
es der Landesherr war, war entweder das Mutterkloſter, oder
das große Capitel in Citeaux, oder der Magdeburger Erzbiſchof
oder endlich der Papſt. Solche Auflehnungen und in Folge der
Auflehnung ſolche Appellationen an die obere Inſtanz zählten
keineswegs zu den Seltenheiten, wiewohl die Lehniner Verhält-
niſſe im Allgemeinen (wir glauben, nicht mit voll ſo großem
Recht, wie in der Regel angenommen wird) durch alle Zeit hin
als muſtergültige geſchildert werden. Der Abt Arnold, von dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/95>, abgerufen am 29.11.2024.
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