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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten seines jüngsten
Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt ward
und in dieser intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten
und on dit's Veranlassung gab, an denen das preußische Hofleben
jener Zeit so reich war. Zu untersuchen, wie viel Wahrheit oder
überhaupt ob irgendwelche Wahrheit diesen anekdotischen Ueber-
lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenseits unserer Aufgabe; wir
begnügen uns damit, das zu constatiren, worüber Freunde und
Feinde des Grafen, wenn er Feinde hatte, zu jeder Zeit einig
waren: seine Gelehrsamkeit und seine weltmännische Bildung, seine
militärischen Kenntnisse und seine Tapferkeit. Als der Krieg mit
Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte
er zu denen, denen Armee und Volk das meiste Vertrauen ent-
gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindseligkeiten führte er als
Generallieutenant seine Division nach Thüringen und trat unter
den Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig. Beide theilten
wenige Tage später dasselbe Schicksal.

Bei unserem heutigen Besuch in Schloß Cöpenick indeß
lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und
Weltmann, noch als Soldat und Heerführer kennen; sinnig, ein
heitrer Philosoph, ein Freund der Wissenschaften und aller Künste
des Friedens, so tritt er an uns heran. Nur zwei kurze Jahre
waren ihm an dieser Stelle gegönnt, aber sie genügten ihm, um
überall eine Spur seines Wirkens zurückzulassen. Wir übergehen
Urnen und Inschriften, wie sie sich in den schattigen Gängen des
Parkes vorfinden und treten im ersten Stock des Schlosses in ein
nach Süd-Osten hin gelegenes Eckzimmer, dessen eines Fenster auf
den Park, das andere auf die wendische Spree herniederblickt. Es
ist nicht leicht möglich, beim Durchstöbern alter Schlösser einem
überraschenderen Anblick zu begegnen. Der ganze Raum ist zelt-
artig mit einem weißen und gelben Gaze-Stoff ausgeschlagen und
zwar so, daß die Decken-Drapirung den Plafond in zwei gleiche
Hälften theilt. An jeder der beiden Stellen nun, wo die Gaze
zu einer Art Betthimmel zusammengefaltet ist, befindet sich ein
Deckengemälde allegorischen Inhalts. Auf dem ersten, mehr dem
Fenster zu gelegenen, bringt Mercur der Minerva eine Pergament-

der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten ſeines jüngſten
Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt ward
und in dieſer intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten
und on dit’s Veranlaſſung gab, an denen das preußiſche Hofleben
jener Zeit ſo reich war. Zu unterſuchen, wie viel Wahrheit oder
überhaupt ob irgendwelche Wahrheit dieſen anekdotiſchen Ueber-
lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenſeits unſerer Aufgabe; wir
begnügen uns damit, das zu conſtatiren, worüber Freunde und
Feinde des Grafen, wenn er Feinde hatte, zu jeder Zeit einig
waren: ſeine Gelehrſamkeit und ſeine weltmänniſche Bildung, ſeine
militäriſchen Kenntniſſe und ſeine Tapferkeit. Als der Krieg mit
Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte
er zu denen, denen Armee und Volk das meiſte Vertrauen ent-
gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindſeligkeiten führte er als
Generallieutenant ſeine Diviſion nach Thüringen und trat unter
den Oberbefehl des Herzogs von Braunſchweig. Beide theilten
wenige Tage ſpäter daſſelbe Schickſal.

Bei unſerem heutigen Beſuch in Schloß Cöpenick indeß
lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und
Weltmann, noch als Soldat und Heerführer kennen; ſinnig, ein
heitrer Philoſoph, ein Freund der Wiſſenſchaften und aller Künſte
des Friedens, ſo tritt er an uns heran. Nur zwei kurze Jahre
waren ihm an dieſer Stelle gegönnt, aber ſie genügten ihm, um
überall eine Spur ſeines Wirkens zurückzulaſſen. Wir übergehen
Urnen und Inſchriften, wie ſie ſich in den ſchattigen Gängen des
Parkes vorfinden und treten im erſten Stock des Schloſſes in ein
nach Süd-Oſten hin gelegenes Eckzimmer, deſſen eines Fenſter auf
den Park, das andere auf die wendiſche Spree herniederblickt. Es
iſt nicht leicht möglich, beim Durchſtöbern alter Schlöſſer einem
überraſchenderen Anblick zu begegnen. Der ganze Raum iſt zelt-
artig mit einem weißen und gelben Gaze-Stoff ausgeſchlagen und
zwar ſo, daß die Decken-Drapirung den Plafond in zwei gleiche
Hälften theilt. An jeder der beiden Stellen nun, wo die Gaze
zu einer Art Betthimmel zuſammengefaltet iſt, befindet ſich ein
Deckengemälde allegoriſchen Inhalts. Auf dem erſten, mehr dem
Fenſter zu gelegenen, bringt Mercur der Minerva eine Pergament-

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[102/0118] der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten ſeines jüngſten Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt ward und in dieſer intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten und on dit’s Veranlaſſung gab, an denen das preußiſche Hofleben jener Zeit ſo reich war. Zu unterſuchen, wie viel Wahrheit oder überhaupt ob irgendwelche Wahrheit dieſen anekdotiſchen Ueber- lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenſeits unſerer Aufgabe; wir begnügen uns damit, das zu conſtatiren, worüber Freunde und Feinde des Grafen, wenn er Feinde hatte, zu jeder Zeit einig waren: ſeine Gelehrſamkeit und ſeine weltmänniſche Bildung, ſeine militäriſchen Kenntniſſe und ſeine Tapferkeit. Als der Krieg mit Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte er zu denen, denen Armee und Volk das meiſte Vertrauen ent- gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindſeligkeiten führte er als Generallieutenant ſeine Diviſion nach Thüringen und trat unter den Oberbefehl des Herzogs von Braunſchweig. Beide theilten wenige Tage ſpäter daſſelbe Schickſal. Bei unſerem heutigen Beſuch in Schloß Cöpenick indeß lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und Weltmann, noch als Soldat und Heerführer kennen; ſinnig, ein heitrer Philoſoph, ein Freund der Wiſſenſchaften und aller Künſte des Friedens, ſo tritt er an uns heran. Nur zwei kurze Jahre waren ihm an dieſer Stelle gegönnt, aber ſie genügten ihm, um überall eine Spur ſeines Wirkens zurückzulaſſen. Wir übergehen Urnen und Inſchriften, wie ſie ſich in den ſchattigen Gängen des Parkes vorfinden und treten im erſten Stock des Schloſſes in ein nach Süd-Oſten hin gelegenes Eckzimmer, deſſen eines Fenſter auf den Park, das andere auf die wendiſche Spree herniederblickt. Es iſt nicht leicht möglich, beim Durchſtöbern alter Schlöſſer einem überraſchenderen Anblick zu begegnen. Der ganze Raum iſt zelt- artig mit einem weißen und gelben Gaze-Stoff ausgeſchlagen und zwar ſo, daß die Decken-Drapirung den Plafond in zwei gleiche Hälften theilt. An jeder der beiden Stellen nun, wo die Gaze zu einer Art Betthimmel zuſammengefaltet iſt, befindet ſich ein Deckengemälde allegoriſchen Inhalts. Auf dem erſten, mehr dem Fenſter zu gelegenen, bringt Mercur der Minerva eine Pergament-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/118>, abgerufen am 24.11.2024.