pavillons, die sich in den Parkanlagen des vorigen Jahrhunderts so vielfach vorfinden und meist aus sechs oder acht ein gewölbtes Dach tragenden korinthischen Säulen bestehn. Denke man sich nun drei solcher Pavillons in Verjüngung übereinander gestellt und den untersten Pavillon kreuzartig erweitert, so hat man im Wesentlichen ein Bild der Bucher Kirche. Nur eines kommt noch hinzu: rothgetünchte Wandflächen füllen den Raum zwischen den weißen Säulen und Pfeilern aus und stellen dadurch ein gestreiftes Ganze her, das am ehesten vielleicht an die holländischen Bauten aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts erinnert.
Ehe wir in die Kirche selbst eintreten, steigen wir einige Treppen- stufen hinab in die Gruft, die sich unter dem Ostflügel der Kirche befindet und in mehr als einer Beziehung ein Interesse verdient. Diese Gruft oder doch wenigstens ein Theil derselben ist wahr- scheinlich ein Ueberrest der alten Kirche, die hier stand, eine Vor- aussetzung, die sich darauf stützt, daß ein Sarg aus dem Jahr 1679 vorhanden ist, während die gegenwärtige Kirche nicht vor 1727 beendigt war.
Die Gruft besteht aus zwei gewölbten Räumen, die durch eine offene Thür mit einander in Verbindung stehen. Der hintere Raum ist wahrscheinlich älter und empfängt so wenig Licht, daß man eine Kerze anzünden muß, um irgend etwas sehen zu können. Alles was mehr in Front liegt, ist hell und geräumig. Beide Theile haben übrigens das gemeinsam, daß die darin aufgestellten Todten zu Mumien werden. Die hintere Gruftkammer beher- bergt nur einen einzigen Sarg, in dem vorderen Gewölbe dagegen befinden sich einundzwanzig Särge, von denen vierzehn zur Linken und sieben zur Rechten stehen; dazwischen ein Gang. In den vierzehn Särgen zur Linken sind Mitglieder der Familie Viereck (darunter der Minister und seine beiden Frauen) beige- setzt, die sieben Särge zur Rechten aber umschließen Mitglieder der Familie Voß.
Wodurch die Mumificirung erfolgt, ist noch nicht aufgeklärt. Vielleicht ist es die Trockenheit und mehr noch eine beständige leise Bewegung der Luft, was diese Erscheinung hervorruft. Die mumifi- cirten Körper sehen weiß aus, sind verhältnißmäßig wenig eingedörrt und zeigen noch eine gewisse Elasticität von Haut und Fleisch.
pavillons, die ſich in den Parkanlagen des vorigen Jahrhunderts ſo vielfach vorfinden und meiſt aus ſechs oder acht ein gewölbtes Dach tragenden korinthiſchen Säulen beſtehn. Denke man ſich nun drei ſolcher Pavillons in Verjüngung übereinander geſtellt und den unterſten Pavillon kreuzartig erweitert, ſo hat man im Weſentlichen ein Bild der Bucher Kirche. Nur eines kommt noch hinzu: rothgetünchte Wandflächen füllen den Raum zwiſchen den weißen Säulen und Pfeilern aus und ſtellen dadurch ein geſtreiftes Ganze her, das am eheſten vielleicht an die holländiſchen Bauten aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts erinnert.
Ehe wir in die Kirche ſelbſt eintreten, ſteigen wir einige Treppen- ſtufen hinab in die Gruft, die ſich unter dem Oſtflügel der Kirche befindet und in mehr als einer Beziehung ein Intereſſe verdient. Dieſe Gruft oder doch wenigſtens ein Theil derſelben iſt wahr- ſcheinlich ein Ueberreſt der alten Kirche, die hier ſtand, eine Vor- ausſetzung, die ſich darauf ſtützt, daß ein Sarg aus dem Jahr 1679 vorhanden iſt, während die gegenwärtige Kirche nicht vor 1727 beendigt war.
Die Gruft beſteht aus zwei gewölbten Räumen, die durch eine offene Thür mit einander in Verbindung ſtehen. Der hintere Raum iſt wahrſcheinlich älter und empfängt ſo wenig Licht, daß man eine Kerze anzünden muß, um irgend etwas ſehen zu können. Alles was mehr in Front liegt, iſt hell und geräumig. Beide Theile haben übrigens das gemeinſam, daß die darin aufgeſtellten Todten zu Mumien werden. Die hintere Gruftkammer beher- bergt nur einen einzigen Sarg, in dem vorderen Gewölbe dagegen befinden ſich einundzwanzig Särge, von denen vierzehn zur Linken und ſieben zur Rechten ſtehen; dazwiſchen ein Gang. In den vierzehn Särgen zur Linken ſind Mitglieder der Familie Viereck (darunter der Miniſter und ſeine beiden Frauen) beige- ſetzt, die ſieben Särge zur Rechten aber umſchließen Mitglieder der Familie Voß.
Wodurch die Mumificirung erfolgt, iſt noch nicht aufgeklärt. Vielleicht iſt es die Trockenheit und mehr noch eine beſtändige leiſe Bewegung der Luft, was dieſe Erſcheinung hervorruft. Die mumifi- cirten Körper ſehen weiß aus, ſind verhältnißmäßig wenig eingedörrt und zeigen noch eine gewiſſe Elaſticität von Haut und Fleiſch.
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pavillons, die ſich in den Parkanlagen des vorigen Jahrhunderts
ſo vielfach vorfinden und meiſt aus ſechs oder acht ein gewölbtes
Dach tragenden korinthiſchen Säulen beſtehn. Denke man ſich
nun drei ſolcher Pavillons in Verjüngung übereinander geſtellt und
den unterſten Pavillon kreuzartig erweitert, ſo hat man im
Weſentlichen ein Bild der Bucher Kirche. Nur eines kommt noch
hinzu: rothgetünchte Wandflächen füllen den Raum zwiſchen den
weißen Säulen und Pfeilern aus und ſtellen dadurch ein geſtreiftes
Ganze her, das am eheſten vielleicht an die holländiſchen Bauten
aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts erinnert.
Ehe wir in die Kirche ſelbſt eintreten, ſteigen wir einige Treppen-
ſtufen hinab in die Gruft, die ſich unter dem Oſtflügel der Kirche
befindet und in mehr als einer Beziehung ein Intereſſe verdient.
Dieſe Gruft oder doch wenigſtens ein Theil derſelben iſt wahr-
ſcheinlich ein Ueberreſt der alten Kirche, die hier ſtand, eine Vor-
ausſetzung, die ſich darauf ſtützt, daß ein Sarg aus dem Jahr
1679 vorhanden iſt, während die gegenwärtige Kirche nicht vor
1727 beendigt war.
Die Gruft beſteht aus zwei gewölbten Räumen, die durch
eine offene Thür mit einander in Verbindung ſtehen. Der hintere
Raum iſt wahrſcheinlich älter und empfängt ſo wenig Licht, daß
man eine Kerze anzünden muß, um irgend etwas ſehen zu können.
Alles was mehr in Front liegt, iſt hell und geräumig. Beide
Theile haben übrigens das gemeinſam, daß die darin aufgeſtellten
Todten zu Mumien werden. Die hintere Gruftkammer beher-
bergt nur einen einzigen Sarg, in dem vorderen Gewölbe dagegen
befinden ſich einundzwanzig Särge, von denen vierzehn zur Linken
und ſieben zur Rechten ſtehen; dazwiſchen ein Gang. In
den vierzehn Särgen zur Linken ſind Mitglieder der Familie
Viereck (darunter der Miniſter und ſeine beiden Frauen) beige-
ſetzt, die ſieben Särge zur Rechten aber umſchließen Mitglieder der
Familie Voß.
Wodurch die Mumificirung erfolgt, iſt noch nicht aufgeklärt.
Vielleicht iſt es die Trockenheit und mehr noch eine beſtändige leiſe
Bewegung der Luft, was dieſe Erſcheinung hervorruft. Die mumifi-
cirten Körper ſehen weiß aus, ſind verhältnißmäßig wenig eingedörrt
und zeigen noch eine gewiſſe Elaſticität von Haut und Fleiſch.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/187>, abgerufen am 21.11.2024.
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