Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Spener in der Nikolaikirche die Gedächtnißpredigt; den Inhalt "Friedrich Rudolf von Canitz, Sr. churfürstlichen Durchlaucht Ich hab in Vorstehendem den Menschen Canitz als eine lie- Die Natur schien ihn für die diplomatische Laufbahn im *) Canitz und seine erste Gemahlin Doris v. Arnim, deren Grabmäler
ich in der obengenannten Marienkirche zu Berlin lange vergeblich suchte, sind nichtsdestoweniger in derselben wirklich beigesetzt worden, aber in dem Roebel- schen Erbbegräbniß, dessen ich in dem Kapitel Buch bereits eingehender erwähnt habe. Da dies Erbbegräbniß, in dem, laut Stadtrath Klein's Geschichte der Marienkirche, die Todten dreier Familien: der Roebels, Canstein und Canitz beigesetzt wurden, seit etwa 40 Jahren zugemauert ist, so ist es nicht mehr möglich, die Särge um ihre Inschriften zu befragen. Möglich, daß dieselben, z. B. über den Geburtsort Canitz's, einen bestimmten Aufschluß geben würden. Spener in der Nikolaikirche die Gedächtnißpredigt; den Inhalt „Friedrich Rudolf von Canitz, Sr. churfürſtlichen Durchlaucht Ich hab in Vorſtehendem den Menſchen Canitz als eine lie- Die Natur ſchien ihn für die diplomatiſche Laufbahn im *) Canitz und ſeine erſte Gemahlin Doris v. Arnim, deren Grabmäler
ich in der obengenannten Marienkirche zu Berlin lange vergeblich ſuchte, ſind nichtsdeſtoweniger in derſelben wirklich beigeſetzt worden, aber in dem Roebel- ſchen Erbbegräbniß, deſſen ich in dem Kapitel Buch bereits eingehender erwähnt habe. Da dies Erbbegräbniß, in dem, laut Stadtrath Klein’s Geſchichte der Marienkirche, die Todten dreier Familien: der Roebels, Canſtein und Canitz beigeſetzt wurden, ſeit etwa 40 Jahren zugemauert iſt, ſo iſt es nicht mehr möglich, die Särge um ihre Inſchriften zu befragen. Möglich, daß dieſelben, z. B. über den Geburtsort Canitz’s, einen beſtimmten Aufſchluß geben würden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0220" n="204"/> Spener in der Nikolaikirche die Gedächtnißpredigt; den Inhalt<lb/> ſeines Lebens aber ſtellen wir zu folgender Grabſchrift zuſammen:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„Friedrich Rudolf von Canitz, Sr. churfürſtlichen Durchlaucht<lb/> zu Brandenburg wohlbeſtallter Geheime-Rath und Staats-<lb/> miniſter, geb. zu Berlin (nach anderen zu <hi rendition="#g">Lindenberg</hi> bei<lb/> Berlin) den 27. November 1654, geſt. den 11. Auguſt 1699, im<lb/> 45. Jahre ſeines Alters. Was das Leben erhöht und verſchönt,<lb/> das übte und pflegte er. Er liebte die Kunſt und die Menſchen;<lb/> die Freundſchaft hielt er hoch, die Treue am höchſten. Er war<lb/> klug ohne Arg; ein männlicher Sinn, ein kindliches Herz. Er<lb/> liebte die Welt, aber er empfand ihre Eitelkeit; Glaube und<lb/> Sehnſucht wuchſen in ſeinem Herzen und trugen ihn aufwärts.“<note place="foot" n="*)">Canitz und ſeine erſte Gemahlin Doris v. Arnim, deren Grabmäler<lb/> ich in der obengenannten Marienkirche zu Berlin lange vergeblich ſuchte, ſind<lb/> nichtsdeſtoweniger in derſelben wirklich beigeſetzt worden, aber in dem <hi rendition="#g">Roebel-</hi><lb/> ſchen Erbbegräbniß, deſſen ich in dem Kapitel <hi rendition="#g">Buch</hi> bereits eingehender<lb/> erwähnt habe. Da dies Erbbegräbniß, in dem, laut Stadtrath Klein’s<lb/> Geſchichte der Marienkirche, die Todten <hi rendition="#g">dreier</hi> Familien: der Roebels,<lb/> Canſtein und Canitz beigeſetzt wurden, ſeit etwa 40 Jahren zugemauert iſt,<lb/> ſo iſt es nicht mehr möglich, die Särge um ihre Inſchriften zu befragen.<lb/> Möglich, daß dieſelben, z. B. über den Geburtsort Canitz’s, einen beſtimmten<lb/> Aufſchluß geben würden.</note></hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Ich hab in Vorſtehendem den <hi rendition="#g">Menſchen</hi> Canitz als eine lie-<lb/> benswürdige, fein und innerlich angelegte Natur zu ſchildern ver-<lb/> ſucht; es bleibt noch die Frage übrig nach ſeiner <hi rendition="#g">politiſchen</hi><lb/> Bedeutung und nach ſeinem <hi rendition="#g">poetiſchen</hi> Werth. War er ein<lb/> Staatsmann? war er ein Poet? Das Erſtere gewiß, das Zweite<lb/> kaum minder.</p><lb/> <p>Die Natur ſchien ihn für die diplomatiſche Laufbahn im<lb/> Voraus geſchaffen zu haben, und die complicirten Verwandtſchafts-<lb/> grade darin er ſtand (auch die Mutter ſeiner Frau war drei-<lb/> mal verheirathet geweſen) hatten von Jugend auf dahin ge-<lb/> wirkt, dieſe ſeine natürliche Beanlagung auszubilden. Eine<lb/> uns aufbewahrte Charakteriſtik ſeines Weſens zeigt am beſten,<lb/> wie außerordentlich er ſich für ſeine Laufbahn eignete, darin da-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0220]
Spener in der Nikolaikirche die Gedächtnißpredigt; den Inhalt
ſeines Lebens aber ſtellen wir zu folgender Grabſchrift zuſammen:
„Friedrich Rudolf von Canitz, Sr. churfürſtlichen Durchlaucht
zu Brandenburg wohlbeſtallter Geheime-Rath und Staats-
miniſter, geb. zu Berlin (nach anderen zu Lindenberg bei
Berlin) den 27. November 1654, geſt. den 11. Auguſt 1699, im
45. Jahre ſeines Alters. Was das Leben erhöht und verſchönt,
das übte und pflegte er. Er liebte die Kunſt und die Menſchen;
die Freundſchaft hielt er hoch, die Treue am höchſten. Er war
klug ohne Arg; ein männlicher Sinn, ein kindliches Herz. Er
liebte die Welt, aber er empfand ihre Eitelkeit; Glaube und
Sehnſucht wuchſen in ſeinem Herzen und trugen ihn aufwärts.“ *)
Ich hab in Vorſtehendem den Menſchen Canitz als eine lie-
benswürdige, fein und innerlich angelegte Natur zu ſchildern ver-
ſucht; es bleibt noch die Frage übrig nach ſeiner politiſchen
Bedeutung und nach ſeinem poetiſchen Werth. War er ein
Staatsmann? war er ein Poet? Das Erſtere gewiß, das Zweite
kaum minder.
Die Natur ſchien ihn für die diplomatiſche Laufbahn im
Voraus geſchaffen zu haben, und die complicirten Verwandtſchafts-
grade darin er ſtand (auch die Mutter ſeiner Frau war drei-
mal verheirathet geweſen) hatten von Jugend auf dahin ge-
wirkt, dieſe ſeine natürliche Beanlagung auszubilden. Eine
uns aufbewahrte Charakteriſtik ſeines Weſens zeigt am beſten,
wie außerordentlich er ſich für ſeine Laufbahn eignete, darin da-
*) Canitz und ſeine erſte Gemahlin Doris v. Arnim, deren Grabmäler
ich in der obengenannten Marienkirche zu Berlin lange vergeblich ſuchte, ſind
nichtsdeſtoweniger in derſelben wirklich beigeſetzt worden, aber in dem Roebel-
ſchen Erbbegräbniß, deſſen ich in dem Kapitel Buch bereits eingehender
erwähnt habe. Da dies Erbbegräbniß, in dem, laut Stadtrath Klein’s
Geſchichte der Marienkirche, die Todten dreier Familien: der Roebels,
Canſtein und Canitz beigeſetzt wurden, ſeit etwa 40 Jahren zugemauert iſt,
ſo iſt es nicht mehr möglich, die Särge um ihre Inſchriften zu befragen.
Möglich, daß dieſelben, z. B. über den Geburtsort Canitz’s, einen beſtimmten
Aufſchluß geben würden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |