um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, in Besitz einer Neben- linie kam: der Hake's von Flatow im Havellande, wodurch die lebendige Tradition unterbrochen wurde.
Die Wassermühle. Ein schöner, massiver Bau, durch die Gebrüder von Hake im Jahre 1856 neu aufgeführt. Eine In- schriftstafel der alten Mühle hat man in die Frontwand des Neu- baues wieder eingefügt. Die alte Inschrift lautet: "Anno 1695 hat Herr Ernst Ludwig v. Hake, Seiner churfürstlichen Durch- laucht zu Brandenburg Friderici III Oberster bei der Garde zu Fuß, diese adlige Freymühle hinwiederumb ganz neue aus dem Grunde erbauet, weilen die alte gantz zerfallen." Dieser Mache- now'schen oder Hake'schen Wassermühle wird in alten Urkunden oft erwähnt, doch ist sie nicht mit der noch älteren Wassermühle bei Potsdam, kurz vor'm Einfluß der Nuthe in die Havel zu ver- wechseln, die eigens den Namen Hakemühle (früher Hackenmohle) führt. Sie ist viel älter als die Hake's und wird schon 993 ge- nannt, in welchem Jahre König Otto III. seiner Tante, der Aeb- tissin Mathilde von Quedlinburg, den Ort Potsdam schenkte.
Die alte Kirche. Gegenüber der Einfahrt mit dem Medu- senkopf liegt die Kirche. Eh wir sie erreichen, passiren wir ein Steinkreuz, hart an der Straße, zum Andenken eines Schlabern- dorf errichtet, der hier in einem Duell mit einem v. Hake auf offener Dorfstraße getödtet wurde. Sporen und Degen des Ge- fallenen sind in der Kirche aufgehängt. Nicht immer übrigens waren die Hake's Sieger bei solchen Vorfällen. Auf einem anderen Familien- Gute kam es zu einem Duell zwischen einem Hake und einem v. Bornstaedt. Man schoß sich in der großen Halle des Hauses und Hake fiel. Ursach war ein Stückchen niedergetretenes Erbsen- feld. Man war damals rasch bei der Hand.
Wir sind nun an die Kirche herangetreten. Es ist ein über- raschend gefälliger, beinah feinstilisirter Backsteinbau aus dem 16. Jahrhundert (vielleicht auch schon aus bem 15.) reizend zwischen Bäumen und Epheugräbern gelegen und von einer Steinmauer eingefaßt. Die eine Kirchenwand trägt zwar deutlich die Inschrift: "Casparus Jacke, Maurermeister zu Potsdam 1597", doch hat er die Kirche sehr wahrscheinlich nur restaurirt. Der Unterbau, bis zum Beginn der Fenster, ist jedenfalls viel älter und die be-
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, in Beſitz einer Neben- linie kam: der Hake’s von Flatow im Havellande, wodurch die lebendige Tradition unterbrochen wurde.
Die Waſſermühle. Ein ſchöner, maſſiver Bau, durch die Gebrüder von Hake im Jahre 1856 neu aufgeführt. Eine In- ſchriftstafel der alten Mühle hat man in die Frontwand des Neu- baues wieder eingefügt. Die alte Inſchrift lautet: „Anno 1695 hat Herr Ernſt Ludwig v. Hake, Seiner churfürſtlichen Durch- laucht zu Brandenburg Friderici III Oberſter bei der Garde zu Fuß, dieſe adlige Freymühle hinwiederumb ganz neue aus dem Grunde erbauet, weilen die alte gantz zerfallen.“ Dieſer Mache- now’ſchen oder Hake’ſchen Waſſermühle wird in alten Urkunden oft erwähnt, doch iſt ſie nicht mit der noch älteren Waſſermühle bei Potsdam, kurz vor’m Einfluß der Nuthe in die Havel zu ver- wechſeln, die eigens den Namen Hakemühle (früher Hackenmohle) führt. Sie iſt viel älter als die Hake’s und wird ſchon 993 ge- nannt, in welchem Jahre König Otto III. ſeiner Tante, der Aeb- tiſſin Mathilde von Quedlinburg, den Ort Potsdam ſchenkte.
Die alte Kirche. Gegenüber der Einfahrt mit dem Medu- ſenkopf liegt die Kirche. Eh wir ſie erreichen, paſſiren wir ein Steinkreuz, hart an der Straße, zum Andenken eines Schlabern- dorf errichtet, der hier in einem Duell mit einem v. Hake auf offener Dorfſtraße getödtet wurde. Sporen und Degen des Ge- fallenen ſind in der Kirche aufgehängt. Nicht immer übrigens waren die Hake’s Sieger bei ſolchen Vorfällen. Auf einem anderen Familien- Gute kam es zu einem Duell zwiſchen einem Hake und einem v. Bornſtaedt. Man ſchoß ſich in der großen Halle des Hauſes und Hake fiel. Urſach war ein Stückchen niedergetretenes Erbſen- feld. Man war damals raſch bei der Hand.
Wir ſind nun an die Kirche herangetreten. Es iſt ein über- raſchend gefälliger, beinah feinſtiliſirter Backſteinbau aus dem 16. Jahrhundert (vielleicht auch ſchon aus bem 15.) reizend zwiſchen Bäumen und Epheugräbern gelegen und von einer Steinmauer eingefaßt. Die eine Kirchenwand trägt zwar deutlich die Inſchrift: „Casparus Jacke, Maurermeiſter zu Potsdam 1597“, doch hat er die Kirche ſehr wahrſcheinlich nur reſtaurirt. Der Unterbau, bis zum Beginn der Fenſter, iſt jedenfalls viel älter und die be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0303"n="287"/>
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, in Beſitz einer Neben-<lb/>
linie kam: der Hake’s von Flatow im Havellande, wodurch die<lb/>
lebendige Tradition unterbrochen wurde.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Waſſermühle</hi>. Ein ſchöner, maſſiver Bau, durch die<lb/>
Gebrüder von Hake im Jahre 1856 neu aufgeführt. Eine In-<lb/>ſchriftstafel der <hirendition="#g">alten</hi> Mühle hat man in die Frontwand des Neu-<lb/>
baues wieder eingefügt. Die alte Inſchrift lautet: „<hirendition="#aq">Anno</hi> 1695<lb/>
hat Herr Ernſt Ludwig v. Hake, Seiner churfürſtlichen Durch-<lb/>
laucht zu Brandenburg <hirendition="#aq">Friderici III</hi> Oberſter bei der Garde zu<lb/>
Fuß, dieſe adlige Freymühle hinwiederumb ganz neue aus dem<lb/>
Grunde erbauet, weilen die alte gantz zerfallen.“ Dieſer Mache-<lb/>
now’ſchen oder Hake’ſchen Waſſermühle wird in alten Urkunden oft<lb/>
erwähnt, doch iſt ſie nicht mit der noch älteren Waſſermühle bei<lb/>
Potsdam, kurz vor’m Einfluß der Nuthe in die Havel zu ver-<lb/>
wechſeln, die eigens den Namen <hirendition="#g">Hakemühle</hi> (früher Hackenmohle)<lb/>
führt. Sie iſt viel älter als die Hake’s und wird ſchon 993 ge-<lb/>
nannt, in welchem Jahre König Otto <hirendition="#aq">III.</hi>ſeiner Tante, der Aeb-<lb/>
tiſſin Mathilde von Quedlinburg, den Ort Potsdam ſchenkte.</p><lb/><p><hirendition="#g">Die alte Kirche</hi>. Gegenüber der Einfahrt mit dem Medu-<lb/>ſenkopf liegt die Kirche. Eh wir ſie erreichen, paſſiren wir ein<lb/>
Steinkreuz, hart an der Straße, zum Andenken eines Schlabern-<lb/>
dorf errichtet, der hier in einem Duell mit einem v. Hake auf<lb/>
offener Dorfſtraße getödtet wurde. Sporen und Degen des Ge-<lb/>
fallenen ſind in der Kirche aufgehängt. Nicht immer übrigens waren die<lb/>
Hake’s Sieger bei ſolchen Vorfällen. Auf einem anderen Familien-<lb/>
Gute kam es zu einem Duell zwiſchen einem Hake und einem<lb/>
v. Bornſtaedt. Man ſchoß ſich in der großen Halle des Hauſes<lb/>
und Hake fiel. Urſach war ein Stückchen niedergetretenes Erbſen-<lb/>
feld. Man war damals raſch bei der Hand.</p><lb/><p>Wir ſind nun an die <hirendition="#g">Kirche</hi> herangetreten. Es iſt ein über-<lb/>
raſchend gefälliger, beinah feinſtiliſirter Backſteinbau aus dem<lb/>
16. Jahrhundert (vielleicht auch ſchon aus bem 15.) reizend zwiſchen<lb/>
Bäumen und Epheugräbern gelegen und von einer Steinmauer<lb/>
eingefaßt. Die eine Kirchenwand trägt zwar deutlich die Inſchrift:<lb/><hirendition="#aq">„Casparus Jacke,</hi> Maurermeiſter zu Potsdam 1597“, doch hat<lb/>
er die Kirche ſehr wahrſcheinlich nur reſtaurirt. Der Unterbau,<lb/>
bis zum Beginn der Fenſter, iſt jedenfalls viel älter und die be-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[287/0303]
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, in Beſitz einer Neben-
linie kam: der Hake’s von Flatow im Havellande, wodurch die
lebendige Tradition unterbrochen wurde.
Die Waſſermühle. Ein ſchöner, maſſiver Bau, durch die
Gebrüder von Hake im Jahre 1856 neu aufgeführt. Eine In-
ſchriftstafel der alten Mühle hat man in die Frontwand des Neu-
baues wieder eingefügt. Die alte Inſchrift lautet: „Anno 1695
hat Herr Ernſt Ludwig v. Hake, Seiner churfürſtlichen Durch-
laucht zu Brandenburg Friderici III Oberſter bei der Garde zu
Fuß, dieſe adlige Freymühle hinwiederumb ganz neue aus dem
Grunde erbauet, weilen die alte gantz zerfallen.“ Dieſer Mache-
now’ſchen oder Hake’ſchen Waſſermühle wird in alten Urkunden oft
erwähnt, doch iſt ſie nicht mit der noch älteren Waſſermühle bei
Potsdam, kurz vor’m Einfluß der Nuthe in die Havel zu ver-
wechſeln, die eigens den Namen Hakemühle (früher Hackenmohle)
führt. Sie iſt viel älter als die Hake’s und wird ſchon 993 ge-
nannt, in welchem Jahre König Otto III. ſeiner Tante, der Aeb-
tiſſin Mathilde von Quedlinburg, den Ort Potsdam ſchenkte.
Die alte Kirche. Gegenüber der Einfahrt mit dem Medu-
ſenkopf liegt die Kirche. Eh wir ſie erreichen, paſſiren wir ein
Steinkreuz, hart an der Straße, zum Andenken eines Schlabern-
dorf errichtet, der hier in einem Duell mit einem v. Hake auf
offener Dorfſtraße getödtet wurde. Sporen und Degen des Ge-
fallenen ſind in der Kirche aufgehängt. Nicht immer übrigens waren die
Hake’s Sieger bei ſolchen Vorfällen. Auf einem anderen Familien-
Gute kam es zu einem Duell zwiſchen einem Hake und einem
v. Bornſtaedt. Man ſchoß ſich in der großen Halle des Hauſes
und Hake fiel. Urſach war ein Stückchen niedergetretenes Erbſen-
feld. Man war damals raſch bei der Hand.
Wir ſind nun an die Kirche herangetreten. Es iſt ein über-
raſchend gefälliger, beinah feinſtiliſirter Backſteinbau aus dem
16. Jahrhundert (vielleicht auch ſchon aus bem 15.) reizend zwiſchen
Bäumen und Epheugräbern gelegen und von einer Steinmauer
eingefaßt. Die eine Kirchenwand trägt zwar deutlich die Inſchrift:
„Casparus Jacke, Maurermeiſter zu Potsdam 1597“, doch hat
er die Kirche ſehr wahrſcheinlich nur reſtaurirt. Der Unterbau,
bis zum Beginn der Fenſter, iſt jedenfalls viel älter und die be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/303>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.