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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Jeder wohlhabende Bauer wohnt jetzt besser. Es scheint, man
legte damals Gewicht auf andres, auch auf andere Aeußerlich-
keiten
, und ein höchst interessantes Sopha, das sich in den
Damenzimmern des jetzigen Herrenhauses vorfindet, übernimmt
den Beweis dafür. Als vor einem Vierteljahrhundert das Alvens-
lebensche Fachwerkhaus ausgebessert werden sollte, fand man auf
einem der spinnwebverhangenen Böden einen alten Deckelkasten,
der sich alsbald als eine Truhe zu erkennen gab. Dieser Fund
erschien Anfangs gleichgültig genug; nachdem man indeß den Kasten
an's Licht gebracht und von der Verstaubung eines Jahrhunderts
gesäubert hatte, gewahrte man ein wahres Prachtstück, das es mit
den aller modernsten Weißzeugspinden unserer Möbelmagazine kühn-
lich aufnehmen dürfe. Die Vorderseite des Kastens war in vier
Felder getheilt und jedes Feld bestand aus allerhand buntem, reich
vergoldetem Schnitzwerk, in dessen Mitte sich ein sorglich gemaltes
Wappenbild zeigte. Es waren die vier Wappen der Alvensleben,
Redern, Bredow und Hake. Der gegenwärtige Besitzer Löwen-
bruchs wußte diesen Fund aufs glücklichste zu benutzen. Er ließ
von geschickter Hand, die das Schnitzwerk der Truhe zum Muster
nahm, eine Rückenlehne anfertigen, schmückte diese Lehne mit
seinem eigenen Wappen und erzielte dadurch ein Sopha, das
nach Erscheinung und Entstehungs-Geschichte nicht leicht ein Seiten-
stück finden wird. Und was ist der Schluß, den ich daraus ziehe?
Die Alvenslebens hatten ein schlichtes Haus, aber eine reiche,
adlige Truhe, und der Inhalt derselben blieb muthmaßlich hinter
dem vergoldeten Schnitzwerk nicht zurück. Ihren Reichthum be-
kundet auch die schöngeschnitzte Kanzel, die Achatz v. Alvensleben
der Löwenbrucher Kirche zum Geschenk machte.

Die Gröbens führen uns bis in dies Jahrhundert hinein.
Die letzten dieser Familie, die Löwenbruch besaßen, waren zwei
Brüder, die ohne männliche Descendenz verstarben. Der jüngere
von beiden, der unter Friedrich dem Großen Rittmeister im Re-
giment Gensdarmes gewesen war, war der eigentliche Besitzer. Er
that viel zur Hebung des Guts, baute das jetzige Herrenhaus,
starb aber früher als sein älterer Bruder, dem nun, da keine
Kinder da waren, die schöne Besitzung zufiel. Dieser Bruder war
ein Original, gescheidt, tapfer, nüchtern und phantastisch zugleich.

Jeder wohlhabende Bauer wohnt jetzt beſſer. Es ſcheint, man
legte damals Gewicht auf andres, auch auf andere Aeußerlich-
keiten
, und ein höchſt intereſſantes Sopha, das ſich in den
Damenzimmern des jetzigen Herrenhauſes vorfindet, übernimmt
den Beweis dafür. Als vor einem Vierteljahrhundert das Alvens-
lebenſche Fachwerkhaus ausgebeſſert werden ſollte, fand man auf
einem der ſpinnwebverhangenen Böden einen alten Deckelkaſten,
der ſich alsbald als eine Truhe zu erkennen gab. Dieſer Fund
erſchien Anfangs gleichgültig genug; nachdem man indeß den Kaſten
an’s Licht gebracht und von der Verſtaubung eines Jahrhunderts
geſäubert hatte, gewahrte man ein wahres Prachtſtück, das es mit
den aller modernſten Weißzeugſpinden unſerer Möbelmagazine kühn-
lich aufnehmen dürfe. Die Vorderſeite des Kaſtens war in vier
Felder getheilt und jedes Feld beſtand aus allerhand buntem, reich
vergoldetem Schnitzwerk, in deſſen Mitte ſich ein ſorglich gemaltes
Wappenbild zeigte. Es waren die vier Wappen der Alvensleben,
Redern, Bredow und Hake. Der gegenwärtige Beſitzer Löwen-
bruchs wußte dieſen Fund aufs glücklichſte zu benutzen. Er ließ
von geſchickter Hand, die das Schnitzwerk der Truhe zum Muſter
nahm, eine Rückenlehne anfertigen, ſchmückte dieſe Lehne mit
ſeinem eigenen Wappen und erzielte dadurch ein Sopha, das
nach Erſcheinung und Entſtehungs-Geſchichte nicht leicht ein Seiten-
ſtück finden wird. Und was iſt der Schluß, den ich daraus ziehe?
Die Alvenslebens hatten ein ſchlichtes Haus, aber eine reiche,
adlige Truhe, und der Inhalt derſelben blieb muthmaßlich hinter
dem vergoldeten Schnitzwerk nicht zurück. Ihren Reichthum be-
kundet auch die ſchöngeſchnitzte Kanzel, die Achatz v. Alvensleben
der Löwenbrucher Kirche zum Geſchenk machte.

Die Gröbens führen uns bis in dies Jahrhundert hinein.
Die letzten dieſer Familie, die Löwenbruch beſaßen, waren zwei
Brüder, die ohne männliche Descendenz verſtarben. Der jüngere
von beiden, der unter Friedrich dem Großen Rittmeiſter im Re-
giment Gensdarmes geweſen war, war der eigentliche Beſitzer. Er
that viel zur Hebung des Guts, baute das jetzige Herrenhaus,
ſtarb aber früher als ſein älterer Bruder, dem nun, da keine
Kinder da waren, die ſchöne Beſitzung zufiel. Dieſer Bruder war
ein Original, geſcheidt, tapfer, nüchtern und phantaſtiſch zugleich.

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[320/0336] Jeder wohlhabende Bauer wohnt jetzt beſſer. Es ſcheint, man legte damals Gewicht auf andres, auch auf andere Aeußerlich- keiten, und ein höchſt intereſſantes Sopha, das ſich in den Damenzimmern des jetzigen Herrenhauſes vorfindet, übernimmt den Beweis dafür. Als vor einem Vierteljahrhundert das Alvens- lebenſche Fachwerkhaus ausgebeſſert werden ſollte, fand man auf einem der ſpinnwebverhangenen Böden einen alten Deckelkaſten, der ſich alsbald als eine Truhe zu erkennen gab. Dieſer Fund erſchien Anfangs gleichgültig genug; nachdem man indeß den Kaſten an’s Licht gebracht und von der Verſtaubung eines Jahrhunderts geſäubert hatte, gewahrte man ein wahres Prachtſtück, das es mit den aller modernſten Weißzeugſpinden unſerer Möbelmagazine kühn- lich aufnehmen dürfe. Die Vorderſeite des Kaſtens war in vier Felder getheilt und jedes Feld beſtand aus allerhand buntem, reich vergoldetem Schnitzwerk, in deſſen Mitte ſich ein ſorglich gemaltes Wappenbild zeigte. Es waren die vier Wappen der Alvensleben, Redern, Bredow und Hake. Der gegenwärtige Beſitzer Löwen- bruchs wußte dieſen Fund aufs glücklichſte zu benutzen. Er ließ von geſchickter Hand, die das Schnitzwerk der Truhe zum Muſter nahm, eine Rückenlehne anfertigen, ſchmückte dieſe Lehne mit ſeinem eigenen Wappen und erzielte dadurch ein Sopha, das nach Erſcheinung und Entſtehungs-Geſchichte nicht leicht ein Seiten- ſtück finden wird. Und was iſt der Schluß, den ich daraus ziehe? Die Alvenslebens hatten ein ſchlichtes Haus, aber eine reiche, adlige Truhe, und der Inhalt derſelben blieb muthmaßlich hinter dem vergoldeten Schnitzwerk nicht zurück. Ihren Reichthum be- kundet auch die ſchöngeſchnitzte Kanzel, die Achatz v. Alvensleben der Löwenbrucher Kirche zum Geſchenk machte. Die Gröbens führen uns bis in dies Jahrhundert hinein. Die letzten dieſer Familie, die Löwenbruch beſaßen, waren zwei Brüder, die ohne männliche Descendenz verſtarben. Der jüngere von beiden, der unter Friedrich dem Großen Rittmeiſter im Re- giment Gensdarmes geweſen war, war der eigentliche Beſitzer. Er that viel zur Hebung des Guts, baute das jetzige Herrenhaus, ſtarb aber früher als ſein älterer Bruder, dem nun, da keine Kinder da waren, die ſchöne Beſitzung zufiel. Dieſer Bruder war ein Original, geſcheidt, tapfer, nüchtern und phantaſtiſch zugleich.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/336>, abgerufen am 24.11.2024.