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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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und der Hahn, der sonst wohl im Schatten unter dem Vordach
um diese Stunde zu meditiren pflegt, heut schüttelt er seine Federn
und scheint sich in den Honneurs zu üben, so oft er auf einem
Fuße steht. Jetzt aber meldet sein lauter Schrei, daß Freund oder
Feind im Anzuge, die Tauben flattern auf und die Mädchen auf
dem Hausflur rufen was Jeder weiß: Sie kommen! Im Nu
sprengen jetzt Vorreiter auf den Hof, der erste Wagen hält
und die Pferde schnaufen und werfen den Schaum von den
Nüstern; eine lange Reihe von Equipagen folgt; aber ehe sie
heran sind, öffnet ein Jäger den Schlag und den Tritt hinab,
der sich beim Oeffnen der Wagenthür wie von selber ausbreitet,
steigen König und Königin.

Sie haben sich anmelden lassen in Groß-Beuthen, haben um
Quartier gebeten für die Tage des Manövers, das die Garden
auf dem Sandplateau des Teltow eben heute begonnen haben, und
da sind sie nun, um ihren Einzug zu halten. Liebe empfängt sie
und Ehre geben sie. Die Schilftreppe hinauf schreitet das hohe
Paar, und nach Worten herzlicher Begrüßung treten König und
Königin in die für sie bereit gehaltenen Zimmer.

Und nun eine Stunde später.

Im Freien ist das Mahl angerichtet unter ein paar
mächtigen Kastanien, die das weiße Linnen des Tisches überschatten.
Und was alles hat der Wunsch, ein Schönstes und Bestes zu
thun, aus diesem schlichten Platze gemacht! Der Staketenzaun,
dessen Holzwerk längst die Zeichen gereifter Jahre trägt, hat seine
Moos- und Flechten-Patina hinter Pyramiden von Riesenmais
versteckt und was im Garten noch Duft und Farbe hatte, scheint
jetzt hier versammelt zu sein. Die Treibhäuser haben ihre Blumen-
töpfe bis auf den letzten Mann gestellt und selbst der Landsturm
der Astern ist aufgeboten worden. Terrassenförmig stehen sie rechts
und links und blicken einander über die Köpfe fort, als wären
sie nicht nur erschienen, um gesehen zu werden, sondern auch
um selber zu sehn.

Die trotzigen Tage liegen weit zurück -- König und Königin
sind zu Gast in Groß-Beuthen. Die vollen Blätterschirme geben
Schatten und doch liegt ein Sonnenschein über der Tafel und
das Singen der Vögel klingt als wollten sie denen draußen er-

und der Hahn, der ſonſt wohl im Schatten unter dem Vordach
um dieſe Stunde zu meditiren pflegt, heut ſchüttelt er ſeine Federn
und ſcheint ſich in den Honneurs zu üben, ſo oft er auf einem
Fuße ſteht. Jetzt aber meldet ſein lauter Schrei, daß Freund oder
Feind im Anzuge, die Tauben flattern auf und die Mädchen auf
dem Hausflur rufen was Jeder weiß: Sie kommen! Im Nu
ſprengen jetzt Vorreiter auf den Hof, der erſte Wagen hält
und die Pferde ſchnaufen und werfen den Schaum von den
Nüſtern; eine lange Reihe von Equipagen folgt; aber ehe ſie
heran ſind, öffnet ein Jäger den Schlag und den Tritt hinab,
der ſich beim Oeffnen der Wagenthür wie von ſelber ausbreitet,
ſteigen König und Königin.

Sie haben ſich anmelden laſſen in Groß-Beuthen, haben um
Quartier gebeten für die Tage des Manövers, das die Garden
auf dem Sandplateau des Teltow eben heute begonnen haben, und
da ſind ſie nun, um ihren Einzug zu halten. Liebe empfängt ſie
und Ehre geben ſie. Die Schilftreppe hinauf ſchreitet das hohe
Paar, und nach Worten herzlicher Begrüßung treten König und
Königin in die für ſie bereit gehaltenen Zimmer.

Und nun eine Stunde ſpäter.

Im Freien iſt das Mahl angerichtet unter ein paar
mächtigen Kaſtanien, die das weiße Linnen des Tiſches überſchatten.
Und was alles hat der Wunſch, ein Schönſtes und Beſtes zu
thun, aus dieſem ſchlichten Platze gemacht! Der Staketenzaun,
deſſen Holzwerk längſt die Zeichen gereifter Jahre trägt, hat ſeine
Moos- und Flechten-Patina hinter Pyramiden von Rieſenmais
verſteckt und was im Garten noch Duft und Farbe hatte, ſcheint
jetzt hier verſammelt zu ſein. Die Treibhäuſer haben ihre Blumen-
töpfe bis auf den letzten Mann geſtellt und ſelbſt der Landſturm
der Aſtern iſt aufgeboten worden. Terraſſenförmig ſtehen ſie rechts
und links und blicken einander über die Köpfe fort, als wären
ſie nicht nur erſchienen, um geſehen zu werden, ſondern auch
um ſelber zu ſehn.

Die trotzigen Tage liegen weit zurück — König und Königin
ſind zu Gaſt in Groß-Beuthen. Die vollen Blätterſchirme geben
Schatten und doch liegt ein Sonnenſchein über der Tafel und
das Singen der Vögel klingt als wollten ſie denen draußen er-

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[332/0348] und der Hahn, der ſonſt wohl im Schatten unter dem Vordach um dieſe Stunde zu meditiren pflegt, heut ſchüttelt er ſeine Federn und ſcheint ſich in den Honneurs zu üben, ſo oft er auf einem Fuße ſteht. Jetzt aber meldet ſein lauter Schrei, daß Freund oder Feind im Anzuge, die Tauben flattern auf und die Mädchen auf dem Hausflur rufen was Jeder weiß: Sie kommen! Im Nu ſprengen jetzt Vorreiter auf den Hof, der erſte Wagen hält und die Pferde ſchnaufen und werfen den Schaum von den Nüſtern; eine lange Reihe von Equipagen folgt; aber ehe ſie heran ſind, öffnet ein Jäger den Schlag und den Tritt hinab, der ſich beim Oeffnen der Wagenthür wie von ſelber ausbreitet, ſteigen König und Königin. Sie haben ſich anmelden laſſen in Groß-Beuthen, haben um Quartier gebeten für die Tage des Manövers, das die Garden auf dem Sandplateau des Teltow eben heute begonnen haben, und da ſind ſie nun, um ihren Einzug zu halten. Liebe empfängt ſie und Ehre geben ſie. Die Schilftreppe hinauf ſchreitet das hohe Paar, und nach Worten herzlicher Begrüßung treten König und Königin in die für ſie bereit gehaltenen Zimmer. Und nun eine Stunde ſpäter. Im Freien iſt das Mahl angerichtet unter ein paar mächtigen Kaſtanien, die das weiße Linnen des Tiſches überſchatten. Und was alles hat der Wunſch, ein Schönſtes und Beſtes zu thun, aus dieſem ſchlichten Platze gemacht! Der Staketenzaun, deſſen Holzwerk längſt die Zeichen gereifter Jahre trägt, hat ſeine Moos- und Flechten-Patina hinter Pyramiden von Rieſenmais verſteckt und was im Garten noch Duft und Farbe hatte, ſcheint jetzt hier verſammelt zu ſein. Die Treibhäuſer haben ihre Blumen- töpfe bis auf den letzten Mann geſtellt und ſelbſt der Landſturm der Aſtern iſt aufgeboten worden. Terraſſenförmig ſtehen ſie rechts und links und blicken einander über die Köpfe fort, als wären ſie nicht nur erſchienen, um geſehen zu werden, ſondern auch um ſelber zu ſehn. Die trotzigen Tage liegen weit zurück — König und Königin ſind zu Gaſt in Groß-Beuthen. Die vollen Blätterſchirme geben Schatten und doch liegt ein Sonnenſchein über der Tafel und das Singen der Vögel klingt als wollten ſie denen draußen er-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/348>, abgerufen am 22.11.2024.