Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Er war einverstanden und zeigte nur dann und wann mit Moll, dem ich meine Bemerkung mittheilte, fand es auch und All das sprach er in sehr gebildetem Deutsch, mit einem "Ich? Ich bin aus Hinterpommern." "Ist es möglich?" "Ja, was will man machen." "Und von wo denn?" "Von Cöslin. Das heißt ein bischen ab, so nach'm Gollen- "Da sind Sie ja Nachbar von Bismarck." "Nei, der liegt mehr rechts weg, so zwischen Rummelsburg "Ich dacht immer, es wäre da nicht viel los." "Ja, das haben mir schon Viele gesagt. Aber es is nicht so. "Nu gut. Aber was haben Sie denn? Ist es denn besser 2*
Er war einverſtanden und zeigte nur dann und wann mit Moll, dem ich meine Bemerkung mittheilte, fand es auch und All das ſprach er in ſehr gebildetem Deutſch, mit einem „Ich? Ich bin aus Hinterpommern.“ „Iſt es möglich?“ „Ja, was will man machen.“ „Und von wo denn?“ „Von Cöslin. Das heißt ein bischen ab, ſo nach’m Gollen- „Da ſind Sie ja Nachbar von Bismarck.“ „Nei, der liegt mehr rechts weg, ſo zwiſchen Rummelsburg „Ich dacht immer, es wäre da nicht viel los.“ „Ja, das haben mir ſchon Viele geſagt. Aber es is nicht ſo. „Nu gut. Aber was haben Sie denn? Iſt es denn beſſer 2*
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Er war einverſtanden und zeigte nur dann und wann mit
dem Peitſchenſtock auf das eigenthümliche Treiben an dem uns
immer näher kommenden Hügelabhang. Ein einziges Pferd zog
eine lange Reihe von Wagen und ließ mich erkennen, daß dort
ein aus irgend einem Bergſtollen herausführendes Schienengeleiſe
liegen mußte. Von der entgegengeſetzten Seite her kamen leere
Wagen zurück, und in einem dem Höhenzuge vorgelegenen Sumpf-
ſtücke ſtand ein Storch und ſah ſich ernſt und nachdenklich um.
Es war, als ſuch’ er nach einem Wahr- und Erkennungszeichen und
könne nicht einig mit ſich werden, ob es auch die rechte Gegend ſei.
Moll, dem ich meine Bemerkung mittheilte, fand es auch und
verbreitete ſich dann eingehender über Störche, namentlich aber
darüber, daß es doch eigentlich ein merkwürdiger und zugleich auch
höchſt anſpruchsloſer Vogel ſei, der immer wieder ins Beeskow-
Storkowſche komme, während ihm doch die ganze Welt offen ſtehe.
All das ſprach er in ſehr gebildetem Deutſch, mit einem
Dialektanklange, der weder märkiſch noch berliniſch war, obwohl
er von beiden einen Beiſatz hatte. Dies fiel mir natürlich auf
und ich ſagte: „Sie ſprechen ſo anders, Moll; wo ſind Sie
eigentlich her?“
„Ich? Ich bin aus Hinterpommern.“
„Iſt es möglich?“
„Ja, was will man machen.“
„Und von wo denn?“
„Von Cöslin. Das heißt ein bischen ab, ſo nach’m Gollen-
berg zu.“
„Da ſind Sie ja Nachbar von Bismarck.“
„Nei, der liegt mehr rechts weg, ſo zwiſchen Rummelsburg
und Schlawe. Meine Gegend iſt doch noch anders. Und ich
ſag’ Ihnen, eine propre Gegend.“
„Ich dacht immer, es wäre da nicht viel los.“
„Ja, das haben mir ſchon Viele geſagt. Aber es is nicht ſo.
Da is mehr los als hier. Denn was haben Sie denn hier? Eine
Kuſſel und dann wieder ’ne Kuſſel. Und mal ’ne Kräh und wenn’s
hochkommt ’ne Bockmühle.“
„Nu gut. Aber was haben Sie denn? Iſt es denn beſſer
bei Ihnen?
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