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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Ein klarer Octoberhimmel lacht, in die Platanenblätter mischt
sich das erste Gelb und die Birnbäume, die hoch über das Wein-
spalier wegragen, stehen in voller Frucht. Im Gartensaal aber
ist es, als wäre schon December, jene schönste Zeit im Jahr, wo's
auf Flur und Treppe nach Tannenbaum und Wachsstock duftet und
wo die Geschenke kommen von nah und fern. Und wirklich an
der ganzen Länge des Tisches hin stehen die Groß-Beuthenschen
Hausinsassen und blicken auf allerlei wohlverpackte Kisten, als
wären es Zauber-Commoden, aus deren Fächern in jedem Augen-
blick ein Wundervogel auffliegen könne. Mit einer Feierlichkeit,
die Niemand merkt, weil Jeder sie theilt, werden endlich die Deckel
geöffnet und der sonst so wenig anmuthige knarrende Ton mit
dem die Nägel sich langsam aus dem Holze ziehn -- er hat
seinen Reiz heut in dieser erwartungsvollen Stunde. Die See-
gras-Hülle fällt und nun blinkt es und blitzt es hell herauf!
Es sind Geschenke von Sanssouci: Gold und Porzellan, und
Bilder und Gemmen, alles werthvolle Dinge wie sie die Hand
eines Königs und sinnige Dinge wie sie nur die Hand eines
solchen Königs schenkt. Ein jeder blickt auf die Zeichen über-
großer Huld und während das Haupt der Familie mit bewegter
Stimme die Königlichen Worte liest, die diese reichen Gaben be-
gleiten, fallen die Thränen allertreuster Menschen zwischen die
Gemmen und Edelsteine nieder, als gehörten sie dorthin.

Schloß Beuthen ist längst keine Veste mehr, die Goswin von
Brederlow gegen die Hohenzollern hält. Thür und Thor stehen
ihnen weit offen und die Herzen der Goertzke's dazu.


Ein klarer Octoberhimmel lacht, in die Platanenblätter miſcht
ſich das erſte Gelb und die Birnbäume, die hoch über das Wein-
ſpalier wegragen, ſtehen in voller Frucht. Im Gartenſaal aber
iſt es, als wäre ſchon December, jene ſchönſte Zeit im Jahr, wo’s
auf Flur und Treppe nach Tannenbaum und Wachsſtock duftet und
wo die Geſchenke kommen von nah und fern. Und wirklich an
der ganzen Länge des Tiſches hin ſtehen die Groß-Beuthenſchen
Hausinſaſſen und blicken auf allerlei wohlverpackte Kiſten, als
wären es Zauber-Commoden, aus deren Fächern in jedem Augen-
blick ein Wundervogel auffliegen könne. Mit einer Feierlichkeit,
die Niemand merkt, weil Jeder ſie theilt, werden endlich die Deckel
geöffnet und der ſonſt ſo wenig anmuthige knarrende Ton mit
dem die Nägel ſich langſam aus dem Holze ziehn — er hat
ſeinen Reiz heut in dieſer erwartungsvollen Stunde. Die See-
gras-Hülle fällt und nun blinkt es und blitzt es hell herauf!
Es ſind Geſchenke von Sansſouci: Gold und Porzellan, und
Bilder und Gemmen, alles werthvolle Dinge wie ſie die Hand
eines Königs und ſinnige Dinge wie ſie nur die Hand eines
ſolchen Königs ſchenkt. Ein jeder blickt auf die Zeichen über-
großer Huld und während das Haupt der Familie mit bewegter
Stimme die Königlichen Worte lieſt, die dieſe reichen Gaben be-
gleiten, fallen die Thränen allertreuſter Menſchen zwiſchen die
Gemmen und Edelſteine nieder, als gehörten ſie dorthin.

Schloß Beuthen iſt längſt keine Veſte mehr, die Goswin von
Brederlow gegen die Hohenzollern hält. Thür und Thor ſtehen
ihnen weit offen und die Herzen der Goertzke’s dazu.


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[335/0351] Ein klarer Octoberhimmel lacht, in die Platanenblätter miſcht ſich das erſte Gelb und die Birnbäume, die hoch über das Wein- ſpalier wegragen, ſtehen in voller Frucht. Im Gartenſaal aber iſt es, als wäre ſchon December, jene ſchönſte Zeit im Jahr, wo’s auf Flur und Treppe nach Tannenbaum und Wachsſtock duftet und wo die Geſchenke kommen von nah und fern. Und wirklich an der ganzen Länge des Tiſches hin ſtehen die Groß-Beuthenſchen Hausinſaſſen und blicken auf allerlei wohlverpackte Kiſten, als wären es Zauber-Commoden, aus deren Fächern in jedem Augen- blick ein Wundervogel auffliegen könne. Mit einer Feierlichkeit, die Niemand merkt, weil Jeder ſie theilt, werden endlich die Deckel geöffnet und der ſonſt ſo wenig anmuthige knarrende Ton mit dem die Nägel ſich langſam aus dem Holze ziehn — er hat ſeinen Reiz heut in dieſer erwartungsvollen Stunde. Die See- gras-Hülle fällt und nun blinkt es und blitzt es hell herauf! Es ſind Geſchenke von Sansſouci: Gold und Porzellan, und Bilder und Gemmen, alles werthvolle Dinge wie ſie die Hand eines Königs und ſinnige Dinge wie ſie nur die Hand eines ſolchen Königs ſchenkt. Ein jeder blickt auf die Zeichen über- großer Huld und während das Haupt der Familie mit bewegter Stimme die Königlichen Worte lieſt, die dieſe reichen Gaben be- gleiten, fallen die Thränen allertreuſter Menſchen zwiſchen die Gemmen und Edelſteine nieder, als gehörten ſie dorthin. Schloß Beuthen iſt längſt keine Veſte mehr, die Goswin von Brederlow gegen die Hohenzollern hält. Thür und Thor ſtehen ihnen weit offen und die Herzen der Goertzke’s dazu.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/351>, abgerufen am 22.11.2024.