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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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wie ihn die Kaiserlichen bei Lützen zum Hinkefuß und Krüppel
schossen und wie ihm das alte märkische Herz endlich wieder lebendig
ward und er zurücktrat in den kurbrandenburgischen Dienst. Und
weiter dann: wie er ein großer Feldoberst wurde, der bei Rathenow
und Fehrbellin dem alten Feldmarschall Wrangel, dem "Gustav
Wrangel" zeigte, daß aus dem Schüler ein Meister geworden. All
das und wie der Kurfürst ihn seinen "Paladin" genannt, es wurde
gelesen heut und noch viel mehr. Und auch wie seine letzten Tage
waren. In Friedersdorf, das er gekauft und aus Trümmern und
Asche wieder aufgebaut hatte, saß der Alte vor seinem Schloß und
freute sich der Sonne, die herniederschien und des Wohlstands und
Segens um ihn her. Und von Zeit zu Zeit kam auch Besuch: ein
alter Weißbart, gefolgt von Töchtern und Enkeln, als wär es der
Winter und brächte den Frühling mit. Das war Gusower Be-
such und der alte Weißbart der kam, war der alte Derff-
linger
. Unter einer weitzweigigen Rothbuche setzte man sich dann
und die beiden alten Kämpen, die jederzeit Nachbarn gewesen waren,
auf ihren Schlachtfeldern sonst und mit ihren Ackerfeldern jetzt,
sie gedachten der alten Zeit und der alten Namen. Und auch am
30. März 1682 hielt der Gusower Wagen auf der Rampe von
Friedersdorf. Aber nicht zu frohem Besuche; Glocken klangen und
Kanonen wurden gelöst und der Achtzigjährige war nur gekommen,
um den Siebzigjährigen in die Gruft zu senken. In der Frieders-
dorfer Kirche ruht die leibliche Hülle des "Paladin"; neben dem
Altar aber steht hochaufgerichtet sein steinern Bild und schaut
fromm und muthig drein, wie's einem brandenburgischen Kriegs-
manne geziemt. --

Der Vorleser schwieg. "Ich weiß, daß die Goertzke's noch
immer die alten sind" sagte der König. "Der Erfolg steht bei
Gott; aber Muth und Treue stehen bei uns."

Im Gartensaale wurd es still und bald auch im Hause. Der
König schlief inmitten seiner Treuen wie jener "reichste Fürst,"
den die Dichter besungen, und wenn Segenswünsche Macht haben
über die Träume, so war sein Traum wie der Sommer der zieht
oder wie Gesang der Abends vom See her an's Ufer klingt.


wie ihn die Kaiſerlichen bei Lützen zum Hinkefuß und Krüppel
ſchoſſen und wie ihm das alte märkiſche Herz endlich wieder lebendig
ward und er zurücktrat in den kurbrandenburgiſchen Dienſt. Und
weiter dann: wie er ein großer Feldoberſt wurde, der bei Rathenow
und Fehrbellin dem alten Feldmarſchall Wrangel, dem „Guſtav
Wrangel“ zeigte, daß aus dem Schüler ein Meiſter geworden. All
das und wie der Kurfürſt ihn ſeinen „Paladin“ genannt, es wurde
geleſen heut und noch viel mehr. Und auch wie ſeine letzten Tage
waren. In Friedersdorf, das er gekauft und aus Trümmern und
Aſche wieder aufgebaut hatte, ſaß der Alte vor ſeinem Schloß und
freute ſich der Sonne, die herniederſchien und des Wohlſtands und
Segens um ihn her. Und von Zeit zu Zeit kam auch Beſuch: ein
alter Weißbart, gefolgt von Töchtern und Enkeln, als wär es der
Winter und brächte den Frühling mit. Das war Guſower Be-
ſuch und der alte Weißbart der kam, war der alte Derff-
linger
. Unter einer weitzweigigen Rothbuche ſetzte man ſich dann
und die beiden alten Kämpen, die jederzeit Nachbarn geweſen waren,
auf ihren Schlachtfeldern ſonſt und mit ihren Ackerfeldern jetzt,
ſie gedachten der alten Zeit und der alten Namen. Und auch am
30. März 1682 hielt der Guſower Wagen auf der Rampe von
Friedersdorf. Aber nicht zu frohem Beſuche; Glocken klangen und
Kanonen wurden gelöſt und der Achtzigjährige war nur gekommen,
um den Siebzigjährigen in die Gruft zu ſenken. In der Frieders-
dorfer Kirche ruht die leibliche Hülle des „Paladin“; neben dem
Altar aber ſteht hochaufgerichtet ſein ſteinern Bild und ſchaut
fromm und muthig drein, wie’s einem brandenburgiſchen Kriegs-
manne geziemt. —

Der Vorleſer ſchwieg. „Ich weiß, daß die Goertzke’s noch
immer die alten ſind“ ſagte der König. „Der Erfolg ſteht bei
Gott; aber Muth und Treue ſtehen bei uns.“

Im Gartenſaale wurd es ſtill und bald auch im Hauſe. Der
König ſchlief inmitten ſeiner Treuen wie jener „reichſte Fürſt,“
den die Dichter beſungen, und wenn Segenswünſche Macht haben
über die Träume, ſo war ſein Traum wie der Sommer der zieht
oder wie Geſang der Abends vom See her an’s Ufer klingt.


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[334/0350] wie ihn die Kaiſerlichen bei Lützen zum Hinkefuß und Krüppel ſchoſſen und wie ihm das alte märkiſche Herz endlich wieder lebendig ward und er zurücktrat in den kurbrandenburgiſchen Dienſt. Und weiter dann: wie er ein großer Feldoberſt wurde, der bei Rathenow und Fehrbellin dem alten Feldmarſchall Wrangel, dem „Guſtav Wrangel“ zeigte, daß aus dem Schüler ein Meiſter geworden. All das und wie der Kurfürſt ihn ſeinen „Paladin“ genannt, es wurde geleſen heut und noch viel mehr. Und auch wie ſeine letzten Tage waren. In Friedersdorf, das er gekauft und aus Trümmern und Aſche wieder aufgebaut hatte, ſaß der Alte vor ſeinem Schloß und freute ſich der Sonne, die herniederſchien und des Wohlſtands und Segens um ihn her. Und von Zeit zu Zeit kam auch Beſuch: ein alter Weißbart, gefolgt von Töchtern und Enkeln, als wär es der Winter und brächte den Frühling mit. Das war Guſower Be- ſuch und der alte Weißbart der kam, war der alte Derff- linger. Unter einer weitzweigigen Rothbuche ſetzte man ſich dann und die beiden alten Kämpen, die jederzeit Nachbarn geweſen waren, auf ihren Schlachtfeldern ſonſt und mit ihren Ackerfeldern jetzt, ſie gedachten der alten Zeit und der alten Namen. Und auch am 30. März 1682 hielt der Guſower Wagen auf der Rampe von Friedersdorf. Aber nicht zu frohem Beſuche; Glocken klangen und Kanonen wurden gelöſt und der Achtzigjährige war nur gekommen, um den Siebzigjährigen in die Gruft zu ſenken. In der Frieders- dorfer Kirche ruht die leibliche Hülle des „Paladin“; neben dem Altar aber ſteht hochaufgerichtet ſein ſteinern Bild und ſchaut fromm und muthig drein, wie’s einem brandenburgiſchen Kriegs- manne geziemt. — Der Vorleſer ſchwieg. „Ich weiß, daß die Goertzke’s noch immer die alten ſind“ ſagte der König. „Der Erfolg ſteht bei Gott; aber Muth und Treue ſtehen bei uns.“ Im Gartenſaale wurd es ſtill und bald auch im Hauſe. Der König ſchlief inmitten ſeiner Treuen wie jener „reichſte Fürſt,“ den die Dichter beſungen, und wenn Segenswünſche Macht haben über die Träume, ſo war ſein Traum wie der Sommer der zieht oder wie Geſang der Abends vom See her an’s Ufer klingt.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/350>, abgerufen am 22.11.2024.