Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.geworden und gegenüber modernen Künstlerprätensionen, hielt In einem gewissen Zusammenhange mit diesem Betonen des Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unseres Landes, *) Von berufener Seite her ist mir hiergegen eingwandt worden: "es sei
dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt gesprochen." Auf diesen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief- liche Verbindung zu setzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort- schreiben, die sich in drei Gruppen theilen: sechs erklären rund und nett "er sprach berlinisch", zwei bestreiten es, und sieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieser citir' ich deshalb folgende Stellen: "Er sprach berlinisch wenn er sich gehen ließ, aber nicht das specifische Berlinisch, sondern ein Berlinisch, das durch das märkische Platt stark beein- flußt war. Professor C. G. P." -- "Er sprach nicht speciell berlinisch, aber höchst originell, ich möchte sagen schadow'sch, und streifte dabei stark das Plattdeutsche. Was ja auch ganz erklärlich. Professor A. H." -- "Er sprach nicht eigentlich berlinisch, aber hatte doch eine Redeweise, die stark daran er- innerte, wie z. B. "Na, denn haste Recht" oder "Na, des is ooch nich die richtige Intention. Professor A. E." -- "Er sprach, wie Ihnen Professor H. sehr richtig geschrieben hat, vor allem schadow'sch. Außerdem aber liebte er es ganz besonders französische Wörter und Floskeln einzuflechten: chef geworden und gegenüber modernen Künſtlerprätenſionen, hielt In einem gewiſſen Zuſammenhange mit dieſem Betonen des Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unſeres Landes, *) Von berufener Seite her iſt mir hiergegen eingwandt worden: „es ſei
dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt geſprochen.“ Auf dieſen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief- liche Verbindung zu ſetzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort- ſchreiben, die ſich in drei Gruppen theilen: ſechs erklären rund und nett „er ſprach berliniſch“, zwei beſtreiten es, und ſieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieſer citir’ ich deshalb folgende Stellen: „Er ſprach berliniſch wenn er ſich gehen ließ, aber nicht das ſpecifiſche Berliniſch, ſondern ein Berliniſch, das durch das märkiſche Platt ſtark beein- flußt war. Profeſſor C. G. P.“ — „Er ſprach nicht ſpeciell berliniſch, aber höchſt originell, ich möchte ſagen ſchadow’ſch, und ſtreifte dabei ſtark das Plattdeutſche. Was ja auch ganz erklärlich. Profeſſor A. H.“ — „Er ſprach nicht eigentlich berliniſch, aber hatte doch eine Redeweiſe, die ſtark daran er- innerte, wie z. B. „Na, denn haſte Recht“ oder „Na, des is ooch nich die richtige Intention. Profeſſor A. E.“ — „Er ſprach, wie Ihnen Profeſſor H. ſehr richtig geſchrieben hat, vor allem ſchadow’ſch. Außerdem aber liebte er es ganz beſonders franzöſiſche Wörter und Floskeln einzuflechten: chef <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0359" n="343"/> geworden und gegenüber modernen Künſtlerprätenſionen, hielt<lb/> er’s ganz mit der alten Schule, die ſich mehr um’s <hi rendition="#g">Sein</hi> als<lb/> um’s <hi rendition="#g">Scheinen</hi> kümmerte. Das Schwierige des bloßen, äußer-<lb/> lichen Machen-könnens betonte er gern, und in ähnlicher Weiſe<lb/> wie Ludwig Tieck zu ſagen pflegte: „es iſt immerhin eine <hi rendition="#g">Arbeit</hi>,<lb/> einen dreibändigen Roman zu ſchreiben, gleichviel ob er gut oder<lb/> ſchlecht iſt“, ſo ſagte auch Schadow, wenn Skizzen über Gebühr<lb/> und auf Koſten ausgeführter Arbeiten gelobt wurden: „Papier is<lb/> weech, aber Steen is hart.“</p><lb/> <p>In einem gewiſſen Zuſammenhange mit dieſem Betonen des<lb/> Handwerklichen in der Kunſt war es auch, daß er mit Vorliebe<lb/> citirte: „Der Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth“, und ſich jedesmal<lb/> ärgerte, wenn einem Künſtler zugemuthet wurde, vom himmliſchen<lb/> Lichte leben zu ſollen. Er forderte für den Maler und Bild-<lb/> hauer, wie für jeden andern Menſchen, das <hi rendition="#g">tägliche Brot</hi> und<lb/> bekannte ſich ſogar zu dem in der Kunſt vielleicht anfechtbaren<lb/> Satze, daß ſich <hi rendition="#g">Art</hi> und <hi rendition="#g">Werth</hi> der Arbeit nach dem Lohn zu<lb/> beſtimmen habe. Sein gemünztes Wort in ſolchem Falle war:<lb/> „kuppern bezahlt, kuppern gemalt.“</p><lb/> <p>Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unſeres Landes,<lb/> eine Vorliebe für den <hi rendition="#g">Dialekt</hi>,<note xml:id="note-0359" next="#note-0360" place="foot" n="*)">Von berufener Seite her iſt mir hiergegen eingwandt worden: „es ſei<lb/> dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt geſprochen.“ Auf<lb/> dieſen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl<lb/> der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief-<lb/> liche Verbindung zu ſetzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort-<lb/> ſchreiben, die ſich in drei Gruppen theilen: ſechs erklären rund und nett „er ſprach<lb/> berliniſch“, zwei beſtreiten es, und ſieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren<lb/> werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieſer citir’ ich deshalb folgende<lb/> Stellen: „Er ſprach berliniſch wenn er ſich gehen ließ, aber nicht das <hi rendition="#g">ſpecifiſche</hi><lb/> Berliniſch, ſondern ein Berliniſch, das durch das märkiſche <hi rendition="#g">Platt</hi> ſtark beein-<lb/> flußt war. Profeſſor C. G. P.“ — „Er ſprach nicht ſpeciell berliniſch, aber<lb/> höchſt originell, ich möchte ſagen <hi rendition="#g">ſchadow’ſch</hi>, und ſtreifte dabei ſtark das<lb/> Plattdeutſche. Was ja auch ganz erklärlich. Profeſſor A. H.“ — „Er ſprach<lb/> nicht eigentlich berliniſch, aber hatte doch eine Redeweiſe, die ſtark daran er-<lb/> innerte, wie z. B. „Na, denn haſte Recht“ oder „Na, des is ooch nich die<lb/> richtige Intention. Profeſſor A. E.“ — „Er ſprach, wie Ihnen Profeſſor H.<lb/> ſehr richtig geſchrieben hat, vor allem <hi rendition="#g">ſchadow’ſch</hi>. Außerdem aber liebte<lb/> er es ganz beſonders franzöſiſche Wörter und Floskeln einzuflechten: <hi rendition="#aq">chef</hi></note> wiewohl er ihn eben ſo leicht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0359]
geworden und gegenüber modernen Künſtlerprätenſionen, hielt
er’s ganz mit der alten Schule, die ſich mehr um’s Sein als
um’s Scheinen kümmerte. Das Schwierige des bloßen, äußer-
lichen Machen-könnens betonte er gern, und in ähnlicher Weiſe
wie Ludwig Tieck zu ſagen pflegte: „es iſt immerhin eine Arbeit,
einen dreibändigen Roman zu ſchreiben, gleichviel ob er gut oder
ſchlecht iſt“, ſo ſagte auch Schadow, wenn Skizzen über Gebühr
und auf Koſten ausgeführter Arbeiten gelobt wurden: „Papier is
weech, aber Steen is hart.“
In einem gewiſſen Zuſammenhange mit dieſem Betonen des
Handwerklichen in der Kunſt war es auch, daß er mit Vorliebe
citirte: „Der Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth“, und ſich jedesmal
ärgerte, wenn einem Künſtler zugemuthet wurde, vom himmliſchen
Lichte leben zu ſollen. Er forderte für den Maler und Bild-
hauer, wie für jeden andern Menſchen, das tägliche Brot und
bekannte ſich ſogar zu dem in der Kunſt vielleicht anfechtbaren
Satze, daß ſich Art und Werth der Arbeit nach dem Lohn zu
beſtimmen habe. Sein gemünztes Wort in ſolchem Falle war:
„kuppern bezahlt, kuppern gemalt.“
Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unſeres Landes,
eine Vorliebe für den Dialekt, *) wiewohl er ihn eben ſo leicht
*) Von berufener Seite her iſt mir hiergegen eingwandt worden: „es ſei
dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt geſprochen.“ Auf
dieſen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl
der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief-
liche Verbindung zu ſetzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort-
ſchreiben, die ſich in drei Gruppen theilen: ſechs erklären rund und nett „er ſprach
berliniſch“, zwei beſtreiten es, und ſieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren
werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieſer citir’ ich deshalb folgende
Stellen: „Er ſprach berliniſch wenn er ſich gehen ließ, aber nicht das ſpecifiſche
Berliniſch, ſondern ein Berliniſch, das durch das märkiſche Platt ſtark beein-
flußt war. Profeſſor C. G. P.“ — „Er ſprach nicht ſpeciell berliniſch, aber
höchſt originell, ich möchte ſagen ſchadow’ſch, und ſtreifte dabei ſtark das
Plattdeutſche. Was ja auch ganz erklärlich. Profeſſor A. H.“ — „Er ſprach
nicht eigentlich berliniſch, aber hatte doch eine Redeweiſe, die ſtark daran er-
innerte, wie z. B. „Na, denn haſte Recht“ oder „Na, des is ooch nich die
richtige Intention. Profeſſor A. E.“ — „Er ſprach, wie Ihnen Profeſſor H.
ſehr richtig geſchrieben hat, vor allem ſchadow’ſch. Außerdem aber liebte
er es ganz beſonders franzöſiſche Wörter und Floskeln einzuflechten: chef
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