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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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geworden und gegenüber modernen Künstlerprätensionen, hielt
er's ganz mit der alten Schule, die sich mehr um's Sein als
um's Scheinen kümmerte. Das Schwierige des bloßen, äußer-
lichen Machen-könnens betonte er gern, und in ähnlicher Weise
wie Ludwig Tieck zu sagen pflegte: "es ist immerhin eine Arbeit,
einen dreibändigen Roman zu schreiben, gleichviel ob er gut oder
schlecht ist", so sagte auch Schadow, wenn Skizzen über Gebühr
und auf Kosten ausgeführter Arbeiten gelobt wurden: "Papier is
weech, aber Steen is hart."

In einem gewissen Zusammenhange mit diesem Betonen des
Handwerklichen in der Kunst war es auch, daß er mit Vorliebe
citirte: "Der Arbeiter ist seines Lohnes werth", und sich jedesmal
ärgerte, wenn einem Künstler zugemuthet wurde, vom himmlischen
Lichte leben zu sollen. Er forderte für den Maler und Bild-
hauer, wie für jeden andern Menschen, das tägliche Brot und
bekannte sich sogar zu dem in der Kunst vielleicht anfechtbaren
Satze, daß sich Art und Werth der Arbeit nach dem Lohn zu
bestimmen habe. Sein gemünztes Wort in solchem Falle war:
"kuppern bezahlt, kuppern gemalt."

Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unseres Landes,
eine Vorliebe für den Dialekt,*) wiewohl er ihn eben so leicht

*) Von berufener Seite her ist mir hiergegen eingwandt worden: "es sei
dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt gesprochen." Auf
diesen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl
der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief-
liche Verbindung zu setzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort-
schreiben, die sich in drei Gruppen theilen: sechs erklären rund und nett "er sprach
berlinisch", zwei bestreiten es, und sieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren
werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieser citir' ich deshalb folgende
Stellen: "Er sprach berlinisch wenn er sich gehen ließ, aber nicht das specifische
Berlinisch, sondern ein Berlinisch, das durch das märkische Platt stark beein-
flußt war. Professor C. G. P." -- "Er sprach nicht speciell berlinisch, aber
höchst originell, ich möchte sagen schadow'sch, und streifte dabei stark das
Plattdeutsche. Was ja auch ganz erklärlich. Professor A. H." -- "Er sprach
nicht eigentlich berlinisch, aber hatte doch eine Redeweise, die stark daran er-
innerte, wie z. B. "Na, denn haste Recht" oder "Na, des is ooch nich die
richtige Intention. Professor A. E." -- "Er sprach, wie Ihnen Professor H.
sehr richtig geschrieben hat, vor allem schadow'sch. Außerdem aber liebte
er es ganz besonders französische Wörter und Floskeln einzuflechten: chef

geworden und gegenüber modernen Künſtlerprätenſionen, hielt
er’s ganz mit der alten Schule, die ſich mehr um’s Sein als
um’s Scheinen kümmerte. Das Schwierige des bloßen, äußer-
lichen Machen-könnens betonte er gern, und in ähnlicher Weiſe
wie Ludwig Tieck zu ſagen pflegte: „es iſt immerhin eine Arbeit,
einen dreibändigen Roman zu ſchreiben, gleichviel ob er gut oder
ſchlecht iſt“, ſo ſagte auch Schadow, wenn Skizzen über Gebühr
und auf Koſten ausgeführter Arbeiten gelobt wurden: „Papier is
weech, aber Steen is hart.“

In einem gewiſſen Zuſammenhange mit dieſem Betonen des
Handwerklichen in der Kunſt war es auch, daß er mit Vorliebe
citirte: „Der Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth“, und ſich jedesmal
ärgerte, wenn einem Künſtler zugemuthet wurde, vom himmliſchen
Lichte leben zu ſollen. Er forderte für den Maler und Bild-
hauer, wie für jeden andern Menſchen, das tägliche Brot und
bekannte ſich ſogar zu dem in der Kunſt vielleicht anfechtbaren
Satze, daß ſich Art und Werth der Arbeit nach dem Lohn zu
beſtimmen habe. Sein gemünztes Wort in ſolchem Falle war:
„kuppern bezahlt, kuppern gemalt.“

Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unſeres Landes,
eine Vorliebe für den Dialekt,*) wiewohl er ihn eben ſo leicht

*) Von berufener Seite her iſt mir hiergegen eingwandt worden: „es ſei
dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt geſprochen.“ Auf
dieſen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl
der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief-
liche Verbindung zu ſetzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort-
ſchreiben, die ſich in drei Gruppen theilen: ſechs erklären rund und nett „er ſprach
berliniſch“, zwei beſtreiten es, und ſieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren
werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieſer citir’ ich deshalb folgende
Stellen: „Er ſprach berliniſch wenn er ſich gehen ließ, aber nicht das ſpecifiſche
Berliniſch, ſondern ein Berliniſch, das durch das märkiſche Platt ſtark beein-
flußt war. Profeſſor C. G. P.“ — „Er ſprach nicht ſpeciell berliniſch, aber
höchſt originell, ich möchte ſagen ſchadow’ſch, und ſtreifte dabei ſtark das
Plattdeutſche. Was ja auch ganz erklärlich. Profeſſor A. H.“ — „Er ſprach
nicht eigentlich berliniſch, aber hatte doch eine Redeweiſe, die ſtark daran er-
innerte, wie z. B. „Na, denn haſte Recht“ oder „Na, des is ooch nich die
richtige Intention. Profeſſor A. E.“ — „Er ſprach, wie Ihnen Profeſſor H.
ſehr richtig geſchrieben hat, vor allem ſchadow’ſch. Außerdem aber liebte
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[343/0359] geworden und gegenüber modernen Künſtlerprätenſionen, hielt er’s ganz mit der alten Schule, die ſich mehr um’s Sein als um’s Scheinen kümmerte. Das Schwierige des bloßen, äußer- lichen Machen-könnens betonte er gern, und in ähnlicher Weiſe wie Ludwig Tieck zu ſagen pflegte: „es iſt immerhin eine Arbeit, einen dreibändigen Roman zu ſchreiben, gleichviel ob er gut oder ſchlecht iſt“, ſo ſagte auch Schadow, wenn Skizzen über Gebühr und auf Koſten ausgeführter Arbeiten gelobt wurden: „Papier is weech, aber Steen is hart.“ In einem gewiſſen Zuſammenhange mit dieſem Betonen des Handwerklichen in der Kunſt war es auch, daß er mit Vorliebe citirte: „Der Arbeiter iſt ſeines Lohnes werth“, und ſich jedesmal ärgerte, wenn einem Künſtler zugemuthet wurde, vom himmliſchen Lichte leben zu ſollen. Er forderte für den Maler und Bild- hauer, wie für jeden andern Menſchen, das tägliche Brot und bekannte ſich ſogar zu dem in der Kunſt vielleicht anfechtbaren Satze, daß ſich Art und Werth der Arbeit nach dem Lohn zu beſtimmen habe. Sein gemünztes Wort in ſolchem Falle war: „kuppern bezahlt, kuppern gemalt.“ Er hatte, wie alle volksthümlichen Figuren unſeres Landes, eine Vorliebe für den Dialekt, *) wiewohl er ihn eben ſo leicht *) Von berufener Seite her iſt mir hiergegen eingwandt worden: „es ſei dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt geſprochen.“ Auf dieſen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl der aus der Schadow-Zeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in brief- liche Verbindung zu ſetzen. Ich erhielt auf meine Briefe funfzehn Antwort- ſchreiben, die ſich in drei Gruppen theilen: ſechs erklären rund und nett „er ſprach berliniſch“, zwei beſtreiten es, und ſieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren werden wohl Recht haben und aus der Reihe dieſer citir’ ich deshalb folgende Stellen: „Er ſprach berliniſch wenn er ſich gehen ließ, aber nicht das ſpecifiſche Berliniſch, ſondern ein Berliniſch, das durch das märkiſche Platt ſtark beein- flußt war. Profeſſor C. G. P.“ — „Er ſprach nicht ſpeciell berliniſch, aber höchſt originell, ich möchte ſagen ſchadow’ſch, und ſtreifte dabei ſtark das Plattdeutſche. Was ja auch ganz erklärlich. Profeſſor A. H.“ — „Er ſprach nicht eigentlich berliniſch, aber hatte doch eine Redeweiſe, die ſtark daran er- innerte, wie z. B. „Na, denn haſte Recht“ oder „Na, des is ooch nich die richtige Intention. Profeſſor A. E.“ — „Er ſprach, wie Ihnen Profeſſor H. ſehr richtig geſchrieben hat, vor allem ſchadow’ſch. Außerdem aber liebte er es ganz beſonders franzöſiſche Wörter und Floskeln einzuflechten: chef

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/359>, abgerufen am 22.11.2024.