Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.selbst die nunmehr wohl oder übel an die Stelle des alten Dr. Ribke Ueber seine Kindheit verlautet nichts, auch nicht über seine Nach dem Kriege begegnen wir ihm alsbald als Regierungs- *) Es gab damals zwei Generäle von Ryssel in der preußischen Armee,
beide katholischer Confession und beide Divisionaire, von denen der eine zuletzt in Neisse, der andre (der im Text erwähnte) in Trier stand. Beide waren früher in sächsischen Diensten gewesen und einer derselben hatte noch bei Groß- Beeren eine sächsische Brigade gegen uns commandirt. Der Trier'sche nahm Anfang der zwanziger Jahre seinen Abschied und starb in Giebichenstein bei Halle. Der Berliner Witz gefiel sich übrigens damals, unter Ausnutzung des Namens "Ryssel", in folgendem etwas gewagtem Wortspiele: "Welcher Unter- schied ist zwischen einem Elephanten und Friedrich Wilhelm III.?" ""Der Elephant hat einen Rüssel und Friedrich Wilhelm hat zwei"". ſelbſt die nunmehr wohl oder übel an die Stelle des alten Dr. Ribke Ueber ſeine Kindheit verlautet nichts, auch nicht über ſeine Nach dem Kriege begegnen wir ihm alsbald als Regierungs- *) Es gab damals zwei Generäle von Ryſſel in der preußiſchen Armee,
beide katholiſcher Confeſſion und beide Diviſionaire, von denen der eine zuletzt in Neiſſe, der andre (der im Text erwähnte) in Trier ſtand. Beide waren früher in ſächſiſchen Dienſten geweſen und einer derſelben hatte noch bei Groß- Beeren eine ſächſiſche Brigade gegen uns commandirt. Der Trier’ſche nahm Anfang der zwanziger Jahre ſeinen Abſchied und ſtarb in Giebichenſtein bei Halle. Der Berliner Witz gefiel ſich übrigens damals, unter Ausnutzung des Namens „Ryſſel“, in folgendem etwas gewagtem Wortſpiele: „Welcher Unter- ſchied iſt zwiſchen einem Elephanten und Friedrich Wilhelm III.?“ „„Der Elephant hat einen Rüſſel und Friedrich Wilhelm hat zwei““. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0393" n="377"/> ſelbſt die nunmehr wohl oder übel an die Stelle des alten <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Ribke<lb/> tretende „Treutſchen“ ins Herrenhaus zu befehlen.“ Und wirklich<lb/> das heimiſche Dorf wurde noch gerad’ ohne Zwiſchenfall erreicht;<lb/> aber kaum daß die Haiducken abgeſprungen und die Teppiche vom<lb/> Wagen aus bis zum Portale gelegt worden waren, ſo war auch<lb/> ſchon die Stunde gekommen und in dem dicht am Eingange ge-<lb/> legenen Wohn- und Arbeitszimmer des Grafen, in das man die<lb/> Gräfin nur eben noch hatte ſchaffen können, genas ſie wirklich<lb/> eines Knäbleins, des Grafen Leo, des erwarteten Schlabrendorf-<lb/> ſchen Stammhalters. Es hatte nicht in Berlin ſein ſollen; „<hi rendition="#g">er<lb/> war für Groeben beſtimmt</hi>“.</p><lb/> <p>Ueber ſeine Kindheit verlautet nichts, auch nicht über ſeine<lb/> Knaben- und Jünglingsjahre; ſehr wahrſcheinlich, daß er vor-<lb/> wiegend unter Zuthun ſeiner Mutter — die trotz ihrer zweiten<lb/> Ehe, den Kindern aus der erſten eine große Zärtlichkeit und<lb/> Treue bewies — in Penſion kam und nach abſolvirter Schulzeit<lb/> in juriſtiſch-cameraliſtiſche Studien eintrat. Aber eh er dieſe voll-<lb/> enden konnte, kam der Krieg und bot ihm Veranlaſſung als<lb/> Volontair bei den Towarczis einzutreten, einem Ulanen-Regiment,<lb/> das vielleicht noch aus den Tagen der „alten Armee“ her dieſen<lb/> etwas obſoleten und nur in den neunziger Jahren unter General<lb/> Günther (der der „Vater der Towarczis“ hieß) vielgenannten<lb/> Namen führte.</p><lb/> <p>Nach dem Kriege begegnen wir ihm alsbald als Regierungs-<lb/> Aſſeſſor in Trier, wo das durch Gaſtlichkeit und Feinheit der<lb/> Sitte ſich hervorthuende Haus des Generals v. <hi rendition="#g">Ryſſel</hi><note place="foot" n="*)">Es gab damals <hi rendition="#g">zwei</hi> Generäle von Ryſſel in der preußiſchen Armee,<lb/> beide katholiſcher Confeſſion und beide Diviſionaire, von denen der eine zuletzt<lb/> in Neiſſe, der andre (der im Text erwähnte) in Trier ſtand. Beide waren<lb/> früher in ſächſiſchen Dienſten geweſen und einer derſelben hatte noch bei Groß-<lb/> Beeren eine ſächſiſche Brigade gegen uns commandirt. Der Trier’ſche nahm<lb/> Anfang der zwanziger Jahre ſeinen Abſchied und ſtarb in Giebichenſtein bei<lb/> Halle. Der Berliner Witz gefiel ſich übrigens damals, unter Ausnutzung des<lb/> Namens „Ryſſel“, in folgendem etwas gewagtem Wortſpiele: „Welcher Unter-<lb/> ſchied iſt zwiſchen einem Elephanten und Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">III.</hi>?“ „„Der<lb/> Elephant hat <hi rendition="#g">einen</hi> Rüſſel und Friedrich Wilhelm hat <hi rendition="#g">zwei</hi>““.</note> ihn<lb/> anzog, am meiſten aber des Generals Tochter, Fräulein Emilie<lb/> v. Ryſſel, mit der er ſich denn auch, nach kurzem Brautſtand, im<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [377/0393]
ſelbſt die nunmehr wohl oder übel an die Stelle des alten Dr. Ribke
tretende „Treutſchen“ ins Herrenhaus zu befehlen.“ Und wirklich
das heimiſche Dorf wurde noch gerad’ ohne Zwiſchenfall erreicht;
aber kaum daß die Haiducken abgeſprungen und die Teppiche vom
Wagen aus bis zum Portale gelegt worden waren, ſo war auch
ſchon die Stunde gekommen und in dem dicht am Eingange ge-
legenen Wohn- und Arbeitszimmer des Grafen, in das man die
Gräfin nur eben noch hatte ſchaffen können, genas ſie wirklich
eines Knäbleins, des Grafen Leo, des erwarteten Schlabrendorf-
ſchen Stammhalters. Es hatte nicht in Berlin ſein ſollen; „er
war für Groeben beſtimmt“.
Ueber ſeine Kindheit verlautet nichts, auch nicht über ſeine
Knaben- und Jünglingsjahre; ſehr wahrſcheinlich, daß er vor-
wiegend unter Zuthun ſeiner Mutter — die trotz ihrer zweiten
Ehe, den Kindern aus der erſten eine große Zärtlichkeit und
Treue bewies — in Penſion kam und nach abſolvirter Schulzeit
in juriſtiſch-cameraliſtiſche Studien eintrat. Aber eh er dieſe voll-
enden konnte, kam der Krieg und bot ihm Veranlaſſung als
Volontair bei den Towarczis einzutreten, einem Ulanen-Regiment,
das vielleicht noch aus den Tagen der „alten Armee“ her dieſen
etwas obſoleten und nur in den neunziger Jahren unter General
Günther (der der „Vater der Towarczis“ hieß) vielgenannten
Namen führte.
Nach dem Kriege begegnen wir ihm alsbald als Regierungs-
Aſſeſſor in Trier, wo das durch Gaſtlichkeit und Feinheit der
Sitte ſich hervorthuende Haus des Generals v. Ryſſel *) ihn
anzog, am meiſten aber des Generals Tochter, Fräulein Emilie
v. Ryſſel, mit der er ſich denn auch, nach kurzem Brautſtand, im
*) Es gab damals zwei Generäle von Ryſſel in der preußiſchen Armee,
beide katholiſcher Confeſſion und beide Diviſionaire, von denen der eine zuletzt
in Neiſſe, der andre (der im Text erwähnte) in Trier ſtand. Beide waren
früher in ſächſiſchen Dienſten geweſen und einer derſelben hatte noch bei Groß-
Beeren eine ſächſiſche Brigade gegen uns commandirt. Der Trier’ſche nahm
Anfang der zwanziger Jahre ſeinen Abſchied und ſtarb in Giebichenſtein bei
Halle. Der Berliner Witz gefiel ſich übrigens damals, unter Ausnutzung des
Namens „Ryſſel“, in folgendem etwas gewagtem Wortſpiele: „Welcher Unter-
ſchied iſt zwiſchen einem Elephanten und Friedrich Wilhelm III.?“ „„Der
Elephant hat einen Rüſſel und Friedrich Wilhelm hat zwei““.
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