Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Gegend! In Saarow is nichts, das kenn' ich, und hier in Pies- "Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?" "Is schon richtig. Aber keinen Pferdestall. Alles, was sie "Ich versteh. Aber wissen Sie, mich friert hier trotz aller Und so traten wir in die Krugstube. Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken Mein "Guten-Tag" war nicht unfreundlich aber doch gleich- "J, Sünn is ook goot." "Oh gewiß. Aber alles zu seiner Zeit. Wir haben die Sonne "Joa. Man blot in Pieskow nich." "Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt "Na, binoah is et ook so." Gegend! In Saarow is nichts, das kenn’ ich, und hier in Pies- „Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?“ „Is ſchon richtig. Aber keinen Pferdeſtall. Alles, was ſie „Ich verſteh. Aber wiſſen Sie, mich friert hier trotz aller Und ſo traten wir in die Krugſtube. Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken Mein „Guten-Tag“ war nicht unfreundlich aber doch gleich- „J, Sünn is ook goot.“ „Oh gewiß. Aber alles zu ſeiner Zeit. Wir haben die Sonne „Joa. Man blot in Pieskow nich.“ „Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt „Na, binoah is et ook ſo.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0048" n="32"/> Gegend! In Saarow is nichts, das kenn’ ich, und hier in Pies-<lb/> kow is garnichts.“</p><lb/> <p>„Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?“</p><lb/> <p>„Is ſchon richtig. Aber keinen Pferdeſtall. Alles, was ſie<lb/> haben, is ’ne Zieg’ un wenn’s hoch kommt ’ne Kuh. Und wer<lb/> ein paar Pferde hat, na, der hat auch ein bischen Acker, und<lb/> krügert nich und hat nich Luſt zu dienern und zu katzenbuckeln<lb/> und einem groben Knecht einen doppelten Bittern einzuſchenken.“</p><lb/> <p>„Ich verſteh. Aber wiſſen Sie, mich friert hier trotz aller<lb/> Sonne. Kommen Sie, Moll, wir wollen es drin verſuchen. Es<lb/> wird doch wohl warm ſein.“</p><lb/> <p>Und ſo traten wir in die Krugſtube.</p><lb/> <p>Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken<lb/> Luft rührte ſich nichts, trotzdem ſich drei Menſchen in der Stube<lb/> befanden. Auf einer Ofenbank, die Füße weit vorgeſtreckt, ſaß<lb/> eine Frau von vierzig oder mehr und hatte beide Hände hoch<lb/> unter ihre Schürze gelegt, als verberge ſie was. Es war aber<lb/> nur Angewohnheit. Ihr zur Seite räckelte ſich ihre vierzehnjährige<lb/> Tochter, ein hübſches, ſchlank aufgeſchoſſenes Ding, und beſchäftigte<lb/> ſich damit, einen blauen Wollfaden um ihren Zeigefinger herum<lb/> und dann wieder abzuwickeln. Am erfreulichſten war das jüngſte<lb/> Mitglied der Familie, das auf einer Hutſche ritt und einem höl-<lb/> zernen Pferde das wenige von Haaren auszog, womit des Bild-<lb/> ners Hand es an Hals und Hintertheil ausgeſtattet hatte.</p><lb/> <p>Mein „Guten-Tag“ war nicht unfreundlich aber doch gleich-<lb/> gültig beantwortet worden, und es ſchien in der That nicht als<lb/> ob wir weiter kommen ſollten. Endlich faßt’ ich mir ein Herz<lb/> und ſagte: „Die Sonne will auch gar kein Ende nehmen. Ich<lb/> glaube Regen wäre gut.“</p><lb/> <p>„J, Sünn is ook goot.“</p><lb/> <p>„Oh gewiß. Aber alles zu ſeiner Zeit. Wir haben die Sonne<lb/> nun ſchon vier Wochen, und nichts kommt ’raus und eigentlich<lb/> müßte doch alles ſchon in Blüthe ſtehn.“</p><lb/> <p>„Joa. Man blot in Pieskow nich.“</p><lb/> <p>„Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt<lb/> nichts blühte.“</p><lb/> <p>„Na, binoah is et ook ſo.“</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0048]
Gegend! In Saarow is nichts, das kenn’ ich, und hier in Pies-
kow is garnichts.“
„Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?“
„Is ſchon richtig. Aber keinen Pferdeſtall. Alles, was ſie
haben, is ’ne Zieg’ un wenn’s hoch kommt ’ne Kuh. Und wer
ein paar Pferde hat, na, der hat auch ein bischen Acker, und
krügert nich und hat nich Luſt zu dienern und zu katzenbuckeln
und einem groben Knecht einen doppelten Bittern einzuſchenken.“
„Ich verſteh. Aber wiſſen Sie, mich friert hier trotz aller
Sonne. Kommen Sie, Moll, wir wollen es drin verſuchen. Es
wird doch wohl warm ſein.“
Und ſo traten wir in die Krugſtube.
Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken
Luft rührte ſich nichts, trotzdem ſich drei Menſchen in der Stube
befanden. Auf einer Ofenbank, die Füße weit vorgeſtreckt, ſaß
eine Frau von vierzig oder mehr und hatte beide Hände hoch
unter ihre Schürze gelegt, als verberge ſie was. Es war aber
nur Angewohnheit. Ihr zur Seite räckelte ſich ihre vierzehnjährige
Tochter, ein hübſches, ſchlank aufgeſchoſſenes Ding, und beſchäftigte
ſich damit, einen blauen Wollfaden um ihren Zeigefinger herum
und dann wieder abzuwickeln. Am erfreulichſten war das jüngſte
Mitglied der Familie, das auf einer Hutſche ritt und einem höl-
zernen Pferde das wenige von Haaren auszog, womit des Bild-
ners Hand es an Hals und Hintertheil ausgeſtattet hatte.
Mein „Guten-Tag“ war nicht unfreundlich aber doch gleich-
gültig beantwortet worden, und es ſchien in der That nicht als
ob wir weiter kommen ſollten. Endlich faßt’ ich mir ein Herz
und ſagte: „Die Sonne will auch gar kein Ende nehmen. Ich
glaube Regen wäre gut.“
„J, Sünn is ook goot.“
„Oh gewiß. Aber alles zu ſeiner Zeit. Wir haben die Sonne
nun ſchon vier Wochen, und nichts kommt ’raus und eigentlich
müßte doch alles ſchon in Blüthe ſtehn.“
„Joa. Man blot in Pieskow nich.“
„Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt
nichts blühte.“
„Na, binoah is et ook ſo.“
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