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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Es war völlig dunkel geworden, und nur der Schein weniger
Lichter bezeichnete die Stelle, wo, hinter Bäumen und Rohrgehegen,
das Dorf zu suchen sei. Wir selber warfen Anker inmitten dreier
Torfkähne, die schon vor uns an diesem Platz ein Unterkommen
gesucht hatten. Zugleich wurde die Sturmlaterne ausgehängt.
Als ich mein Befremden über diese Vorsichtsmaßregel ausdrückte,
zeigte Capitän Backhusen auf eine dunkle sternlose Stelle am
Horizont, die ihm Sturm zu bedeuten schien, zum zweiten aber
auf die Torfkähne, zwischen denen wir allerdings wie eingeklemmt
lagen. "Zieht ein Wetter herauf und diese drei "großen Christoph's"
reißen sich los, so werden wir zerquetscht wie ein Polarschiff im
Eismeer. Die Laterne thut nicht Alles, aber viel. Zum Mindesten
zeigt sie uns die Stelle, wo wir untergehen."

Um diesen Trost reicher, suchten wir unser Lager. Müde von
des Tages Last und Hitze, schliefen wir unbekümmert ein.


Von Dolgenbrod bis Teupitz.

(Zweiter Reisetag.)

Mit dem Frühesten war ich auf, zwischen 3 und 4; die
Sonne kündigte sich erst durch einzelne Strahlen an, die von Zeit
zu Zeit am Horizonte aufschossen. Aber so früh ich war, so war
ich doch nicht der Frühste. Lieutenant Apitz war mir zuvorgekommen
und hatte, da er die Angel-Passion mit der Segel-Passion glücklich
zu vereinigen wußte, seine Schnur seit länger als einer halben
Stunde ausgeworfen. Mit ihm Mudy. Ein guter Frühfang
hatte ihre Anstrengungen belohnt. In einer neben ihnen stehenden
Wanne zappelte es bereits von Schlei und Hecht, von Giesen und
Karauschen, die für unser Mittagsmahl einen vorzüglichen zweiten
Gang in Aussicht stellten.

Es war ein erquicklicher Morgen; in dem fallenden Thau
gab sich die Natur wie gebadet. Ein Flachboot strich hart an uns
vorüber, in dem ein junger Dolgenbroder, mit angehängtem Fisch-
kasten, stromabwärts fuhr. Er sah ziemlich spöttisch zu unserer
Angelruthe auf und grüßte. Lieutenant Apitz aber war nicht der
Mann, sich verwirren zu lassen. "Eingeborner Wende, was gelten

Es war völlig dunkel geworden, und nur der Schein weniger
Lichter bezeichnete die Stelle, wo, hinter Bäumen und Rohrgehegen,
das Dorf zu ſuchen ſei. Wir ſelber warfen Anker inmitten dreier
Torfkähne, die ſchon vor uns an dieſem Platz ein Unterkommen
geſucht hatten. Zugleich wurde die Sturmlaterne ausgehängt.
Als ich mein Befremden über dieſe Vorſichtsmaßregel ausdrückte,
zeigte Capitän Backhuſen auf eine dunkle ſternloſe Stelle am
Horizont, die ihm Sturm zu bedeuten ſchien, zum zweiten aber
auf die Torfkähne, zwiſchen denen wir allerdings wie eingeklemmt
lagen. „Zieht ein Wetter herauf und dieſe drei „großen Chriſtoph’s“
reißen ſich los, ſo werden wir zerquetſcht wie ein Polarſchiff im
Eismeer. Die Laterne thut nicht Alles, aber viel. Zum Mindeſten
zeigt ſie uns die Stelle, wo wir untergehen.“

Um dieſen Troſt reicher, ſuchten wir unſer Lager. Müde von
des Tages Laſt und Hitze, ſchliefen wir unbekümmert ein.


Von Dolgenbrod bis Teupitz.

(Zweiter Reiſetag.)

Mit dem Früheſten war ich auf, zwiſchen 3 und 4; die
Sonne kündigte ſich erſt durch einzelne Strahlen an, die von Zeit
zu Zeit am Horizonte aufſchoſſen. Aber ſo früh ich war, ſo war
ich doch nicht der Frühſte. Lieutenant Apitz war mir zuvorgekommen
und hatte, da er die Angel-Paſſion mit der Segel-Paſſion glücklich
zu vereinigen wußte, ſeine Schnur ſeit länger als einer halben
Stunde ausgeworfen. Mit ihm Mudy. Ein guter Frühfang
hatte ihre Anſtrengungen belohnt. In einer neben ihnen ſtehenden
Wanne zappelte es bereits von Schlei und Hecht, von Gieſen und
Karauſchen, die für unſer Mittagsmahl einen vorzüglichen zweiten
Gang in Ausſicht ſtellten.

Es war ein erquicklicher Morgen; in dem fallenden Thau
gab ſich die Natur wie gebadet. Ein Flachboot ſtrich hart an uns
vorüber, in dem ein junger Dolgenbroder, mit angehängtem Fiſch-
kaſten, ſtromabwärts fuhr. Er ſah ziemlich ſpöttiſch zu unſerer
Angelruthe auf und grüßte. Lieutenant Apitz aber war nicht der
Mann, ſich verwirren zu laſſen. „Eingeborner Wende, was gelten

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[76/0092] Es war völlig dunkel geworden, und nur der Schein weniger Lichter bezeichnete die Stelle, wo, hinter Bäumen und Rohrgehegen, das Dorf zu ſuchen ſei. Wir ſelber warfen Anker inmitten dreier Torfkähne, die ſchon vor uns an dieſem Platz ein Unterkommen geſucht hatten. Zugleich wurde die Sturmlaterne ausgehängt. Als ich mein Befremden über dieſe Vorſichtsmaßregel ausdrückte, zeigte Capitän Backhuſen auf eine dunkle ſternloſe Stelle am Horizont, die ihm Sturm zu bedeuten ſchien, zum zweiten aber auf die Torfkähne, zwiſchen denen wir allerdings wie eingeklemmt lagen. „Zieht ein Wetter herauf und dieſe drei „großen Chriſtoph’s“ reißen ſich los, ſo werden wir zerquetſcht wie ein Polarſchiff im Eismeer. Die Laterne thut nicht Alles, aber viel. Zum Mindeſten zeigt ſie uns die Stelle, wo wir untergehen.“ Um dieſen Troſt reicher, ſuchten wir unſer Lager. Müde von des Tages Laſt und Hitze, ſchliefen wir unbekümmert ein. Von Dolgenbrod bis Teupitz. (Zweiter Reiſetag.) Mit dem Früheſten war ich auf, zwiſchen 3 und 4; die Sonne kündigte ſich erſt durch einzelne Strahlen an, die von Zeit zu Zeit am Horizonte aufſchoſſen. Aber ſo früh ich war, ſo war ich doch nicht der Frühſte. Lieutenant Apitz war mir zuvorgekommen und hatte, da er die Angel-Paſſion mit der Segel-Paſſion glücklich zu vereinigen wußte, ſeine Schnur ſeit länger als einer halben Stunde ausgeworfen. Mit ihm Mudy. Ein guter Frühfang hatte ihre Anſtrengungen belohnt. In einer neben ihnen ſtehenden Wanne zappelte es bereits von Schlei und Hecht, von Gieſen und Karauſchen, die für unſer Mittagsmahl einen vorzüglichen zweiten Gang in Ausſicht ſtellten. Es war ein erquicklicher Morgen; in dem fallenden Thau gab ſich die Natur wie gebadet. Ein Flachboot ſtrich hart an uns vorüber, in dem ein junger Dolgenbroder, mit angehängtem Fiſch- kaſten, ſtromabwärts fuhr. Er ſah ziemlich ſpöttiſch zu unſerer Angelruthe auf und grüßte. Lieutenant Apitz aber war nicht der Mann, ſich verwirren zu laſſen. „Eingeborner Wende, was gelten

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/92>, abgerufen am 24.11.2024.