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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
aus einer Fibel herausgeschnitten." Effi fand es
auch und war nur verwundert, daß Innstetten alles
so ernsthaft nahm, als ob es doch etwas sei. Dann
hatte sie noch einmal einen Blick in den Saal gethan
und sich dabei dahin geäußert, wie es doch eigentlich
schade sei, daß das alles leer stehe. "Wir haben
unten ja nur drei Zimmer, und wenn uns wer
besucht, so wissen wir nicht aus, noch ein. Meinst
Du nicht, daß man aus dem Saal zwei hübsche
Fremdenzimmer machen könnte. Das wäre so was
für die Mama; nach hinten heraus könnte sie schlafen
und hätte den Blick auf den Fluß und die beiden
Moolen, und vorn hätte sie die Stadt und die hol¬
ländische Windmühle. In Hohen-Cremmen haben
wir noch immer bloß eine Bockmühle. Nun sage,
was meinst Du dazu? Nächsten Mai wird doch
die Mama wohl kommen."

Innstetten war mit allem einverstanden gewesen
und hatte nur zum Schlusse gesagt: "Alles ganz
gut. Aber es ist doch am Ende besser, wir logieren die
Mama drüben ein, auf dem Landratsamt; die ganze
erste Etage steht da leer, gerade so wie hier, und sie
ist da noch mehr für sich."


Das war so das Resultat des ersten Umgangs
im Hause gewesen; dann hatte Effi drüben ihre Toilette

7 *

Effi Brieſt
aus einer Fibel herausgeſchnitten.“ Effi fand es
auch und war nur verwundert, daß Innſtetten alles
ſo ernſthaft nahm, als ob es doch etwas ſei. Dann
hatte ſie noch einmal einen Blick in den Saal gethan
und ſich dabei dahin geäußert, wie es doch eigentlich
ſchade ſei, daß das alles leer ſtehe. „Wir haben
unten ja nur drei Zimmer, und wenn uns wer
beſucht, ſo wiſſen wir nicht aus, noch ein. Meinſt
Du nicht, daß man aus dem Saal zwei hübſche
Fremdenzimmer machen könnte. Das wäre ſo was
für die Mama; nach hinten heraus könnte ſie ſchlafen
und hätte den Blick auf den Fluß und die beiden
Moolen, und vorn hätte ſie die Stadt und die hol¬
ländiſche Windmühle. In Hohen-Cremmen haben
wir noch immer bloß eine Bockmühle. Nun ſage,
was meinſt Du dazu? Nächſten Mai wird doch
die Mama wohl kommen.“

Innſtetten war mit allem einverſtanden geweſen
und hatte nur zum Schluſſe geſagt: „Alles ganz
gut. Aber es iſt doch am Ende beſſer, wir logieren die
Mama drüben ein, auf dem Landratsamt; die ganze
erſte Etage ſteht da leer, gerade ſo wie hier, und ſie
iſt da noch mehr für ſich.“


Das war ſo das Reſultat des erſten Umgangs
im Hauſe geweſen; dann hatte Effi drüben ihre Toilette

7 *
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[99/0108] Effi Brieſt aus einer Fibel herausgeſchnitten.“ Effi fand es auch und war nur verwundert, daß Innſtetten alles ſo ernſthaft nahm, als ob es doch etwas ſei. Dann hatte ſie noch einmal einen Blick in den Saal gethan und ſich dabei dahin geäußert, wie es doch eigentlich ſchade ſei, daß das alles leer ſtehe. „Wir haben unten ja nur drei Zimmer, und wenn uns wer beſucht, ſo wiſſen wir nicht aus, noch ein. Meinſt Du nicht, daß man aus dem Saal zwei hübſche Fremdenzimmer machen könnte. Das wäre ſo was für die Mama; nach hinten heraus könnte ſie ſchlafen und hätte den Blick auf den Fluß und die beiden Moolen, und vorn hätte ſie die Stadt und die hol¬ ländiſche Windmühle. In Hohen-Cremmen haben wir noch immer bloß eine Bockmühle. Nun ſage, was meinſt Du dazu? Nächſten Mai wird doch die Mama wohl kommen.“ Innſtetten war mit allem einverſtanden geweſen und hatte nur zum Schluſſe geſagt: „Alles ganz gut. Aber es iſt doch am Ende beſſer, wir logieren die Mama drüben ein, auf dem Landratsamt; die ganze erſte Etage ſteht da leer, gerade ſo wie hier, und ſie iſt da noch mehr für ſich.“ Das war ſo das Reſultat des erſten Umgangs im Hauſe geweſen; dann hatte Effi drüben ihre Toilette 7 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/108>, abgerufen am 15.05.2024.